Versicherungsvertreter wollen notfalls gegen Provisionsdeckel klagen
Wenig überraschend haben sich nun auch die Versicherungsvertreter gegen einen Provisionsdeckel in der Lebensversicherung positioniert. Auf dem „14. Bonner Spitzentreffen“ formulierten mehrere Interessen- und Lobbyverbände der Vertreter eine Absage an eine Obergrenze für Provisionen. Auch mehr Kostentransparenz ist den Vertretern ein Dorn im Auge: Sie begrüßen, dass eine „irreführende Provisionsoffenlegung“ durch das IDD-Umsetzungsgesetz verhindert worden sei.
Das „Bonner Spitzentreffen“ ist eine Art Elefantenrunde der Versicherungsvertreter. Die Köpfe zweier großer Verbände treffen hier zusammen: der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) und der Arbeitskreis Vertretervereinigungen der Deutschen Assekuranz e.V. (AVV). Sie repräsentieren nach eigenen Angaben rund 40.000 gebundene Vermittler in Deutschland.
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Mittwoch letzter Woche fand das Treffen bereits zum vierzehnten Mal statt. Dort wurden die aktuellen Positionen ausgetauscht und in ein Positionspapier namens „Bonner Erklärung“ gegossen. Sie enthält Kernforderungen an die Politik. Wichtigstes Anliegen diesmal: ein Provisionsdeckel in der Lebensversicherung soll mit allen Mitteln verhindert werden. Und auch, dass die Vermittler künftig genauer und umfassender ihre Kund*innen über die erhaltene Provision informieren sollen, ist von den Vermittlern nicht erwünscht.
Provisionsdeckel „klar verfassungswidrig“
Zur Erinnerung: 2014 trat das sogenannte Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) in Kraft. Dieses sollte unter anderem erreichen, dass die Versicherer bei Altersvorsorge-Produkten die Abschlusskosten im Sinne der Kund*innen senken. Seitdem dürfen die Versicherer nur noch 2,5 Prozent der Beitragssumme von Leben- oder Rentenpolicen bei der Steuer geltend machen. Wollen sie höhere Vergütungen an ihre Vermittler ausschütten, müssen sie dies aus eigener Tasche finanzieren.
Das Bundesfinanzministerium hat das LVRG jüngst evaluiert - und kam zu dem Schluss, dass die Versicherer den Verbrauchern immer noch zu tief in die Tasche greifen, wenn es um den Vertragsabschluss geht. In konkreten Zahlen: Die Abschlusskosten bei Maklern und Mehrfachvermittlern sanken um 7,21 Prozent im Vergleich zu 2013, bei Ausschließlichkeits-Vertretern gar nur um 2,89 Prozent. Das reicht nicht, sagt die Bundesregierung. Und will nun einen Provisionsdeckel für kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherungen einführen, auch wenn es noch keine genauen Details hierzu gibt.
Michael H. Heinz, Präsident des teilnehmenden Verbandes BVK, wertet die Zahlen hingegen beim Bonner Spitzentreffen als Erfolg - und schickt sie als Argument gegen eine Höchstgrenze für Provisionen ins Feld. „Ein Provisionsdeckel in der Lebensversicherung wäre eindeutig verfassungswidrig. Eine gesetzliche Provisionsbegrenzung wäre weder geeignet, noch erforderlich und angemessen, weil das ursprüngliche LVRG bereits Wirkung entfaltet, wie der Evaluierungsbericht des Bundes-Finanzministeriums selbst feststellt“, positioniert sich Heinz.
Ähnlich wie Heinz hat sich zuvor auch bereits der Bundesverband Finanzdienstleistung (AfW) positioniert, Interessenvertreter der Versicherungsmakler. Beim Provisionsdeckel würde es sich „um einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die nach Artikel 12 unseres Grundgesetzes geschützte Gewerbefreiheit handeln“, schreibt der AfW in einem Positionspapier. Der Verband will ein juristisches Gutachten hierzu vorlegen (der Versicherungsbote berichtete). Beide Verbände wollen notfalls gegen einen solchen Deckel klagen.
Regulierungspause gefordert
Die „Bonner Erklärung“ der Vertreterverbände geht noch weiter und fordert grundsätzlich eine Regulierungspause von der Politik. Viele neue Gesetze und Regulierungen - etwa das IDD-Umsetzungsgesetz oder die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) - würden bewirken, dass die Belastungsgrenze für kleine und mittelständische Vermittlerbetriebe bereits überschritten sei. Auch an die Versicherer haben die Vertreter Wünsche. Die Gesellschaften s0ollen die IDD-Vorgaben „fair und kooperativ umsetzen“ - zum Beispiel mit Blick auf einen möglichen finanziellen Ausgleich, wenn Vermittler infolge gesetzlicher Vorgaben weniger einnehmen.
Grundsätzlich positiv äußern sich die Vermittler zum IDD-Umsetzungsgesetz, das dieses Jahr in Kraft trat. Unter anderem wurde darin das Provisionsabgabeverbot aufgefrischt - Vermittlern ist es nur in sehr engen Grenzen erlaubt, den Kunden an Provisionen zu beteiligen. Eine „irreführende Provisionsoffenlegung“ sei abgewendet worden, positionieren sich nun die Versicherungsvertreter.
Irreführende Provisonsoffenlegung? Eine Formulierung, die aufhorchen lässt. Warum sollen die Kund*innen nicht genauer erfahren, was sie an Provisionen an Vermittler zahlen? Hier hatte der BVK bereits mit Fehlanreizen durch die Weitergabe von Provisionen argumentiert. Ein Beispiel: Verbraucher könnten nur deshalb eine Lebensversicherung abschließen, weil ihnen der Vermittler eine drei- oder gar vierstellige Beteiligung an der Vergütung verspricht, etwa, um sich eine Urlaubsreise zu finanzieren. Und dann einen Vertrag abschließen, der am eigenen Bedarf vorbei geht, nur mit Blick auf die Provision.
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Dem entgegen führen Kritiker der Branche wie die Verbraucherzentralen ins Feld, dass gerade die Intransparenz der Kosten für viele Verbraucher ein wichtiges Hindernis sei, mit einer Lebens- oder Rentenversicherung für das Alter vorzusorgen. Weniger Versteckspiel bei den Abschlusskosten wäre folglich ein Muss. Hier wäre es Aufgabe der Vermittler, gegenüber den Kund*innen deutlich zu machen, weshalb sie eine hohe Vergütung erhalten: Gute Beratung erfordert umfangreiche Recherche und will auch angemessen bezahlt sein.