Die Prognosen des Analysehauses Assekurata haben in den letzten Jahren recht genau beschreiben können, wie sich der Markt für die Versicherer entwickeln wird. Umso weniger erfreulich ist das, was die Kölner in ihrer aktuellen Studie „Assekurata-Marktausblick zur privaten Krankenversicherung 2018“ analysieren (hier bestellbar). Demnach wird der Vertragsbestand in der Krankenvollversicherung auch im laufenden Geschäftsjahr und 2019 voraussichtlich sinken.

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Speziell das Neugeschäft der PKVen steckt in der Krise. In den letzten drei Jahren sank netto der Vertragsbestand der Krankenvollversicherer. Bereits in einem gestrigen Artikel hat der Versicherungsbote erste Gründe genannt, weshalb aus Sicht von Assekurata weiterhin mit einer Marktflaute zu rechnen ist.

Demnach plant die Bundesregierung Reformen, welche die Wettbewerbsposition der Privatversicherer gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen weiter schwächen. Ab 2019 soll es Freiberuflern möglich sein, sich zu einem günstigeren Mindestbeitrag gesetzlich zu versichern - für sie wird es dann attraktiver, im GKV-System zu bleiben. Für die Privatversicherer sind diese Freiberufler eine wichtige Zielgruppe (der Versicherungsbote berichtete).

Rechnungszins sinkt weiter

Auch der Niedrigzins an den Kapitalmärkten trägt dazu bei, dass es die privaten Versicherer nicht einfach haben, so betont Assekurata. Stark vereinfacht erzielen die Versicherer geringere Zinsen für ihre eingesammelten Beiträge. Das erschwert es auch, aus den Beiträgen Alterungsrückstellungen zu bilden. Die Versicherer müssen also folglich die Prämien erhöhen, um den geforderten Kapitalpuffer für das Alter anzusparen. Je weniger Zins erwirtschaftet wird, desto mehr muss das Geld für die zukünftigen Altersrückstellungen aus den laufenden Beiträgen bedient werden.

“Durch die Beitragsanpassung zu Jahresbeginn reduzierte sich der durchschnittliche unternehmensindividuelle Rechnungszins (duRz) bei den von Assekurata gerateten Krankenversicheren von 3,06 Prozent auf 2,90 Prozent“, heißt es im Pressetext der Kölner Analysten. „Trotzdem gelingt es den PKV-Unternehmen bis dato nicht, die Lücke zwischen angesetztem Rechnungszins und aktuariellem Unternehmenszins (AUZ) zu verringern. Dafür sorgt die seit 2012 stetig und spürbar sinkende laufende Durchschnittsverzinsung der Kapitalanlage.“

Kapitalanlagrenditen und Zinsanforderungen im Krankenversicherungsmarkt 2007-2017. Quelle: Assekurata

Der Aktuarielle Unternehmenszins (AUZ) ist stark vereinfacht ein Verfahren, mit dem geprüft wird, ob der Rechnungszins einzelner Unternehmen gesenkt werden muss. Jeder Krankenversicherer berechnet ihn selbstständig. Wenn sich also die Lücke zwischen Rechnungszins und AUZ nicht verringert, bedeutet dies, dass weiterer Absenkungsbedarf besteht - und sich Altkunden auf steigende Prämien einstellen müssen. Einfach deshalb, weil die Kapitalanlagen der Krankenversicherer immer weniger abwerfen.

Die spürbar sinkende laufende Durchschnittsverzinsung der Kapitalanlage stelle einen wesentlichen Gradmesser für die Höhe des AUZ dar, anhand dessen der festzusetzende Rechnungszins ermittelt wird, erläutert Assekurata. "2018 ist der AUZ im Assekurata-Durchschnitt von 2,87 % auf 2,70 % gesunken. Damit besteht beim Rechnungszins rein rechnerisch weiterhin ein Absenkungsbedarf von rund 20 Basispunkten. Allein dieser Umstand zieht nach unseren Erfahrungen eine Beitragssteigerung von 2 Prozent bis 3 Prozent nach sich“, erläutert Gerhard Reichl, Assekurata-Experte und Autor der Studie.

„Die Niedrigzinspolitik wird auch in den kommenden Jahren für Beitragsanpassungen durch weitere Rechnungszinsabsenkungen sorgen. Nachhaltige Ruhe an der Beitragsfront ist also vorerst nicht in Sicht“, so das Fazit von Reichl.

Zins bei Prämienanpassung berücksichtigen

Das Kuriose ist: Aktuell darf der Niedrigzins gar keinen Einfluss auf die Prämienanpassungen der Krankenversicherer haben, beziehungsweise nur indirekt. Anheben dürfen die Anbieter ihre Prämien nur, wenn sogenannte auslösende Faktoren vorliegen. Das ist in zwei Situationen der Fall. Erstens, wenn die erwarteten von den einkalkulierten Versicherungsleistungen um mehr als zehn Prozent abweichen, die Versicherer also mit unerwarteten Mehrausgaben konfrontiert werden. Und zweitens, wenn die Versicherten im Schnitt älter werden, als es der Versicherer vorausberechnet hat: Dann steigen im statistischen Schnitt auch die Gesundheitsausgaben.

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Hier fordern sowohl der PKV-Verband als auch die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) eine Korrektur vom Gesetzgeber. So solle nun auch die Zinsentwicklung als auslösender Faktor eingerechnet werden. Der Status Quo bewirke, dass die PKV-Prämien über viele Jahre nicht angehoben werden dürften, aber dann mit einem Schlag umso drastischer steigen, so die Kritik: eben deshalb, weil die Versicherer nur indirekt und verzögert auf den Kapitalmarkt reagieren können. Das belaste den Ruf der Versicherer. Hier soll eine Korrektur helfen, dass die Prämien gleichmäßiger angehoben werden.