Wie stark steigen die Prämien in der privaten Krankenvollversicherung und wie werden die einzelnen Tarife kalkuliert? Das wollte der Linken-Abgeordnete Harald Weinberg wissen und stellte eine kleine Anfrage an die Bundesregierung. Mit bescheidenem Erfolg: Konkrete Daten, wie die Versicherer ihre Tarife kalkulieren, bleiben weiter unter Verschluss: aus wettbewerbsrechtlichen Gründen. Schließlich sollen die anderen Privatversicherer nicht erfahren, wie ein Konkurrent rechnet und was er unter Umständen besser macht.

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Wenn Politiker die Kalkulationen der PKV-Versicherer einsehen wollen, müssen sie ähnlich strenge Kriterien erfüllen wie der NSA-Untersuchungsausschuss. Das heißt, sie müssen sich zu einer „Geheimdienststelle“ begeben, dürfen kein Schreibzeug dabei haben und sich keine Notizen machen, dürfen keine Dokumente kopieren und auch nicht die Öffentlichkeit informieren. Die entsprechenden Berichte sind mit „streng vertraulich“ eingestuft.

„Geheimakte PKV“? Die Tätigkeit der Aktuare unterliegt einer ähnlichen Geheimhaltung wie die Missionen von James Bond. Allerdings hat das Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaften Grenzen. So muss ein Krankenversicherer seine Berechnungsgrundlagen offenlegen, wenn ein Patient gegen Beitragsanpassungen klagt, so ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes Karlsruhe aus dem Jahr 1999 (1 BvR 2203/98).

Deutliche Unterschiede bei den Prämienanstiegen

Dennoch hat das Bundesfinanzministerium auf die Anfrage von Weinberg Zahlen vorgelegt, die einen Einblick in die Situation der PKV erlauben. Daten freilich, die in der Regel auch den Geschäftsberichten der Versicherer zu entnehmen sind. Gestern schon hat der Versicherungsbote über die Entwicklung der Versichertenzahlen bei den einzelnen Gesellschaften berichtet - heute ist die Prämienentwicklung Thema.

Dabei zeigt sich, dass die Prämienanstiege im Branchenschnitt recht moderat ausfielen. Im Schnitt musste ein privat Vollversicherter im Jahr 2010 einen monatlichen Beitrag von 223 Euro im Monat zahlen. Dieser Beitrag erhöhte sich bis 2016 auf 242 Euro: ein Plus von 2,1 Prozent. Hierbei werden auch Beihilfe-Tarife eingerechnet, die im Schnitt etwas günstiger sind, weil der Staat bei Beamten bis zu 70 Prozent der Krankenhaus- und Arztkosten übernimmt.

Durchschnittliche Beitragssteigerung pro Versicherten in der PKV-Vollversicherung. Quelle: Bundestagsdrucksache 19/746

Spitzen-Beitragsanpassungen von sieben bis 13,6 Prozent innerhalb eines Jahres

Beim Blick auf die einzelnen Anbieter und Jahre zeigen sich aber deutliche Ausrutscher nach oben. Die Freie Arztkasse, ein Versichertenverein auf Gegenseitigkeit für Mitglieder der Polizei und Feuerwehr in Hessen, erhöhte im Jahr 2011 seine Prämie um 13,6 Prozent. Das war Rekord einer Prämienanpassung innerhalb eines Jahres. Hierbei gilt es allerdings zu relativieren, dass der Anstieg auch deshalb so deftig ausfiel, weil der PKV-Versicherer günstige Prämien weit unter Marktschnitt hat. Zwischen 2010 und 2016 kletterten der durchschnittliche Monatsbeitrag von 118 auf 150 Euro: Allein die Berufsfeuerwehr Hannover ist mit 94 Euro günstiger. Der Versicherer hat nur einen einzigen Tarif im Angebot und steht allein beihilfeberechtigten Personen offen.

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Auch die Central Krankenversicherung langte kräftig zu: im Jahr 2012 setzte sie die Prämien um 12,9 Prozent rauf, nachdem die Versicherten im Vorjahr bereits einen Sprung von 8,3 Prozent verkraften mussten. Innerhalb von zwei Jahren verteuerte sich der Durchschnittsbeitrag von 258 auf 316 Euro. Die Provinzial erhöhte die Prämien ebenfalls 2012 um 9,9 Prozent: von 186 auf 205 Euro, womit der öffentliche Versicherer aber besser abschneidet als der Marktschnitt. Andere Anbieter wie der Münchener Verein und die Barmenia setzten die Beiträge innerhalb eines Jahres ebenfalls um sieben Prozent und mehr hoch.

PKV darf Prämien nicht beliebig anpassen

In der privaten Krankenversicherung gibt es eine gesetzliche Besonderheit, die hohe Prämiensprünge in bestimmten Jahren begünstigt. Die Versicherer dürfen ihre Prämien nur in größeren Abständen anheben: nämlich dann, wenn sogenannte auslösende Faktoren vorliegen. Das ist in der Regel der Fall, wenn die Versicherungsleistungen in einem Tarif nachweislich um mindestens zehn Prozent höher liegen als ursprünglich kalkuliert. Bei manchen Tarifen gilt auch eine Fünf-Prozent-Hürde. Deshalb kann es passieren, dass die Prämien über mehrere Jahre stabil bleiben, aber dann umso deftiger raufgesetzt werden müssen.

Hier sieht die Branche Reformbedarf. Debeka-Vorstand Roland Weber forderte im Sommer letzten Jahres, dass die Privatversicherer ihre Prämien gleichmäßiger raufsetzen dürfen. Starke Beitragsschübe nach mehreren Jahren ohne Erhöhungen vermittelten immer wieder den Eindruck, die Private Krankenversicherung (PKV) sei besonders teuer, sagte der Vorstand. Dabei würden die Prämien eher moderat steigen, wenn man sich die Preisentwicklung über mehrere Jahre anschaut (der Versicherungsbote berichtete).

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Durchschnittlicher Beitrag zwischen 94 Euro und 382 Euro

Laut Zahlen der Bundesregierung reichten die durchschnittlichen Monatsbeiträge in der Krankenvollversicherung von 94 Euro (Berufsfeuerwehr Hannover) bis 382 Euro (Münchener Verein). Die Aussagekraft der Prämien allein ist allerdings sehr gering. Weder wird daraus deutlich, ob der Versicherer auf eine Billigstrategie setzt: also mit Policen um Kunden wirbt, die wenig kosten, aber auch nur einen eingeschränkten Leistungskatalog bieten. Auch lässt sich mit den Zahlen nicht entnehmen, wie viele Versicherte einen Selbstbehalt vereinbart haben und damit die Beitragslast senken.

Durchschnittliche Monatsbeiträge (Euro) in der PKV-Vollversicherung nach Anbietern. Quelle: Bundesdrucksache 19/746

Auffallend: Den mit Abstand geringsten Monatsbeitrag hatten im Jahr 2016 zwei Anbieter, die ausschließlich Beihilfe-Berechtigte versichern und nur für eine sehr begrenzte Zahl an Personen zugänglich sind. Auf Rang 1 landet die Berufsfeuerwehr Hannover mit 94 Euro Monatsbeitrag: Sie versichert ausschließlich Mitglieder der Hannoverschen Feuerwehr sowie deren Angehörige. Auf Rang 2 platziert sich, wie bereits erwähnt, die Freie Arztkasse: Sie steht ausschließlich Beihilfeberechtigten aus Hessen offen. Erst auf Rang 3 folgt ein Versicherer, der alle potentiellen Privatpatienten versichert: die Debeka mit 160 Euro Monatsschnitt.

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Auch über die Zusammensetzung des Versicherten-Kollektivs erfährt man anhand der vorliegenden Zahlen nichts, etwa, ob viele ältere Versicherungsnehmer bei einem Anbieter sind: das würde sich auf die Beiträge auswirken. Verzerrt werden kann die Statistik zusätzlich durch den Notlagentarif in der PKV. Hier landen Privatversicherte mit Beitragsschulden, die über mehrere Monate ihre Prämie nicht gezahlt haben. Für einen ermäßigten Beitrag, laut Branchenkreisen 100 bis 120 Euro im Monat, erhalten die Betroffenen nur eine Notfallversorgung. Zum Jahresende 2016 waren laut PKV-Verband 111.300 Krankenversicherte im Notlagentarif versichert.

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