Es sind durchaus loyale Vermittler, die sich in einer internen Gruppe der Allianz austauschen. Umso mehr lässt aufhorchen, was sie zu berichten haben. Demnach hat die Allianz Leben Schreiben an ihre Kundinnen und Kunden geschickt, in denen die Aufbauleistung falsch berechnet worden sei. Es geht um mehrere tausend Euro Fehlbetrag.

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“Ich bin fassungslos“

In einem konkreten Beispiel berichtet der Inhaber einer Allianz-Hauptagentur aus Sachsen Ende März, dass ihn ein Kunde aufgesucht habe. Der Kunde legte ihn den Schriftverkehr mit der Allianz seit dem Dezember 2017. Er habe bei der Allianz eine Aufstellung angefragt, wie sich die Aufbausumme seiner Betriebsrente zusammensetze. Diese stand kurz vor dem Ablaufen, wobei der Betriebsrentner fünf Jahre die Beiträge selbst privat gezahlt hat, weil er schon zeitiger aus der Firma ausgeschieden sei.

Doch eine detaillierte Aufstellung habe der Mann nicht erhalten, berichtet der Vertreter weiter. Stattdessen ein Schreiben dass man auf seinen Wunsch, sich den Betrag detailliert aufschlüsseln zu lassen, die errechnete Aufbauleistung erneut geprüft habe. Dabei habe die Allianz feststellen müssen, dass bei der Berechnung ein Fehler unterlaufen sei. Statt 53.000 Euro wurden ihm nun mehr als 58.000 Euro zugestanden - ein Unterschied von 5.000 Euro.

Der Vertreter zeigt sich in der geschlossenen Gruppe sichtlich besorgt. Er sei fassungslos und wisse nicht, an wen er sich wenden solle, schreibt er. Und erhält den Rat, den Fehler an eine übergeordnete Stelle zu melden. Eine weitere Vermittlerin berichtet daraufhin, dass bei ihrem Kunden die Aufbauleistung sogar zweimal hätte korrigiert werden müssen. Dabei wies der Versicherer keineswegs die Summe immer zu niedrig aus. Erst sei eine zu geringe Aufbauleistung berechnet worden - dann eine deutlich zu hohe. Die Summe hätte sich schließlich zwischen erstem und zweitem Schreiben eingepegelt. Auch andere Vermittler berichten vereinzelt von Fehlern.

Allianz wertet Fehler als Einzelfälle

Doch welches Ausmaß haben die Fehlberechnungen? Die Allianz versichert, dass es sich um Einzelfälle handle. Man habe auf Anfrage des Versicherungsboten noch einmal die IT und Rechenprogramme überprüft, aber keine Probleme bemerken können.

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"Es liegen uns keine Erkenntnisse über Fehlberechnungen sowie keine gehäuften Beschwerden von Kunden oder Vermittlern vor. Und: Es ist uns definitiv nichts über systematische Fehler bekannt. Einzelne Anfragen von Kunden oder Vermittlern gibt es, diese lösen wir rasch", teilte Unternehmenssprecher Franz Billinger auf Anfrage des Versicherungsboten mit.

Der menschliche Faktor

Ein Firmen-Insider der Allianz, der anonym bleiben wollte, verwies auf den menschlichen Faktor. Solche falsch berechneten Summen würden aus Eintragungs- und Übertragungsfehlern resultieren, oder mit anderen Worten: Ein Innendienst-Mitarbeiter oder Vermittler setzte ein Häkchen an der falschen Stelle. Oder er vergaß, irgendwo ein Häkchen zu setzen.

So sei auch im oben genannten Beispiel, wo die Dynamik zunächst nicht eingerechnet wurde, diese Leistung wohl nachträglich per Hand eingetragen worden, vermutet der Insider. Sie sei dann bei den Beiträgen berücksichtigt worden, aber nicht bei der Aufbausumme. Solche Fehler seien aber nie ganz auszuschließen: Sie passieren einfach. Der Insider verwies auf das Beispiel der Deutschen Rentenversicherung (DRV), wo es ebenfalls zu Fehlberechnungen komme.

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"Wir besprechen das Thema nochmals"

Man muss der Allianz zugute halten, dass die interne Kontrolle in den vorliegenden Fällen funktioniert hat. Sie hat eigenständig die Kunden angeschrieben, über Rechenfehler informiert und diese auch korrigiert. Trotzdem erregen solche Fehler Misstrauen - bei den Kunden und Vermittlern. Sie könnten die Debatte über die Transparenz von Leben-Policen neu befeuern.

Die Allianz kündigt an, den Umgang mit möglichen Fehlern auf die Tagesordnung zu setzen. "Wir besprechen dieses Thema nochmals in den Arbeitskreisen der Vermittler, um etwaige weitere Fälle zu eruieren und gemeinsam zu lösen. Auch hier gilt: Entsprechende Hinweise aus den Gremien haben wir bislang nicht erhalten", teilte Firmensprecher Billinger mit.

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