Versicherungsbetrug - Nachlässige Kontrollen begünstigten erfundene Schadensmeldungen
Eine Versicherungskauffrau wurde vor dem Amtsgericht Ahrensburg zu einer 30monatigen Gefängnisstrafe verurteilt, nachdem sie über Jahre hinweg insgesamt 157 Schadensmeldungen fingierte. Der Betrug flog nur durch Zufall auf - und zeigt gefährliche Kontrolllücken bei der Versicherung, der Bank und der betreffenden Agentur. Den Geschädigten fiel nicht einmal auf, dass die Zahlungen immer wieder auf dasselbe Konto flossen und die Belege aus einem weißen Blatt Papier bestanden.
Die frühere Mitarbeiterin einer Versicherungsagentur in Bargteheide wurde wegen Versicherungsbetrug zu einer zweieinhalbjährigen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt. Das Amtsgericht Ahrensburg sah es demnach als erwiesen an, dass die Frau mehr als 150 Schadenmeldungen fingiert hat und so den Versicherer um beinahe 250.000 Euro betrog. Über das Urteil berichten übereinstimmend das „Hamburger Abendblatt“ sowie shz.de.
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Kaum Kontrollen - und jahrelanger Betrug
Auffallend ist bei dem Fall, dass der Betrug durch allzu lasche Kontrollen bei allen Geschädigten ermöglicht wurde. Demnach hat die 56jährige Verurteilte drei Jahre lang Schäden erfinden können, ohne dass es irgendjemandem auffiel. Vom April 2013 bis zum November 2016 habe die Beschuldigte immer wieder betrogen, so schreibt shz.de.
Demnach sei die Kauffrau berechtigt gewesen, Schäden bis zu einer Summe von 2.500 Euro eigenhändig zu bearbeiten und zu bewilligen. Die Frau habe sich unter falschem Namen ein Bankkonto angelegt und dorthin jahrelang die Beiträge überwiesen, die der Versicherer für die fingierten Schäden erstattete. Das Geld habe die Spielsüchtige sofort wieder bei Online-Casinos verzockt, so heißt es in den Zeitungsberichten.
Doch weder sei der Bank aufgefallen, dass bei hunderten Überweisungen auf ein einziges Konto die Namen der Begünstigten und des Kontoinhabers nicht übereingestimmt haben. Und auch der Versicherer schöpfte keinen Verdacht - obwohl es allen Anlass dazu geben konnte. Als Belege für die Schäden finden sich in den Schadensmeldungen "immer wieder weiße Blätter ohne einen Vermerk“, zitiert shz.de den vorsitzenden Richter Ulf Thiele. Um welche Versicherung und welche Bank es sich handelte, wird nicht berichtet.
Auch die Agentur hätte skeptisch werden können. Denn bei der betrügerischen Mitarbeiterin habe es sich um eine Wiederholungstäterin gehandelt, die bei ihrer alten Wirkungsstätte in Hamburg schon wegen fingierter Schäden rausgeflogen sei. Dennoch habe sie den Job bekommen.
Sogar die Werkstätten, die angeblich mit der Behebung von Schäden beauftragt wurden, gab es nicht: sie waren erfunden. Das ließ den Fall auch auffliegen. Eine Kundin habe sich nach einem Freiheitsrabatt erkundigt, doch die Angeklagte hatte in ihrem Namen einen Wasserschaden gemeldet. Die Agentur googelte nach der Werkstatt, die mit der Behebung des Schadens beauftragt wurde: es gab sie nicht. Als der Agentur-Chef seine Mitarbeiterin zur Rede stellte, gestand sie nach zehn Minuten unter Tränen, so wird berichtet.
Spielsucht - und keine Reue
Das Gericht musste laut den Zeitungsberichten auch klären, ob die Frau überhaupt schuldfähig ist. Demnach berichtete sie selbst, dass sie das Geld sofort wieder in Online-Spielcasinos ausgegeben habe und teils bis in die Morgenstunden zockte. Doch eine pathologische Spielsucht konnte das Gericht nicht erkennen. Und auch wenn die Frau mittlerweile lungenkrank sei und eine Erwerbsunfähigkeits-Rente beziehe: sie muss ins Gefängnis.
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Dabei wertete es das Schöffengericht als nachteilig, dass die Frau keine Reue zeigte und bis heute kein Schuldgeständnis unterschrieb. Der Richter betonte laut shz.de, sie habe weder psychologische Hilfe gesucht noch sich um Ausgleich ihrer Taten bemüht. Nun muss sie wegen gewerbsmäßiger Untreue eine 30monatige Haftstrafe antreten. Die geschädigte Agentur bekommt zumindest einen Teil des Schadens ersetzt: 160.000 Euro übernehme die Vermögensschadenversicherung, so heißt es in den Berichten.