Wenn Kunden einen Riester-Vertrag abgeschlossen haben, ist es für sie oft von Nachteil, die Police einfach zu kündigen. Dann nämlich müssen sämtliche erhaltenen staatlichen Zulagen zurückgezahlt werden, inklusive der eingerechneten Zinsen. Abhängig von der Vertragslaufzeit besteht auch die Gefahr, dass der Sparer weniger an Rückkaufswert erhält, als er an Beiträgen eingezahlt hat. Der Grund: gerade zu Vertragsbeginn berechnen die Versicherer die Verwaltungsgebühren und andere Vertragskosten.

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Stattdessen kann es sinnvoll sein, den Vertrag vorerst beitragsfrei zu stellen. Der Vorteil: alle bisherigen Zulagen und Steuervorteile bleiben erhalten. Eine Beitragsfreistellung funktioniert recht unkompliziert über einen Antrag beim Versicherungsanbieter: bis zur Fälligkeit muss der Sparer dann keine Beiträge mehr zahlen.

Bundesregierung hat nur Schätzwerte

Doch wie viele Riester-Sparer ihre Verträge beitragsfrei gestellt haben, dazu gibt es aktuell nur Schätzwerte. Das zeigt eine Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage von Bündnis 90/die Grünen.

„Der Anteil der ruhend gestellten Riester-Verträge wird aktuell auf gut ein Fünftel geschätzt. Die Schätzung stützt sich auf Zahlen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bereich Versicherungsaufsicht) zum Anteil der beitragsfreien Riester-Rentenversicherungen am Bestand dieser Versicherungen“, heißt es darin. In konkreten Zahlen würde dies bedeuten, dass rund 3,3 Millionen Verträge aktuell nicht mit Beiträgen bedient werden (Drucksache 19/1207).

Brisant ist das vor dem Hintergrund, dass sich die Bundesregierung auch verpflichtet hat, die staatlich geförderte Altersvorsorge zu evaluieren. Nicht ohne Grund: allein zwischen 2002 und 2016 hat der Staat 25 Milliarden Euro in die Riester-Förderung gesteckt, so eine Analyse des Bundesfinanzministeriums. Entsprechend gibt es auch keine verlässliche Statistik, weshalb so viele Sparer ihre Verträge ruhen lassen: ob sich etwa ihre Lebenssituation geändert hat, ob sie mit den bürokratischen Hürden der Zulagen überfordert sind oder mit ihrem Vertrag unzufrieden.

“Zehn Prozent Verwaltungskosten angemessen“

Auch an anderer Stelle fehlen Zahlen. So kann die Bundesregierung keine konkrete Aussage dazu treffen, wie hoch im Schnitt die Vertriebs- und Verwaltungskosten der Riester-Verträge sind - und verweist die Kostenfrage indirekt an die Sparer zurück.

Die Grünen sprechen in ihrer kleinen Anfrage eine Studie des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) an. Der Verband hatte in einer Stichprobe festgestellt, dass die Effektivkosten in den Modellrechnungen einzelner Versicherer teils deutlich über dem Wert liegen, den die Bundesregierung in ihrem Alterssicherungsbericht von 2016 annimmt. Mit anderen Worten: es besteht der Verdacht, dass die Verträge deutlich teurer sind als von der Politik vermutet (der Versicherungsbote berichtete).

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Die Effektivkosten sind stark vereinfacht eine Prognose, wie Verwaltungs-, Fonds- und Vertriebskosten die erzielte Rendite über die Vertragslaufzeit hinweg maximal schmälern. In der Stichprobe der Verbraucherzentralen klafften die Kosten der Versicherer und die Prognose der Bundesregierung stark auseinander. Bei zwölfjähriger Laufzeit des Vertrages lagen die durchschnittlichen Effektivkosten der Versicherer um 52 Prozent über der staatlichen Modellrechnung, bei 40 Jahren Laufzeit gar um 155 Prozent höher.

"Keine Soll- und Obergrenze"

Konkret fragen die Grünen nun in ihrer kleinen Anfrage, ob Maßnahmen „denkbar oder erforderlich“ seien, um die Effektivkosten im Sinne der Sparer zu senken. Die Bundesregierung verneint dies indirekt.

Zwar unterstütze sie das Ziel, „das Preis-Leistungs-Verhältnis von Riester-Produkten zu verbessern“, heißt es in der Antwort. Ein wesentlicher Aspekt sei dabei die Kostentransparenz der Produkte. „Anbieter von Riester-Verträgen sind seit 2017 verpflichtet, auf einem Produktinformationsblatt neben anderen Informationen die Kosten und die Kostenstruktur ihrer Produkte offenzulegen. Dadurch wird der Kostenwettbewerb unter den Anbietern verstärkt und so die Entwicklung hin zu kostengünstigeren Produkten befördert“, argumentiert die Bundesregierung.

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Kritiker wie Axel Kleinlein, Vorstandssprecher beim Bund der Versicherten (BdV), hatten jedoch bei Einführung der PIB moniert, dass die Blätter für Laien kaum zu verstehen seien, die dort angestellten Modelle gar mathematisches Fachwissen erfordern - und es erlauben würden, die tatsächlichen Kosten hinter einer abstrakten Kennziffer zu verstecken.

"Keine allgemeinen Sollwerte und Kostenobergrenzen"

Und was sagt die Bundesregierung zu dem Fakt, dass ihre Modellrechnung im Alterssicherungsbericht 2016 niedrigere Kosten auswies als die Modellrechnungen der Versicherer? Man habe im Bericht mit Verwaltungskosten von generell zehn Prozent der eingezahlten Beiträge gerechnet, heißt es nun als Antwort, im konkreten Fall sei dies "angemessen und sachgerecht" gewesen. Die Annahmen zu den Kosten eines Riester-Vertrags würden ohnehin keine allgemeinen „Soll-Werte“ oder „Kostenobergrenzen“ darstellen. Mit anderen Worten: Der Gesetzgeber schreibt den Versicherern nicht vor, wie viel ein Tarif maximal kosten darf.

Zudem verwies die Bundesregierung darauf, dass ein Vergleich der Effektivkosten nur "unter Berücksichtigung der verschiedenen Anbieter- und Produkttypen erfolgen" könne. Wie viel ein Riester-Vertrag kostet, hängt auch davon ab, welche Chancen und welches Risiko ein Tarif bietet.

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Dennoch will die Regierung die Verständlichkeit der Produktblätter stärker evaluieren, wie sie berichtet. In ihrem Auftrag würden Verbrauchertests durchgeführt, um mögliche Verständnisbarrieren zu identifizieren. Zudem sei eine grundlegende Evaluierung der PIBs geplant - allerdings erst fünf Jahre nach ihrer Einführung. Erste Ergebnisse dürften dann frühestens im Jahr 2022 vorliegen. Zusätzlich will die neue große Koalition gemeinsam mit den Versicherern über ein verständliches und kostengünstiges Riester-Basisprodukt beraten.

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