Allianz-Betrugsexperte soll in 435 Fällen betrogen haben
Im Rechtsstreit eines Betrugsspezialisten der Allianz, der seinen Arbeitgeber um Millionen Euro betrogen haben soll, wurde nun das ganze Ausmaß des Betruges deutlich. In stolzen 435 Fällen soll der Angeklagte Eric B. zugeschlagen haben. In der Hauptverhandlung sei der Mann geständig gewesen, so berichtet nun ein Fachmagazin.
- Allianz-Betrugsexperte soll in 435 Fällen betrogen haben
- Vertrauen ist gut - noch mehr Vertrauen ist besser?
Als im Mai diesen Jahres bekannt geworden war, dass ein Betrugsspezialist der Allianz sein Expertentum ein wenig missverstanden zu haben schien, sorgte das in den sozialen Medien für teils spöttische und amüsierte Kommentare. Denn statt Betrug zu bekämpfen, wie es eigentlich seine Aufgabe gewesen war, zeigte der Betrugsspezialist selbst eine große betrügerische Qualität:
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In mehreren hundert Fällen soll er die Allianz immer wieder mit fingierten Rechnungen geprellt haben, so der Vorwurf der Kölner Staatsanwaltschaft. Expertise bewiesen, der Ruf aber tot. Und auch die Allianz stand ziemlich blamiert da (der Versicherungsbote berichtete).
435 Fälle - und ein Geständnis
Vor dem Kölner Landgericht Köln kam es nun zur Hauptverhandlung gegen den Ex-Allianzer, wie Versicherungswirtschaft Heute berichtet. Dieser Termin zeigte das ganze Ausmaß des mutmaßlichen Betruges. In 435 Fällen soll der Angeklagte Eric B. Gelder des Versicherers auf sein Privatkonto umgeleitet haben. Dabei konnte er fünf Jahre unentdeckt agieren: die erste Überweisung datiert auf den 7. März 2013, die letzte auf den 27. Februar 2018. So soll die Allianz um insgesamt 2,076 Millionen Euro betrogen worden sein.
Der 54jährige Angeklagte jedenfalls gestand den Betrug, so berichtet das Webportal. Und zeigte Reue. Einige zehntausend Euro habe er bereits an den Versicherer zurückgezahlt, so habe der Angeklagte bei seiner Anhörung berichtet. Nun wolle er auch den Rest begleichen.
Er wolle künftig wieder „auf eigenen Beinen stehen“, auch wenn er für den Job bei einem Versicherer „wohl nicht mehr geeignet sei“, zitiert ihn VW Heute. Nun wolle er sich neu orientieren, Lehrer werden oder einen sozialen Beruf ergreifen. Hierzu sei angemerkt, dass die Tätigkeiten ein polizeiliches Führungszeugnis erfordern - auch wenn Filme wie „Fack ju Göhte“ suggerieren, dass es auch andere Wege in den Lehrerberuf gibt.
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Ein weiteres Problem: Vom unterschlagenen Geld soll nun nichts mehr übrig sein. Während der Verhandlung sei demnach auch der Lebenslauf des Angeklagten zur Sprache gekommen. Kurz zusammengefasst: Luxus, Immobilien, eine Ex-Geliebte, Golf und Pferdesport. Hinzu gesellen sich Drogen- und Alkoholprobleme. Ein Einfamilienhaus, dass der Angeklagte mit seiner „Noch-Ehefrau“ besitzt, ist zwar immerhin als Wert vorhanden - aber mit Krediten finanziert.
Vertrauen ist gut - noch mehr Vertrauen ist besser?
Während sich der Angeklagte also so manch peinlicher Enthüllung vor Gericht stellen musste - er selbst gestand laut dem Bericht schnell und unterstütze die Arbeit der Staatsanwaltschaft - wirft der Fall auch kein allzu gutes Licht auf die internen Kontrollmechanismen der Allianz. Der Angeklagte war in leitender Funktion tätig: laut VW Heute als Gruppen- und Referatsleiter für Betrugsbekämpfung im Kontrollgebiet Deutschland Nordwest. Er konnte demnach auch deshalb so lange unerkannt agieren, weil er bei seinen Kolleg_innen beliebt gewesen sei und sie ihm vertraut hätten.
Hier haben bereits gemeinsame Recherchen von WDR und Süddeutscher Zeitung gezeigt, weshalb dem Mann fünf Jahre lang niemand im Konzern auf die Schliche gekommen ist. Seit einigen Jahren stellt die Allianz ihr altes Betriebssystem auf ein neues um, kurz ABS genannt, was für „Allianz Business System“ steht. Beide IT-Systeme mussten eine Weile parallel betrieben werden, weil vor allem ältere Rechtsfälle noch im alten System hinterlegt seien.
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Fingierte Anfragen an nicht existierende Anwaltskanzleien
Diese Verwirrung habe Eric B. ausgenutzt. Bei alten Rechtsfällen mit Kunden, die noch nicht abgeschlossen sind, habe er Anfragen und Dienstleistungen von Anwaltskanzleien erfunden und das Geld dann auf sein Privatkonto umgeleitet. Besonders brisant: Dabei habe er die Namen der Kanzleien teils erfunden. Schon eine kurze Recherche hätte ergeben müssen, dass es sie nicht gibt.
Der mutmaßliche Betrüger agierte freilich äußerst geschickt. Stets soll er nur kleine Beträge in Rechnung gestellt haben: mal 500 Euro, höchstens 2.000 Euro. Für die Allianz sind das Peanuts, bei denen nicht jede Überweisung genauer geprüft wird, so fiel der Betrug jahrelang nicht auf.
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Erst ab 5.000 Euro hätte ein zweiter Kollege den Auftrag zur Kontrolle unterzeichnen müssen, heißt es in den Berichten. Nur stichprobenartig werde bei solchen kleinen Beträgen die Rechnungen geprüft, so dass sie ein zweiter Kontrolleur gegenzeichnen muss. Durch Zufall sei dem Mann dabei ein besonders misstrauriger Kollege auf die Schliche gekommen. Die Folge: eine Revision, die sofortige Kündigung - und eine Anzeige. Der Prozeß wird am 12. und 19. September fortgesetzt.
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