BaFin verfolgt bei Provisionsabgabeverbot strengen Kurs
Dass es die BaFin ernst meint mit dem Provisionsabgabeverbot, zeigt ein aktuelles Rundschreiben. Darin werden Versicherer vor einer Zusammenarbeit mit dem Makler-Startup Gonetto gewarnt, das die Vergütung an den Kunden auskehrt. Der Anbieter will sich wehren - und in der Branche wird heftig über derartige Modelle debattiert.
- BaFin verfolgt bei Provisionsabgabeverbot strengen Kurs
- Debatte in der Branche
“Gonetto - Versicherungen ohne Provisionen“, so verspricht die Webseite des Finanzdienstleisters Gonetto GmbH. Branchenbeobachter mag das zunächst verwundern, ist der Dienstleister doch als Versicherungsmakler registriert. Doch das Geschäftsmodell beruht darauf, die Courtage zu 100 Prozent an den Kunden weiterzugeben, wenn er eine Haftpflicht- oder Hausratpolice in den Bestand des Maklers übertragen lässt. Stattdessen muss der Kunde zwölf Euro pro Jahr und Vertrag zahlen. Folglich ist „Gonetto“ auch ein Wortspiel aus dem englischen „Go!“ und dem Begriff „Netto“ für „Netto-Police“, verstehbar als Aufforderung an den Kunden, ein alternatives Bezahlmodell zu bevorzugen.
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Dieses Vergütungsmodell wird dem Anbieter aus dem südhessischen Bensheim nun zum Verhängnis. In Deutschland gilt auch nach Inkrafttreten der neuen Vertriebsrichtlinie IDD weiterhin ein Provisionsabgabeverbot. Die Regeln hierfür sind in Paragraph 48 b des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) formuliert. Demnach dürfen Provisionen nur an Kunden ausgeschüttet werden, sofern der Kunde von einer dauerhaften Leistungserhöhung oder niedrigere Prämien durch den Versicherer profitiert.
Gonetto aber erfüllt diese Kriterien nicht, so die Einschätzung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Ein Referatsleiter hat am 06. August ein Musterschreiben an die Versicherer gesendet, in dem explizit vor dem Anbieter gewarnt wird. Eine „Zusammenarbeit eines Erst-Versicherungs-Unternehmens mit einem Versicherungsmakler wie beispielsweise der Gonetto GmbH“ bedeute demnach „einen Verstoß gegen das Verbot von Sondervergütungen“, heißt es in dem Schreiben, aus dem die „FAZ“ zitiert. Kooperieren die Versicherer weiterhin mit dem Portal, kann das als Ordnungswidrigkeit abgestraft werden.
Das Startup will sich wehren: mit „allen Mitteln“
Zielscheibe der BaFin wurde damit ein junges Makler-Startup, das zuletzt in der Branche für Aufsehen sorgte. Medien wie „BILD“ oder die „FAZ“ berichteten positiv über den Webanbieter, weil er die Provisionen auf seiner Webseite nicht nur ausweist, sondern eben auch auskehrt. Doch dank des BaFin-Rundschreibens stehen die Hessen nun vor dem Aus.
Dieter Wendle, Geschäftsführer der Gonetto GmbH, kündigte gegenüber dem „Versicherungsjournal“ an, rechtliche Schritte einzuleiten. Viele Versicherer dürften ihnen nun die Courtagezusage aufkündigen, fürchtet Lendle. „Der Eingriff der BaFin in unsere Berufsfreiheit gefährdet Gonetto daher existentiell“. Man wolle beim Amtsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stellen und sich „mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zur Wehr setzen“. Das Geschäftsmodell setze keinerlei Fehlanreize für den Kunden und sei verbraucherfreundlich, argumentiert Lendle. Hier hoffe er auf die Einsicht der Aufsichtsbehörde.
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Anders sieht das hingegen jener Verband, der vor dem Inkrafttreten des IDD-Gesetzes heftig für ein Provisionsabgabeverbot gestritten hatte: der „Bundesverband deutscher Versicherungskaufleute“ (BVK). „Wir freuen uns, dass Verbraucher nicht mit falschen Anreizen zum Abschluss von Versicherungsverträgen verleitet werden dürfen und dass die Beratungsqualität durch den Vermittler sichergestellt wurde“, positioniert sich dessen Präsident Michael H. Heinz. „Geschäftsmodelle, die nicht den Fokus auf den Kundenbedarf legen, sondern den Versicherungsnehmer zu Abschlüssen mit möglichst hohen Provisionsrückzahlungen animieren wollen, müssen konsequent sanktioniert werden“. Dabei sei es unerheblich, ob es um die Abschluss- oder Bestandsvergütung gehe.
Debatte in der Branche
Interessant ist mit Blick auf Gonetto, dass die Branche beim Thema Provisionsabgabe nicht mit einer Stimme spricht und heftig debattiert wird. So hat das Versicherungsjournal in einem Artikel durchaus kontroverse Zuschriften von Maklern und Beratern gesammelt (hier nachlesen):
Die veröffentlichen Statements reichen von Stimmen, wonach sich die Versicherungsaufsicht zu sehr in unternehmerische Entscheidungen einmische, bis hin zu dem Vorwurf, Gonetto sei ein Bestandsräuber, der anderen Versicherungsmaklern die Kundschaft wegnehmen wolle, indem er dem Kunden eine hohe Courtage-Ausschüttung verspreche. Genau dies habe die BaFin unterbinden wollen, da der Kunde eher auf eine hohe Courtageausschüttung schiele statt auf den -für ihn passenden- Versicherungsschutz.
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Letztendlich ist auch fraglich, inwiefern mit Blick auf das Vergütungsmodell einige Aussagen auf der Webseite von Gonetto unter "Frequently Asked Questions" zutreffend sind. "Gonetto finanziert sich ausschließlich aus den Gebühren der Kunden", heißt es da zum Beispiel. Die Aussage ist insofern diskutabel, da das Unternehmen ja die Auszahlung der Courtage als Werbemittel verwendet, um Kunden anzulocken. Auf der Webseite heißt es an prominenter Stelle: "Jahr für Jahr Hunderte Euro Sparen! Das gab's noch nie: Provisionen auf Ihr Konto!" Ohne die Courtagezusage der Versicherer würde das Geschäftsmodell möglicherweise gar nicht funktionieren. Gonetto ist eben kein Honorarberater, sondern registrierter Makler nach § 34d Gewerbeordnung, so verrät das Impressum.
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