Wer eine Kfz-Haftpflichtpolice oder Vollkaskoversicherung abschließt, sollte dabei auch im Auge behalten, wie sich ein Versicherer im Fall einer Rückstufung verhält. Sonst kann ein einfacher Blechschaden dazu führen, dass der Fahrzeughalter tausende Euro mehr zahlen muss. Darauf macht aktuell die Zeitschrift „Finanztest“ aufmerksam.

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Unterschiede von mehreren tausend Euro

“Finanztest“ hat anhand eines Modellkunden untersucht, wie sich 163 Tarife von 64 Versicherern im Falle einer Rückstufung verhalten. Dafür nahmen sie an, dass ein 40jähriger Fahrer aus Bad Segeberg / Schleswig Holstein einen Honda Accord fährt. Er ist in der Schadenfreiheitsklasse (SF) 15 eingestuft und kommt auf 15.000 Kilometer pro Jahr.

Konkret ging es dabei um die Regeln zum Schadensfreiheitsrabatt. Die Versicherer belohnen Kunden, die lange unfallfrei fahren. Je länger sie ohne Schaden bleiben, desto günstiger werden in der Regel Prämie und Vertrag. Nach jedem Jahr kommt der unfallfreie Fahrer in eine günstigere SF-Klasse. Landet er nach 15 Jahren in der Regel in SF 15, ist es nach 35 Jahren die SF 35. Das ist meist auch die günstigste Schadenfreiheitsklasse.

Jeder Stufe ist zugleich ein bestimmter Prozentsatz zugeordnet, der den Versicherten mit Beitragseinsparungen belohnt. Ein Satz von 50 Prozent wird oft nach zwei bis drei Jahren ohne Schaden erreicht und bedeutet, dass der Versicherte die Hälfte des Grundbeitrags zahlt. Fast alle Versicherer würden hierbei dieselben Werte ausweisen, berichtet „Finanztest“, die Abweichungen seien minimal. In der Schadenfreiheitsklasse 15 berechne beispielsweise die HUK ein Prämienminus von 30 Prozent, die Gothaer von 31 Prozent.

Rückstufungstabelle: Achtung, Absturzgefahr!

Anders verhalten sich die Versicherer jedoch, wenn der Fahrer einen Unfall verursacht. Hier droht im wörtlichen Sinne Absturzgefahr: Der Fahrzeughalter kann gleich mehrere Stufen des Schadensfreiheitsrabattes verlieren. Und die Versicherer zeigen große Unterschiede in ihrem Umgang mit der Rückstufung.

Nach einem Unfall geht es nicht eine Stufe zurück, sondern in der Regel mehrere, berichtet „Finanztest“. Und nennt Beispiele. Die Sparkassen Direkt stuft aus SF 15 in SF 6 zurück. Die Europa und die VHV hingegen „nur“ in Stufe 7. Konkret bedeutet dies, dass der Sparkassen-Kunde neun Jahre braucht, um wieder die „alte“ Schadenfreiheitsklasse 15 zu erreichen, bei den anderen Anbietern hingegen nur acht Jahre.

Das Sechs- bis Siebenfache des Jahresbeitrags

"Der Unterschied wirkt gering, macht sich aber in Euro und Cent deutlich bemerk­bar", berichtet Finanztest auf seiner Webseite. Denn der Mehr­beitrag müsse so lange aufgerechnet werden, bis der Kunde endlich in der güns­tigsten SF-Klasse 35 ange­kommen ist. "Im Ergebnis liegen die Mehr­kosten bei den meisten Tarifen in unserer Unter­suchung beim Vier- bis Fünf­fachen des bisherigen Jahres­beitrags", berichten die Tester.

Ein Beispiel: im Basistarif der EuropaGo können sich die Mehrkosten des Modellkunden auf 1.302 Euro summieren, wenn er einen Unfall verursacht. Beim Basistarif des Münchener Vereins gar auf 3.128 Euro!

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Dabei würden speziell die vermeintlich kostengünstigen Basistarife ungünstigere Rückstufungstabellen enthalten. Und es gebe einige deutliche Ausreiser nach oben, bei denen die Mehrkosten bei Rückstufung über die Jahre gerechnet schnell das Sechs- bis Siebenfache des Jahresbeitrages erreichen können. Am teuersten seien dabei die Basistarife des Marktführers HUK-Coburg und HUK24 sowie der Bruderhilfe.

Mehrere Unfälle: Schnell wird es deutlich teurer!

Noch teurer werde es, wenn der Fahrzeughalter mehrere Schäden pro Jahr erleidet. Dann werde er oft in Schadenfreiheitsklasse 1/2 eingestuft: nur zwei Stufen besser als ein Fahranfänger, berichtet "Finanztest". Und empfiehlt folglich, auf die Rückstufung beim Abschluss eines Vertrages zu achten.

Das gilt auch mit Blick auf die verschiedenen Tarifvarianten bzw. die Basis-, Komfort- und Premiumtarife. Zwar sind die Basisverträge in der Regel etwas günstiger und bieten dafür weniger Leistungen. Aber von 31 Versicherern, die mehrere Tarifvarianten boten, stuften 27 Versicherer in den Basistarifen den Fahrer strenger zurück. Deshalb können sich Basistarife schnell verteuern, wenn man einen Unfall verursacht: zumal sie oft keinen Rabattschutz enthalten, mit denen man eine Rückstufung gegen Aufpreis verhindern kann.

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Aufgrund der hohen Kosten könne es gerade bei kleineren Schäden besser sein, einen Unfall selbst zu zahlen statt die Versicherung in Anspruch zu nehmen, rät "Finanztest". Zudem können Zusatzleistungen wie eben ein Rabattschutz sinnvoll sein. Gegen einen Aufpreis von 15 bis 25 Prozent des Jahresbeitrages kann sich der Kunde dann einen Unfall leisten, ohne zurückgestuft zu werden.

Vorsicht bei Vertragswechsel!

Auch wer seinen Versicherungsvertrag wechselt und sich einen neuen Anbieter suchen will, sollte schauen, wie sich der Versicherer mit Blick auf den Schadensfreiheitsrabatt verhält. Bei einem Wechsel kann der sogenannte Rabattretter verloren gehen, die in der Regel bei Altverträgen bis 2012 Vertragsbestandteil waren.

Der Rabattretter verhindert zwar keine Rückstufung in der Schadensfreiheitsklasse. Allerdings wird der Versicherungsnehmer nur so weit zurückgestuft, dass dies nicht zu einem höheren Beitrag führt. Der Rabattretter ist vom Rabattschutz zu unterscheiden: dieser verhindert, dass der Autofahrer nach einem einmaligen Unfall, den er selbst verursacht hat, zurückgestuft wird.

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Gerade wenn Versicherte einen Unfall gebaut haben und vom Rabattschutz Gebrauch machten, ist Vorsicht geboten. Bei einem Wechsel der Versicherung wird dem neuen Anbieter nämlich jene Schadensfreiheitsklasse gemeldet, die ohne Rabattschutz bestehen würde: der Wechsler wird also zurückgestuft. Grundsätzlich lohnt sich ein Blick, wie der Versicherer mit Rückstufungen umgeht.

mit Pressematerial Finanztest
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