McKinsey prognostiziert erneut Jobabbau in Versicherungsbranche
Die Digitalisierung in der Versicherungsbranche wird dazu führen, dass bis zu vier von zehn Arbeitsplätzen bei den deutschen Versicherern wegfallen werden. Das prognostiziert erneut das Analysehaus McKinsey in einer Studie. Zugleich werden aber auch neue Jobs im IT-Bereich gebraucht: Hier macht der Branche das negative Image zu schaffen.
Erneut prognostiziert das Beratungshaus McKinsey einen deutlichen Arbeitsplatz-Abbau in der deutschen Versicherungswirtschaft. Demnach könnten infolge des digitalen Wandels mittelfristig vier von zehn Stellen bei den Versicherern wegfallen, so das Ergebnis einer Studie, über die am Sonntag die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.
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“Alte Rollen und Arbeitsplätze verlieren an Bedeutung oder werden überflüssig“, wird Johannes-Tobias Lorenz zitiert, Berater bei McKinsey und Autor der Studie. Dies mache ein „Produktivitätspotential von 20 bis 40 Prozent“ aus und bedeute eine „kulturelle Herausforderung“.
Sinkende Mitarbeiter- und Vernittlerzahlen
Dass die Konzerne Mitarbeiter abbauen, lässt sich nicht von der Hand weisen. Die Süddeutsche nennt Zahlen: vor 15 Jahren waren noch rund 248.000 Angestellte bei den Versicherern tätig, Ende letzten Jahres waren es noch 204.700 Mitarbeiter. Hierbei sei daran erinnert, dass große Versicherer wie die Allianz, Axa oder Ergo auch aktuell noch Programme installiert haben, in deren Folge tausende Jobs wegfallen sollen. McKinsey verweist darauf, dass mehr Digital-Effizienz auch dem Kundin oder dem Kunden nutzen könnte, Stichwort: sinkende Abschlusskosten. Für die HUK haben die Berater in der Schadenversicherung Kosten von 4,2 Prozent der Beiträge errechnet - für die Ergo 16,3 Prozent. 18,1 Prozent seien es gar bei der Talanx.
Auch die Zahl der freien Versicherungsvertreter sinkt seit Jahren, während sich hingegen der Bestand an Maklern stabil zeigt oder sogar anwachsen konnte. Im ersten Halbjahr 2018 ist die Zahl aller Vermittler, die bei den Industrie- und Handelskammern registriert sind, erneut um 14.715 gesunken. Bundesweit waren Ende Juni 206.110 Personen im Register des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) erfasst.
Ganzheitliche Programme statt Prestige-Objekte
McKinsey sieht die Notwendigkeit, die Digitalisierung nicht nur mit Hilfe von bestimmten Prestigeobjekten voranzutreiben - sondern als umfassende Transformation. So würden die fortgeschrittenen Sachversicherer mit Blick auf die digitale Performance „doppelt so schnell wie ihre digital weniger fortgeschrittenen Wettbewerber“ wachsen, zitiert die „Süddeutsche“ aus der Studie.
Rund die Hälfte der Versicherer agiere hingegen "übereifrig". Das heißt: Viele Projekte werden angeschoben, aber keine erkennbare Digital-Strategie verfolgt, was ebenfalls wieder Ressourcen verschlinge. Gegenüber anderen Branchen habe die Versicherungswirtschaft noch Aufholbedarf, wie sich etwa am bescheidenen Wachstum des Direktvertriebs zeige.
Hier ließe sich einwenden: Es sind Beratungen zu solchen Transformationsprozessen, mit denen McKinsey sein Geld verdient. Die Studie ist also durchaus auch eigennützig. Studien zeigen aber auch, dass den Verbrauchern persönliche Ansprechpartner und Berater nach wie vor wichtig sind: auch deshalb aktuell noch der Misserfolg rein digitaler Kanäle. Laut einer Studie im Auftrag der Gothaer wollen acht von zehn Versicherungskunden nach wie vor persönlich beraten werden (der Versicherungsbote berichtete).
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Mit dem digitalen Wandel entstehen aber auch neue Arbeitsplätze, vornehmlich im IT-Bereich. Hier könne der Branche das vergleichsweise schlechte Image auf die Füße fallen, wenn es darum gehe, gute Fachkräfte anzuwerben. Zur Erinnerung: Die Branche plagt ein Nachwuchsproblem. Der Altersschnitt im Innen- und Außendienst liegt bereits deutlich über 40 Jahren, wie aus Zahlen des Arbeitgeberverbandes der Versicherer (AGV) hervorgeht. Noch krasser ist es im Vertrieb: Hier nähert sich der Altersschnitt sogar den 50 Jahren an, so das Ergebnis einer Umfrage aus dem Hause AssCompact.