Der Verkauf von Lebensversicherungen an Abwickler, sogenannte Run-off-Gesellschaften, ist keine Seltenheit mehr. Die verdienten Bruttobeiträge der Bestände, die seit 2013 an Bestandsabwickler übertragen wurden, bezifferten sich im Geschäftsjahr 2016 auf 1,6 Milliarden Euro. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP hervor. Zuerst hatte das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ vorab über die Zahlen berichtet (Drucksache 19/1514).

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1,9 Prozent der Gesamtbeiträge liegen bei Run-off-Plattformen

Die 1,9 Milliarden Euro mögen nach einer hohen Summe klingen, müssen aber im Kontext des gesamten Vertragsbestandes gesehen werden. Laut Bundesregierung ergibt das 1,9 Prozent der Gesamtbeiträge der Branche. Insgesamt seien sechs Lebensversicherer betroffen.

Allerdings könnten sich bald weit größere Bestände hinzugesellen. Unter anderem prüft derzeit die Generali Deutschland, ob sie klassische Lebensversicherungen der Tochterfirma Generali Leben an einen externen Investoren verkauft. Es handelt sich um ein echtes Branchenschwergewicht: Es geht um rund vier Millionen Verträge. „Man muss davon ausgehen, dass das erst der Anfang ist“, kommentiert FDP-Finanzexperte Frank Schäffler die vorliegenden Zahlen gegenüber dem „Spiegel“.

Bundesregierung sieht keinen Handlungsbedarf

Dennoch sieht die Bundesregierung aktuell keinen akuten Handlungsbedarf, im Gegenteil. Auf die Frage hin, wie sie die Verkäufe der Leben-Bestände bewerte, antwortet die Regierung gelassen und verweist auf die strenge Versicherungsaufsicht. Bei einer Abwicklung müssen die bestehenden Beträge weiter geführt werden. Auch muss die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) dem Verkauf zustimmen. Dabei wacht sie unter anderem darüber, ob der Käufer genügend Eigenkapital hat, um alle Ansprüche zu bedienen.

Die Bundesregierung schreibt: „Die Run-Off-Plattformen sind zugelassene Lebensversicherungsunternehmen. Sie unterliegen damit so wie jeder andere Lebensversicherer dem Versicherungsaufsichtsrecht und werden entsprechend beaufsichtigt. Die Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen müssen erfüllt werden, unabhängig davon, ob ein Investor mit seiner Rendite zufrieden ist oder nicht.“

53,5 Millionen klassische Garantiezins-Verträge

Betroffen sind vor allem klassische Altverträge mit teils hohen Garantiezusagen. Den Unternehmen fällt es wegen der Niedrigzinsen zunehmend schwer, an den Kapitalmärkten die hohen Garantieversprechen der Vergangenheit von bis zu vier Prozent zu erwirtschaften. Zudem müssen die Altverträge mit viel Eigenkapital unterfüttert werden. Die sogenannte Zinszusatzreserve, ein zusätzlicher Kapitalpuffer, zu dem die Lebensversicherer gesetzlich verpflichtet sind, stieg zum Jahresende 2017 laut Bundesregierung auf 59,5 Milliarden Euro an.

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Aktuell haben bereits neun Lebensversicherer ihre Policen in den Run-off überführt, berichtet die Regierung weiter. Und noch immer haben die Gesellschaften mehrheitlich Klassiker im Portfolio. "Ende 2016 gab es 82 Lebensversicherungsunternehmen, in deren Bestand sich 53,5 Mio. klassische Kapitallebensversicherungen mit einem laufenden Beitrag in Höhe von 37,6 Mrd. Euro befanden", so berichtet die Bundesregierung.