Versicherungsbote: Sie haben letztes Jahr in einer Studie zur BU herausgefunden, dass vier von fünf Vermittlern die Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) als gering oder nur in Teilen gegeben einschätzen. Teils gehen Sie mit den Versicherern hart ins Gericht. Haben Sie Feedback auf Ihre Kritik erhalten? Tut sich etwas in der Branche - mit Blick auf die Transparenz?

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Claus-Dieter Gorr: Ja selbstverständlich reagieren die Unternehmen, die wirklich kundenorientiert denken und auch so handeln (wollen). Allerdings trennt sich dort ganz klar die Spreu vom Weizen. Wer den originären Versicherungsgedanken ernst nimmt, muss handeln und tut das auch. Nicht immer in der Geschwindigkeit in der es erforderlich ist, aber der Markt bewegt sich.

Ihre Kritik an den BU-Vertragsbedingungen fand vor allem in Vermittler- und Branchenkreisen Beachtung, so mein Eindruck. Haben Sie auch Rückmeldungen von Verbraucherschutz-Organisationen erhalten - und welche (BdV, Verbraucherzentralen, Stiftung Warentest)?

Ja, neben den Verbraucherschutzbeauftragten der politischen Parteien haben sich inzwischen auch die Marktwächter dafür interessiert. Ich bin mir sicher, in der kommenden Legislaturperiode wird sich hier etwas bewegen. Die Intransparenz und Unverbindlichkeiten der BU-Produkte werden dann politische Aktivität auslösen.

Verbraucherschutz und Vergleichsportale untersuchen oft nur die Vertragsbedingungen eines BU-Versicherers, wenn sie dessen Qualität beurteilen. Ebenso wichtig ist aber auch die Regulierungspraxis: Ob der Versicherer BU-Renten oft ablehnt, seine Kunden in jahrelange Gerichtsstreite verwickelt, dann doch unterliegt. Worauf sollten Versicherungsmakler mit Blick auf den Leistungsfall achten, wenn sie BU-Verträge empfehlen?

Das Kernproblem besteht darin, dass das, worauf Makler achten sollen, derzeit nicht transparent bewertbar vorliegt. Intern haben wir im Rahmen unserer Auswertung des unternehmensindividuellen Leistungsverhaltens der BU-Versicherer leider kein Unternehmen identifizieren können, das durchgängig gute Leistungskennziffern hat. Wer an der einen Stelle vorne liegt, liegt an der anderen im Mittelfeld oder hinten. Versicherungsmakler sollten darauf achten, nur Unternehmen zu wählen, die neben komplexen Leistungsinhalten und so wenig wie möglich unbestimmten Begriffen und unverbindlichen Formulierungen in ihren Tarifen, auch Ihre Kennzahlen zum Leistungsverhalten offenlegen. Dann besteht zumindest eine gewisse Grundorientierung.

Nach der Arbeitskraftabsicherung hat Premium Circle auch die private Krankenversicherung ins Auge gefasst. Vermuten Sie hier auch Missstände und Intransparenz? Und wo besonders? Ist eine Studie/Vermittlerbefragung hierzu geplant?

Mit der Analyse der PKV-Vollkostentarife sind wir im Jahr 2002 gestartet. Damals hatten diese Tarife bei weitem nicht den Leistungsumfang wie heute. Als wir 2012 von einem Gesundheitspolitiker der CDU den Auftrag bekamen, den Leistungsumfang der GKV (SGB V) mit dem der PKV zu spiegeln, wurde schnell deutlich, dass etliche Tarife zwar Mehrleistungen gegenüber der GKV hatten, kein einziger aber hatte die Leistungen des SGB V. Damals gab es daraufhin politischen Handlungsdruck und heute gibt es eine Reihe von Tarifen, die den Namen Krankenversicherung auch verdienen.

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Die einzige Intransparenz, die meines Erachtens heute noch besteht, ist in der Leistungserstattung der Umgang mit der medizinischen Notwendigkeit. Hier gibt es PKV-Unternehmen, deren Sachbearbeiter auffällig oft die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung anders bewerten als die behandelnden Ärzte. Insofern gibt es auch hier Handlungsbedarf.

"Der Gesetzgeber wird eine Frist setzen müssen!"

Versicherungsbote: Was kann der Gesetzgeber tun, um PKV und BU kundenfreundlicher zu machen? Erhoffen Sie sich regulatorische Einschnitte, die in der Branche ja eher kritisch gesehen werden?

Claus-Dieter Gorr: Der Gesetzgeber wird den Versicherern zur Erledigung ihrer Hausaufgaben eine Frist setzen müssen. Inhaltlich bedeutet das beispielsweise für die BU-Versicherer: Implementierung klarer Leistungsbeschreibungen und Definition transparenter Mitwirkungs- und Nachweispflichten für Versicherte im Leistungsfall. Heute müssen sich Versicherte im Leistungsfall die kostenintensiven Dienste von sogenannten Leistungsregulierern sichern, weil sie mit der Fragenflut und Nachweisvielfalt vielfach überfordert sind. Das ist doch auch völlig absurd: Versicherte müssen im Leistungsfall zunächst viel Geld an Dritte zahlen, um dann vielleicht von ihrem Versicherer BU-Leistung zu erhalten. Hier ist der Gesetzgeber ganz klar gefordert.

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Die Leistungsentscheidung der Versicherer selbst muss wiederum, basierend auf der zu überarbeitenden Leistungsbeschreibung, transparent und nachvollziehbar sein. Erfolgt das in der Breite nicht, wird der Gesetzgeber regulatorisch eingreifen müssen. Aktuell handelt hier jeder Versicherer, wie er will, Vermittler und Schutzbedürftige sind diesbezüglich völlig orientierungslos. In der PKV brauchen wir ebenso mehr Transparenz in den Leistungsprozessen. Allerdings in diese Baustelle deutlich kleiner.

Aktuell wird wieder eine Bürgerversicherung diskutiert, auch wenn sie vorerst abgewendet scheint. Ihre Prognose: Wäre Bürgerversicherung Totengrab für die PKV - oder könnten Privatversicherer im Wettbewerb mit GKV auch Stärken ausspielen, wenn alle zu denselben Bedingungen Krankenvollversicherungen anbieten müssten?

Das kommt auf das Gesamtkonzept und die damit dann möglicherweise verbleibenden Geschäftsfelder an.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat erneut ein Provisionsverbot gefordert: davon könnten auch die private Krankenversicherung und die Berufsunfähigkeitsversicherung betroffen sein. Wie beurteilen Sie den Vorstoß?

Bevor wir über ein Provisionsverbot für Vermittler sprechen, sollten wir die fachlichen Qualifikationslücken der Verbraucherschützer im Hinblick auf Versicherungsprodukte dringend aufarbeiten und anschließend die fortlaufende Weiterbildung dieser Gruppe sicherstellen.

PKV sind beratungsintensive Sparten. Vermittler müssen nicht nur die Lebenssituation des Interessenten analysieren, sondern auch seine Krankenakte durchleuchten. Wie kann hier eine Honoarberatung/ -vermittlung aussehen? Erfordert das neue Vergütungsmodelle, etwa Beratung gegen Abo?

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Klar. Qualifizierte Zeit wird vom Kunden bezahlt werden müssen.

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