"Sag mir, wie du lebst - und ich sage dir, wie viel Prämie du zahlst". So lautet stark vereinfacht das Prinzip sogenannter Pay-as-you-live-Versicherungen. Mit John Hancock ist nun der erste große US-Versicherer dazu übergegangen, ausschließlich Leben-Policen im Neugeschäft anzubieten, die vom Verbraucher die Weitergabe sensibler Gesundheitsdaten fordern.

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Laut einer Meldung der FAZ hat der Versicherer angekündigt, in Zukunft nur noch Lebensversicherungen anzubieten, die mit einer sogenannten „Vitality“- Funktion verknüpft sind. Versicherer und Versicherte gehen dabei einen Deal ein: Die Versicherten zeichnen, zum Beispiel anhand von Fitness- Armbändern (sogenannten „Fitness-Trackern“) und Apps, Lebens- und Ernährungsgewohnheiten auf und übermitteln diese an die Versicherer. Als Dank für eine gesunde Lebensweise winken Preisnachlässe und günstigere Tarife. Nach Angaben von John Hancock nutzen bereits vierzig Prozent aller Kunden die "Vitality"-Funktion.

Gesunde Lebensweise wird belohnt: ungesunde Lebensweise sanktioniert?

Konkret wirbt John Hancock mit Preisnachlässen bei Amazon und anderen Händlern, aber auch mit bis zu 15 Prozent Rabatt auf die jährliche Versicherungsprämie. Diese „Belohnungen“ erreichen die Versicherten, wenn sie Sport treiben oder sich gesund ernähren. Auch wird den Kunden laut Bericht ein kostenloses Fitnessarmband von Fitbit sowie eine Apple Watch für 25 Dollar in Aussicht gestellt. Aktuell ist es nach wie vor so, dass die Versicherten ausschließlich von Bonuspunkten profitieren - also nicht für eine ungesunde Lebensweise sanktioniert werden.

In Deutschland werden diese Pay-as-you-live-Tarife kontrovers diskutiert, seit der zweitgrößte Privatversicherer Generali dieses Konzept 2016 mit "Vitality" für spezielle Berufs- und Risikoversicherungen eingeführt hat. Denn es steht einiges auf dem Spiel. Diskutiert wird die Sicherheit sensibler Gesundheitsdaten, die an die Versicherer übermittelt werden. Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) drohe zudem ein „Ausstieg aus dem Solidarsystem“, wenn individuelle Gesundheitsdaten permanent gemessen werden und die Beitragshöhe beeinflussen. Selbst die Allianz sprach sich in der Vergangenheit gegen derartige Fitness-Tarife aus (der Versicherungsbote berichtete).

Mehr noch: Gewarnt wird vor der Gefahr einer Überwachung der Versicherten durch die Versicherer. Kritiker befürchten, dass Versicherungen in Zukunft Versicherte zur Preisgabe der Daten zwingen und ungesundes Verhalten bestrafen könnten. Mit der Schriftstellerin Juli Zeh gesprochen befände sich die Gesellschaft folglich auf dem Weg in eine „Gesundheitsdiktatur“.

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Hier lohnt ein Blick nach China: Die Behörden benoten die Bürger mit einem digitalen Sozialkredit-System, das flächendeckend eingeführt werden soll (der Versicherungsbote berichtete). Es soll gute von schlechten Bürgern scheiden. Benotet werden unter anderem Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung, die Kreditwürdigkeit oder ob die Bürger ihren Eltern helfen und häufig zum Arzt gehen. Verstöße werden sofort bestraft: zum Beispiel dadurch, dass die Reisefreiheit der Betroffenen eingeschränkt werden kann.