„Zusatzversicherungen funktionieren heutzutage digital!“
Ottonova-Vorstand Bernhard Brühl erklärt im Versicherungsbote-Interview, wie der junge Digitalversicherer die Zukunft der Krankenzusatzversicherungen sieht - und erläutert die Problematik des Online-Abschlusses. Gerade bei online abgeschlossenen Krankenversicherungen stellt sich die Frage, ob die Verbraucher mit dem korrekten Beantworten der Gesundheitsfragen nicht überfordert sind.
Der 2017 neu zugelassene Münchener Krankenversicherer ottonova bietet neben seiner privaten Krankenvollversicherung bereits einen Zahnzusatztarif an. Eine Krankenhauszusatzversicherung ist in Vorbereitung und soll noch in 2018 starten. Der Versicherungsbote befragte Bernhard Brühl nach den Zukunftsszenarien für die Krankenzusatzversicherung. Beim heiklen Thema Risikoprüfung spricht sich der ottonova-Vorstand ganz im Sinne des Unternehmensmottos für eine starke Vereinfachung aus.
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Versicherungsbote: Wie hat sich der Markt im Bereich der Krankenzusatzversicherung in den letzten fünf Jahren geändert?
Bernhard Brühl: Es gibt nicht die Marktentwicklung. Dafür ist der Markt zu vielschichtig. Betrachtet man den Markt aus der Sicht eines Online-Versicherers hat sich sicherlich im Bereich Zahnzusatz am meisten getan. Nahezu alle Versicherer bieten hier mittlerweile den Online-Abschluss an. Andere Zusatzversicherungen wie beispielsweise ambulanter oder stationärer Schutz haben hier sicherlich noch Nachholbedarf.
Immer mehr Krankenzusatzversicherungen kann man auch direkt im Internet abschließen. Was heißt das für die Produkte, wenn alle Wege offenstehen sollen?
Die Wege stehen ja schon lange allen Versicherern offen. Es ist nur sehr schwierig, Produkte so zu entwickeln, dass neben dem personalisierten Vertrieb auch der Online-Vertrieb möglich ist. Produkte für den Online-Vertrieb müssen weitestgehend selbsterklärend sein. Diese Anforderung gab es bisher so nicht. Zudem ist es bei Produkten, bei denen der Gesundheitszustand zu bewerten ist, schwierig eine Onlineabschlussstrecke zu entwerfen.
Gerade bei Krankenversicherungen ist das Thema Gesundheitsfragen sehr heikel. Sollten die Fragen im Sinne der Kunden vereinfacht werden?
Absolut. Das heißt aber nicht, dass wie bei Zahnzusatztarifen die Fragenanzahl auf ein oder zwei Fragen reduziert werden muss. Vielmehr sollte der Anspruch sein, dass ein Kunde ohne Hilfe oder längeres Suchen von Unterlagen in der Lage ist, alle Fragen zu beantworten. Bei tiefergehenden medizinischen Themen ist das bisher rein online noch nicht gelungen.
Ohne Gesundheitsfragen besteht ein Risiko der Antiselektion: Die Produkte werden zu teuer und gesunde Kunden suchen sich andere Anbieter. Wie lässt sich das lösen?
Wie schon gesagt. Es kommt nicht darauf an, die Gesundheitsfragen abzuschaffen. Sie müssen nur einfach zu beantworten sein. Hier bieten neue Technologien sicherlich zukünftig Möglichkeiten, den Kunden dabei besser zu unterstützen.
Wie sieht die Krankenzusatzversicherung der Zukunft aus?
Die bestehenden Produktkonzepte werden sicher bleiben, solange es keine gravierenden Änderungen im Gesundheitssystem gibt. Allerdings werden sie moderner umgesetzt. Der Zusatzversicherungsmarkt ist aber nicht so stark reguliert wie die Vollversicherung, daher könnten sich hier zusätzlich neuartige Produktkonzepte entwickeln. Vielleicht wird es deshalb in diesem Bereich die ersten Produkte nach dem Motto „pay as you live“ geben.
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Die Fragen stellte Jenny Müller