Lebensversicherung - Neue Garantien überholen klassische Verträge
Modifizierte Garantien haben klassische Verträge vom Thron verdrängt. Die neuen Produkte machen jetzt 50 Prozent (2016: 46 Prozent) des Neugeschäftes deutscher Lebensversicherer aus. Reine klassische Produkte liegen bei 40 Prozent (2016: 49 Prozent).
Ein Gastbeitrag von Henning Kühl
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Die aktuellen GDV-Zahlen belegen vor allen Dingen eines: Garantieprodukte bleiben bei den Versicherten weiter erste Wahl. Denn immer noch machen diese 90 Prozent des Neugeschäftes aus.
Sicherheit geht aber auch für den Zweitmarkt vor: Inwiefern die neuen Verträge der Neuen Klassik und sonstige garantiereduzierte Lebensversicherungen für den Ankauf von Interesse sein können, wird sich jedoch zeigen. Die Policen, die uns bei Policen Direkt angeboten werden, sind in der Regel zwischen 10 und 15 Jahre alt. Die weitere Zinsentwicklung an den Kapitalmärkten ist entscheidend. Ein weiterer Punkt ist die Ausgestaltung des jeweiligen Produktes. Die neue Produktlandschaft zeigt sich hier heterogen, ein eindeutiger Trend im Neugeschäft ist noch nicht feststellbar.
Für Policenankäufer ist der Wert der aktuell vertraglich zugesicherten Garantien entscheidend. Dass der Zweitmarkt verstärkt Lebensversicherungen aufkauft ist der schlagende Beweis für die Nachhaltigkeit des Produktes.
Garantien bleiben wichtig
Die Sicherheit der Garantien zählt auch für den Bestandskunden. Deren Preis für die Versicherer ist groß. Die Belastung nimmt weiter stark zu, wie unser Marktüberblick zur Ertragslage in der Lebensversicherung zeigt. Fitch bestätigt aktuell, dass die Erträge aus den Kapitalanlagen nicht bei allen Unternehmen reichen. Unter Zuhilfenahme der Risikogewinne allerdings sieht die Ratingagentur die garantierten Leistungen bei unveränderter Zinsumfeld bis 2036 sicher – bei den von ihr untersuchten Versicherungsgesellschaften. Kleineren Versicherern indes könnte die Manpower fehlen, notwendige Umstrukturierungen und Produktentwicklungen anzustoßen, um hier künftigen Anforderungen gewachsen zu sein. Abseits des großen Medieninteresses könnte das Thema externer Run-off so für Versicherte wie für Versicherer sinnvoll sein.
Der Kunde hat gesprochen: Garantien bleiben auch im Neugeschäft weiter erste Wahl. Dieser Punkt sollte von größtem Interesse sein für Politik, Verbraucherschützer und Versicherungsunternehmen. Künftige Produktgestaltung muss also den Sicherheitsbedarf des Kunden berücksichtigen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen angesichts erhöhter Kapitalanforderungen und Regulierungsvorschriften.
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Ein Indiz dafür, dass die Versicherer mit den neuen Produkten den Nerv der Kunden treffen könnten, ist das mit 90,7 Milliarden Euro in 2017 weitgehend konstante Neugeschäft (2016: 90,8 Milliarden). Die neuen Produkte sind aber komplexer und auf den ersten Blick nicht immer vergleichbar, die Garantien nicht immer klar. Bei Kunden mit höchsten Sicherheitsbedürfnis besteht immer noch die Gefahr, dass sie sich komplett aus der privaten Altersvorsorge zurückziehen.