Pflegeversicherung: Studie zeigt Defizite in ambulanter und stationärer Betreuung
Eine aktuelle Studie zeigt, dass es in der ambulanten und stationären Pflege noch immer massive Probleme gibt. Oft wird nicht ausreichend Vorsorge getroffen, dass Patienten sich wund liegen - und auch an anderen Stellen zeigen sich Defizite.
In der stationären und ambulanten Pflege gibt es noch immer zahlreiche Missstände. Dies zeigt der 5. Qualitätsbericht des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS), der sowohl Daten der gesetzlichen als auch privaten Krankenversicherer einbezieht. Gegenüber dem letzten Bericht vor drei Jahren hat sich in wichtigen Bereichen die Versorgung sogar verschlechtert. 13.300 Pflegeheime und 12.800 ambulante Pflegedienste wurden im Jahr 2016 für die Studie bewertet.
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Beispiel Wundversorgung: Bei jedem vierten Bewohner eines Pflegeheimes (24,4 Prozent) wurden Hygienemängel oder Probleme mit der Druckentlastung festgestellt, wenn Wunden versorgt werden mussten. Konkret bedeutet dies, dass zum Beispiel keine sterile Wundabdeckung erfolgte, wenn sich ein Patient verletzt hatte. Oder dass nicht genügend geeignete Maßnahmen ergriffen wurden, um ein Wundliegen der Heimbewohner zu verhindern. Hier hat sich die Versorgung gegenüber der letzten Studie verschlechtert: Probleme bei der Behandlung von Wunden wurden vor drei Jahren bei jedem fünften Patient beobachtet.
Dekubitus: Wenn Patienten sich wundliegen
Grundsätzlich zeigt der Bericht eine große Gefahr, dass Patienten im Pflegeheim sich wund liegen, wenn sie bettlägerig sind. In der Fachsprache nennt man dies „Dekubitus“: Gewebeschaden und Geschwüre, die entstehen, wenn anhaltender Druck auf eine Hautstelle oder ein Organ wirkt.
Zwar wurde bei einer Stichprobe von 104.344 Personen „nur“ bei 3,9 Prozent der Heim-Bewohner eine entsprechende Wunde bemerkt, was 4.106 Personen entsprach. Doch beinahe jeder zweite untersuchte Heimbewohner (47,3 Prozent) war von einem Dekubitus bedroht. Bei jedem fünften bettlägerigen Heimbewohner wurden keine ausreichenden Vorsorgemaßnahmen unternommen, um ein Wundliegen zu verhindern.
Deutliche Defizite zeigt die Auswertung auch bei der Gewichtskontrolle. Bei jedem vierten Bewohner wurde das Gewicht nicht kontrolliert, obwohl nach Einschätzung der Medizinischen Dienste die Gefahr des Gewichtsverlusts bestand. Und bei jedem sechsten Bewohner, der unter Schmerzen litt, wurden diese nicht systematisch eingeschätzt.
Auffälligkeiten stellt der Qualitätsbericht bei den ambulanten Pflegediensten fest. Mehr als ein Drittel der Pflegedienste habe Leistungen nicht korrekt abgerechnet, heißt es. Bei bis zu 900 Pflegediensten sei es zudem häufig zu Auffälligkeiten gekommen. So seien zum Beispiel Leistungen abgerechnet worden, die gar nicht erbracht wurden: etwa bei der Körperpflege.
Bestnoten selbst für dürftige Pflegeheime
Zudem bescheinigt der Bericht, dass sich das aktuelle Bewertungssystem nach Pflegenoten als untauglich erweist. Die darauf basierenden Transparenzberichte in ihrer bisherigen Ausgestaltung hätten nicht die an sie gestellte Erwartung erfüllt, eine klare Entscheidungshilfe für die Auswahl einer Pflegeeinrichtung zu sein, berichtet der MDS.
Die veröffentlichten Ergebnisse würden häufig ein besseres Bild von der Qualität einer Pflegeeinrichtung zeigen, als es die Prüfer des MDK bei den Prüfungen vorfinden. So liege die Gesamtnote der meisten Pflegeeinrichtungen zwischen „gut“ und „sehr gut“: selbst, wenn ein Pflegeheim deutliche Defizite in der Betreuung seiner Patienten zeige.
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Auch Verbesserungen
Dennoch zeigt der Pflegebericht auch, dass es in manchen Punkten Fortschritte gegenüber zum letzten Pflege-Qualitätsbericht gibt. So habe sich der sachgerechte Umgang der Pflegekräfte mit ärztlich verordneten Medikamenten verbessert. Positiv auch die Einschätzungen zur grundsätzlichen Hygiene: Bei fast 95 Prozent der Pflegebedürftigen wurde die Körperpflege angemessen vorgenommen. Und während 2013 noch 12,3 Prozent der Patienten freiheitsentziehende Maßnahmen erdulden mussten, zum Beispiel an das Bett fixiert wurden, waren es 2016 nur 8,9 Prozent.