Die Allianz ändert ihre Verkaufsstrategie mit Blick auf Kfz-Versicherungen. Fortan vertreiben die Münchener ihre Auto-Tarife auch über das Vergleichsportal Verivox, so berichtet die Wirtschaftszeitung „Euro am Sonntag“ (Ausgabe vom 6. Oktober). Sowohl ein Sprecher der Allianz als auch des Vergleichsportals hätten bestätigt, dass die Allianz-Autotarife seit Anfang Oktober auch bei Verivox erhältlich seien.

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Eigentlich wollte die Allianz Vergleichsportale meiden

Diese Nachricht überrascht. Denn eigentlich wollte die Allianz nicht mit Vergleichsportalen gemeinsame Sache machen. Bisher waren bei den Online-Maklern lediglich Tarife der Direktversicherungs-Tochter Allsecur erhältlich.

Noch Ende September sagte Joachim Müller auf dem „Autotag“ der Münchener, dass man an der bisherigen Strategie festhalten wolle, so berichtet „Euro am Sonntag“. Die Tarife der Allianz böten zwar einerseits mehr Optionen und einen besseren Service als die Policen vieler Wettbewerber, seien aber vergleichsweise teuer, so begründete Müller damals seinen Verzicht auf die Portale. Tatsächlich ist der Preis einer der wichtigsten Kriterien, um bei solch einem Online-Ranking gut abzuschneiden. „verivox.de - Einfach und schnell sparen“, so lautet der Werbeslogan des Vergleichsportals.

Konkurrent HUK verzichtet weiter auf Vergleichsportale

Ein weiterer Grund für den bisherigen Verzicht: Vergleichsportale greifen den Versicherern beim Vertragsabschluss besonders tief in die Tasche. Wie die FAZ aus Branchenkreisen erfahren haben will, bekommen die Online-Anbieter 100 Euro und mehr für den Vertragsabschluss einer Kfz-Versicherung. Und: in jeder Wechselsaison werben die Portale teils aggressiv dafür, den Anbieter zu wechseln. Dann werden erneut Abschlusskosten fällig.

Die happigen Provisionen sind auch ein Grund, weshalb der Marktführer HUK-Coburg als größter Konkurrent der Allianz weiterhin darauf verzichtet, seine Policen bei Verivox, Check24 und Co. listen zu lassen. Wie ein HUK-Sprecher gegenüber „Euro am Sonntag“ bestätigte, wollen die Franken auch in der kommenden Wechselsaison ihre Autotarife nicht über Vergleichsportale vertreiben.

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„Das Geschäftsmodell der Vergleichsportale zielt darauf ab, dass die Kunden jedes Jahr ihre Versicherung wechseln, weil dann die Provisionen fließen. So wird, angetrieben durch immer neue Provisionen, eine Preisspirale befeuert, die den Versicherungsschutz am Ende für alle Kunden teurer macht“, sagte Klaus-Jürgen Heitmann, Vorstandssprecher der HUK-Coburg, bereits Anfang des Jahres in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Er wolle nicht „den Wechselautomaten mit immer neuen Provisionen füttern“.

Check24 ist weiter außen vor

Für Verstimmung könnte die neue Strategie der Allianz bei den Vertretern des Versicherers sorgen. Rund 4.000 Agenturen bekamen soeben eine wichtige Bestandsvergütung ersatzlos gestrichen: die sogenannte Bestandssicherungsprovision (BSP). Der Bonus wurde immer im Februar für das vergangene Geschäftsjahr gezahlt, wenn der Vermittler ein besonders niedriges Storno an Verträgen hatte: ein Indiz für treue und zufriedene Kunden. Wie der Versicherungsbote aus Vertreterkreisen erfuhr, wird die Provision zuletzt im Februar 2019 gezahlt und soll dann ganz entfallen (der Versicherungsbote berichtete).

Die Allianz begründete den Wegfall der Provision gegenüber ihren Vertretern damit, dass sie Vertriebskosten senken will, um mehr Geld für notwendige Digitalisierungs-Projekte zu haben. Nun also ist sie bereit, alternativ die vergleichsweise teuren Courtagen für Vergleichsportale zu zahlen? Bei den rund 8.000 Vertretern dürfte das erneut für Missmut sorgen. Die Kfz-Versicherung gilt als wichtiger Türöffner, um Kundinnen und Kunden auch auf andere Verträge ansprechen zu können. Allerdings sind die Autopolicen schon heute auf der Webseite der Allianz online abschließbar.

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Kampf um Marktführerschaft

Warum nun der Sinneswandel erfolgt, wollten die Münchener gegenüber „Euro am Sonntag“ nicht kommentieren. Fest steht: es tobt ein erbitterter Kampf um die Marktführerschaft in der Kfz-Sparte. Aktuell hat die Allianz mit knapp 8,3 Millionen Policen zum Jahresende 2017 das Nachsehen gegenüber der HUK, die 11,6 Millionen Fahrzeuge versichert. Mehrfach hat die Allianz deutlich gemacht, dass sie sich mit der Rolle als Nummer zwei auf dem Markt nicht zufrieden geben will.

Deshalb hat die Allianz zur letztjährigen Wechselsaison die eigenen Tarife komplett runderneuert. Sie wurden deutlich vereinfacht und bieten zusätzliche Bausteine, die optional hinzu- oder abgewählt werden können. Mit dem Baustein „WerterhaltGarantie“ lässt sich zum Beispiel die Neupreisentschädigung bei frisch gekauften Fahrzeugen auf 60 Monate ausdehnen (der Versicherungsbote berichtete).

Mit den neuen Tarifen kann die Allianz erste Erfolge vorzeigen. Im vergangenen Jahr habe man insgesamt 150.000 Fahrzeuge hinzugewinnen können, teilte der Versicherer am Freitag per Pressetext mit. Rund 30 Prozent der neuen Kfz-Kunden seien Neukunden bei der Allianz. Nun soll das Angebot auf gewerbliche Kleinflotten ausgedehnt werden (der Versicherungsbote berichtete). Ob das allerdings reicht, um der HUK den Thron streitig zu machen, darf bezweifelt werden. Bereits zum Jahresanfang vermeldeten die Coburger ein Plus von 400.000 Fahrzeugen, ohne dass die Wechselsaison komplett ausgewertet wurde. Vielleicht auch deshalb nun der Vertrieb über Verivox: Man darf annehmen, dass der Versicherer sich deutlich mehr Wachstum in der Auto-Sparte erhofft.

Immerhin: Die Kooperation mit Verivox ist vorerst befristet und läuft nur bis zum 30. November, so berichtet "Euro am Sonntag". Das Magazin zitiert einen Sprecher der Allianz: "Damit wollen wir mehr über die Bedürfnisse unserer Zielgruppe erfahren". Es darf aber vermutet werden, dass bei einem erfolgreichen Testlauf die Partnerschaft dauerhaft festgeschrieben wird. Auch ein Sprecher von Verivox habe demnach bestätigt, dass das Portal an einer langfristigen Kooperation interessiert sei.

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Verivox soll vorerst das einzige Vergleichsportal sein, bei dem die Allianz die hauseigenen Tarife ins Schaufenster stellt. Soll heißen: Der Marktführer Check24 bleibt vorerst außen vor.

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