Ein Facharzt für Innere Medizin wurde vom Landgericht Darmstadt wegen gewerbemäßigen Betrugs zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Dabei kam dem 60jährigen zugute, dass er ein umfassendes Geständnis ablegte und Reue zeigte. Ansonsten hätte er ins Gefängnis gemusst. Über den Fall berichtete am Donnerstag echo-online.de.

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Arzt stellte Patienten Kassenleistung in Rechnung

Laut dem Bericht wird dem Arzt vorgeworfen, in 3.172 Fällen betrogen zu haben. Demnach habe der Mediziner in den Jahren 2009 bis 2012 Patienten angeschrieben, bei denen eine Magen- oder Darmspiegelung durchgeführt werden musste. Dabei behauptete der Arzt, dass die Betroffenen entweder Schmerzen erleiden müssen - oder 40 Euro für eine „Schlafspritze“ zahlen können, die aber keine Kassenleistung sei. Die Spritze müsse als individuelle Gesundheitsleistung (iGEL) selbst gezahlt werden.

Das freilich stimmte nicht: sehr wohl wird eine schmerzlindernde Anästhesie von der Krankenkasse gezahlt. Konkret handelte es sich um das Anästhesiemittel Propofol, so berichtet „Echo Online“. Natürlich habe der Mediziner die Spritze auch bei der Krankenkasse geltend gemacht und damit quasi doppelt abkassiert. So seien die Patienten in Summe um circa 126.900 Euro betrogen worden.

Der Betrug sei 2012 nur durch den Hinweis eines Kollegen aufgeflogen, der von einem Patienten von dem fragwürdigen Gebaren erfahren habe, berichtet das Regionalmagazin. Eine Razzia in der Praxis des Mediziners war die Folge. Dabei führten die Betrugsvorwürfe keineswegs dazu, dass der Arzt seine Praxis dichtmachen musste. Er praktiziere bis heute.

Abrechnungspraxis nicht durchschaut?

Der Arzt, welcher in Darmstadt eine große Gastroenterologenpraxis leitet, versuchte sich laut Zeitungsbericht damit zu verteidigen, dass er Propofol ab 2004 in Darmstadt als Medikament wesentlich mit eingeführt habe und mit den kassenrechtlichen Vorschriften nicht klargekommen sei. 2005 habe es eine Änderung in der Abrechnungspraxis gegeben, so dass seitdem die Kassen für das zuvor kostenpflichtige Medikament zahlen. Das habe er nicht richtig verstanden, argumentierte der Mediziner. Propofol sei weit verträglicher als andere Anästhesiemittel, weshalb er es seinen Patienten bevorzugt empfehle.

Doch diese Rechtfertigung ist fragwürdig: schon deshalb, weil der Arzt das Medikament auch bei der Kasse abrechnete. Auch habe der Mediziner die Änderungen bei der Abrechnung mit Kollegen diskutiert und sei mehrfach drauf hingewiesen worden. Ein Großteil des zu Unrecht kassierten Geldes habe der Mediziner bereits an seine Patienten zurückgezahlt, so betonten seine Verteidiger.

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Nun erhielt der Mediziner vor dem Landgericht Darmstadt eine Bewährungsstrafe wegen gewerbsmäßigen Betrugs und muss zusätzlich 30.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen zahlen. Zusätzlich droht ihm der Entzug der ärztlichen Zulassung. Darüber habe aber nicht das Gericht zu entscheiden, sondern die das Hessische Landesprüfungs- und Untersuchungsamt im Gesundheitswesen in Gießen, so berichtet Echo Online.

Echo Online