Rund 7 Millionen Arbeitnehmer nutzen vermögenswirksame Leistungen nicht, obwohl sie eigentlich ein Anspruch darauf hätten. Damit „verschenken“ sie Ansprüche in Höhe von rund 1,6 Milliarden Euro. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie von Jens Kleine, Forscher am privaten Research Center for Financial Services (CFin) München, für den Regionalatlas „Vermögenswirksame Leistungen“. Die Studie hat die Depotbank ebase in Auftrag gegeben.

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Der Regionalatlas zeigt ein großes regionales Gefälle. In Westdeutschland verfallen jährlich 1,4 Milliarden Euro an Ansprüchen, in Ostdeutschland nur rund 240 Millionen, berichtet Kleine. Hierbei gilt es allerdings zu bedenken, dass die Tarifbindung im Osten weit geringer ist und folglich weniger Beschäftigte Anspruch auf Vermögenswirksame Leistungen haben. Laut Böckler-Stiftung profitiert in Ostdeutschland mehr als jeder zweite Beschäftigte (53 Prozent) nicht von Tarifverträgen.

Extrageld vom Arbeitgeber

Bei vermögenswirksamen Leistungen handelt es sich um freiwillige Zahlungen der Arbeitgeber, ein grundsätzlicher Rechtsanspruch darauf besteht nicht. Ob und in welchem Umfang der Beschäftigte sie nutzen kann, steht im jeweiligen Tarifvertrag beziehungsweise der Betriebsvereinbarung.

Die monatlichen Arbeitgeber-Zuschüsse schwanken zwischen 6,65 Euro im öffentlichen Dienst und 40 Euro für Bankangestellte. Teilzeitkräfte erhalten den Zuspruch anteilig. Grundlage ist das Vermögensbildungsgesetz (VermBG). Nach Ablauf einer meist siebenjährigen Sperrfrist bekommt der Arbeitnehmer den Wert seiner VL-Anlage ausbezahlt.

Gedacht ist das Extrageld vom Chef, um es in die private Altersvorsorge und den Vermögensaufbau zu stecken. Die Optionen hierbei sind vielfältig. Beliebte Vorsorgeformen sind Bank- oder Fondssparpläne, Bausparverträge, Riester-Renten oder die Tilgung eines Immobilienkredits. Allein bei der Elektro- und Metallbranche gibt es einen enggesteckten Rahmen: Hier muss das Geld in eine betriebliche Altersvorsorge oder Riester-Rente eingezahlt werden. Die Umwandlung der VL in eine Betriebsrente ist jederzeit möglich.

Ein Nachteil: Auf die erhaltenen Beiträge müssen auch Steuern und Sozialabgaben gezahlt werden, die den Nutzen deutlich schmälern. Auch können - abhängig von der Vorsorgeform - zusätzliche Kosten entstehen, etwa Gebühren, wenn ein VL-Fondssparplan über die Bankfiliale vermittelt und betreut wird. Hier sollten sich Interessierte über die Kosten informieren. Wer die VL in eine Betriebsrente steckt, kann die Entgeltumwandlung nutzen, hat dann aber keinen Anspruch auf die Arbeitnehmersparzulage.

Arbeitnehmersparzulage beantragen!

Interessant können die Vermögenswirksamen Leistungen auch deshalb sein, weil der Staat unter Umständen etwas zuschießt. Verdienen Singles weniger als 20.000 Euro zu versteuerndes Einkommen bzw. verheiratete Paare weniger als 40.000 Euro im Jahr, haben sie Anspruch auf die Arbeitnehmersparzulage von maximal 400 bzw. 800 Euro per annum. Denn Vater Staat will Geringverdienern bei der Vermögensbildung unter die Arme greifen. Wer seine VL in Sparpläne für Aktienfonds oder Beteiligungen steckt, kann zum Beispiel 20 Prozent des eingezahlten Beitrages bis zum Höchstforderbetrag.

Ein Bausparvertrag oder das Abbezahlen eines Immobilienkredits wird bis maximal neun Prozent gefördert. Allerdings sind die maximal geförderten Höchstsummen mit 470 Euro für Singles bzw. 940 für Paare etwas höher als beim Investment in Aktien. Auch darf das zu versteuernde Einkommen maximal bei 17.900 bzw. 35.800 Euro liegen, um Anrecht auf die Sparzulage zu haben.

Beide Leistungen, Bausparen und Geldanlage in Aktienfonds, können miteinander kombiniert werden, so berichtet das Bundesfamilienministerium in einer Broschüre. Dafür braucht man dann allerdings auch zwei Verträge, in die der Chef das Geld investiert. Ärgerlich: Aus der Förderung von Lebensversicherungen und Banksparplänen hat sich der Staat mit Blick auf vermögenswirksame Leistungen zurückgezogen.

Vermögenswirksame Leistungen lassen sich bei Jobwechsel mitnehmen

Was aber, wenn ein Beschäftigter den Job wechselt? Auch dann lässt sich der VL-Vertrag weiterführen, berichtet "Finanztest". Das gilt sogar, wenn der neue Arbeitgeber keine Zuschüsse gewährt. Zwar muss der Beschäftigte die Beiträge dann komplett selbst aus seinem Lohn finanzieren. Aber die neue Firma ist verpflichtet, diese aus dem Gehalt an den Anbieter der vermögenswirksamen Leistungen zu überweisen.

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Dass Beschäftigte den Vertrag bei einem Arbeitsplatzwechsel mitnehmen können, ist speziell für jene Geringverdiener wichtig, die Anspruch auf staatliche Zulagen haben. Wenn das Angebot attraktiv war, kann aber auch eine Fortführung des Vertrages aus eigener Tasche lohnen, obwohl der Anspruch auf staatliche Förderung erlischt.