TK-Funktionäre sagen Ende der privaten Krankenversicherung voraus
Vorstände der Techniker Krankenkasse (TK) schießen in den letzten Wochen wiederholt gegen die private Krankenversicherung. Nun sagt ein Vorstandsmitglied erneut das Ende der PKV-Vollversicherung voraus. Und PKV-Verbandspräsident Volker Laienbach schießt prompt zurück.
- TK-Funktionäre sagen Ende der privaten Krankenversicherung voraus
- Schwächelndes Neugeschäft und Ärger wegen Treuhändern
Geht es nach der Größe, macht der Techniker Krankenkasse (TK) keiner was vor. 11,2 Millionen vollversicherte Mitglieder zählt der Anbieter derzeit, so viel hat keine andere Krankenversicherung in Deutschland. Und schon gar kein privater Wettbewerber: Die Techniker zählt rund ein Viertel mehr Mitglieder als alle privaten Krankenversicherer zusammen.
Anzeige
PKV-Aus „nur eine Frage der Zeit“
In den letzten Wochen und Monaten waren nun wiederholt Stimmen aus der TK zu hören, die der privaten Krankenversicherung ein baldiges Aus prophezeien. Jüngstes Beispiel ist Vorstandsmitglied Karen Walkenhorst. Das Ende der PKV-Vollversorgung sei „nur eine Frage der Zeit“, wird die Vorständin vom Münchener Merkur zitiert. Selbst innerhalb der Branche scheine man gerade zu bemerken, „dass ihr Modell kein Zukunftsgeschäft ist.“
der Rheinischen Post. Als frühere Gesundheitsministerin des Bundeslandes habe sie hierzu „erschütternde Briefe bekommen“, berichtet Steffens.
Ähnlich hatte sich vor wenigen Wochen bereits Barbara Steffens geäußert, die seit dem 1. Juli an die Spitze der Techniker Krankenkasse in Nordrhein-Westfalen steht. „Das Ende der PKV ist doch nur eine Frage der Zeit: Die Beiträge wachsen in den Himmel, manche Senioren müssen mehr als die Hälfte ihrer Rente dafür aufbringen“, sagte SteffensDarüber hinaus sieht die frühere Grünen-Sprecherin auch Probleme beim Kapitalstock der Privatversicherer. Auf den Einwand, die PKV sei mit ihrem Kapitalstock doch eine wichtige zweite Säule, sagte Steffens, dies treffe immer seltener zu. „Wegen der Minizinsen gelingt es den Anbietern immer weniger, Altersrückstellungen aufzubauen“, positionierte sich die Kassen-Funktionärin. Nun sei es Aufgabe der Politik, „das Zusammengehen von PKV und GKV in ordentliche Bahnen zu lenken“, sonst zahle am Ende die Solidargemeinschaft drauf. TK-Chef Jens Baas hatte sich zum Jahresanfang ähnlich geäußert.
“Völlig abwegig“
PKV-Verbandspräsident Volker Leienbach will das so nicht stehen lassen. „Vom nahenden Ende der PKV zu sprechen, ist abwegig“, sagte er dem Merkur auf Anfrage. So seien die Privatversicherer gut auf die demographischen Herausforderungen vorbereitet.
Anzeige
Die Privatversicherer hätten 250 Milliarden Euro an Rücklagen angespart, was neun Jahresausgaben entspreche, berichtet Leienbach. Dem entgegen seien die Rücklagen der Krankenkassen schon nach sechs Wochen aufgebraucht. Auch habe man 2017 einen Nettozins von 3,5 Prozent erwirtschaftet - trotz des schwierigen Marktumfeldes. Die Aussagen der Techniker-Funktionäre seien „entweder durch Unkenntnis oder durch Angst vor dem Wettbewerb“ erklärbar, kommentiert der PKV-Verbandschef.
Schwächelndes Neugeschäft und Ärger wegen Treuhändern
Dass es den PKVen rosig geht, lässt sich jedoch auch nicht behaupten. Ein Problem: Das Neugeschäft in der Krankenvollversicherung schwächelt seit Jahren. 2017 haben die Privatversicherer netto Mitglieder verloren, wenn auch nur minimal. Die Zahl der Krankenvollversicherten sank gegenüber dem Vorjahr um 19.300 Personen, was einen Rückgang um 0,2 Prozent bedeutet. Ende des Jahres zählten die Privatversicherer noch 8,753 Millionen Vollversicherte (der Versicherungsbote berichtete).
Auch belasten steigende Gesundheitskosten die Privatversicherer: ein Problem, das die GKV freilich gleichfalls hat. Die Ausgaben für Gesundheit in der Kranken- und Pflegeversicherung kletterten bei den Privatanbietern im Vorjahr von 26,59 Milliarden auf 27,185 Milliarden Euro: ein Plus von 2,2 Prozent. Die Verwaltungs- und Abschlusskosten sind ebenfalls um 0,8 Prozent angewachsen und beziffern sich nun auf 3,335 Milliarden Euro.
Anzeige
Verband fordert Reformen von der Politik
Um das Neugeschäft anzukurbeln, hatte PKV-Chef Uwe Laue jüngst Unterstützung durch die Politik gefordert. Unter anderem solle die Versicherungspflichtgrenze für von derzeit 59.400 Euro auf 50.000 Euro abgesenkt werden, damit die privaten Versicherer bessere Chancen im Wettbewerb mit Krankenkassen haben. Diese Grenze gibt an, ab welchem Bruttolohn ein Arbeitnehmer in die private Krankenversicherung wechseln darf: wer mehr verdient, kann sich privat versichern. Hier sollen künftig auch Angestellte mit kleinerem Einkommen in die PKV wechseln können. Auch solle die Zinsentwicklung als auslösender Faktor berücksichtigt werden, damit die Versicherer gleichmäßiger ihre Prämien anheben können. (der Versicherungsbote berichtete).
Ärger droht obendrein an der juristischen Front. Um Prämiensprünge zum Nachteil der Kunden zu verhindern, sind die Krankenversicherer verpflichtet, ihre Prämienanhebungen von unabhängigen Treuhändern prüfen zu lassen. Mehrere Gerichte in unteren Instanzen hatten aber geurteilt, dass Treuhänder befangen seien. Manche Treuhänder kassieren pro Jahr mehr als 300.000 Euro von einem einzigen Anbieter und erhalten ein Großteil Ihres Einkommens von dieser Gesellschaft.
Anzeige
Große Versicherer wie die Axa und die DKV sind in die Treuhänder-Rechtsstreite verwickelt. Sie müssten bei einer Niederlage Prämienanstiege der letzten Jahre zurücknehmen und Teile der Beiträge an die Kunden zurückzahlen. Es geht um Millionen, wenn nicht gar um Milliarden Euro. Ein Urteil des Bundesgerichtshofes wird noch in diesem Jahr erwartet (der Versicherungsbote berichtete).
- TK-Funktionäre sagen Ende der privaten Krankenversicherung voraus
- Schwächelndes Neugeschäft und Ärger wegen Treuhändern