Der Bundesfinanzhof hat die betriebliche Krankenversicherung gestärkt
Der Bundesfinanzhof hat im Sommer ein Urteil zugunsten der betrieblichen Krankenversicherung (bKV) gefällt: Sie soll denselben Status erhalten wie andere Sach-Leistungen des Arbeitgebers auch. Beiträge, die der Arbeitgeber zahlt, können so steuerfrei bleiben (Urteile vom 07.06.2018 und vom 04.07.2018, Az.: VI R 13/16; VI R 16/17). Doch wie wirkt sich das in der Praxis aus? Darüber sprach der Versicherungsbote mit Daniel Schmalley, Leiter des Kompetenzcenters Firmenkunden der Barmenia.
Versicherungsbote: Die betriebliche Krankenversicherung soll denselben Status erhalten wie Sachleistungen des Arbeitgebers, so hat der Bundesfinanzhof entschieden. Was hat sich Stand heute durch das Urteil geändert?
Anzeige
Daniel Schmalley: Finanziell noch nichts – denn das Bundesfinanzministerium muss das Urteil noch umsetzen. Aber die Entscheidung des Gerichts setzt ein wichtiges Signal: Es stärkt die Position bKV weiter und erkennt indirekt an, dass sie ein wichtiges Personalinstrument ist. Konkret können Sach-Leistungen – inklusive der bKV – bis zu einer Grenze von 44 Euro im Monat steuerfrei bleiben, so die Richter.
Mancher Arbeitgeber hat diese Freigrenze vielleicht schon für andere Leistungen ausgeschöpft…
Das kann sein, ja, aber auch bei anderen Leistungen, die Mitarbeitern wichtig sind, würden sich Arbeitgeber sicher nicht abschrecken lassen. Die Signalwirkung des Urteils dürfte jetzt dazu führen, dass sich weitere Vermittler für den bKV-Markt interessieren. Denn die Entscheidung bedeutet Rückenwind für die bKV: Es schafft ihre Benachteiligung gegenüber anderen Instrumenten endlich ab.
Das alles erfolgt vor dem Hintergrund enormer Mühen in Unternehmen, Top-Mitarbeiter zu finden und zu halten. Ende September haben die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute sogar ihre Wachstums-Prognose für Deutschland deutlich senken müssen, um 0,4 Prozent-Punkte für 2018 – aus zwei Gründen: Den Handelskonflikten und eben dem Fachkräftemangel. Ich glaube daher nicht, dass die primäre Sorge der Unternehmen steuerliche Freigrenzen sind – und dennoch ist das Urteil symbolisch bedeutend.
Dann müssten sich Unternehmen wie Vermittler ja auf die bKV stürzen; allerdings hört man auch gelegentlich die Beschreibung „nicht ganz leicht“, wenn von dem Geschäft die Rede ist.
Ich fände den Begriff „langfristig“ treffender: Man muss dieses Personalinstrument gut erklären – Unternehmen wie Mitarbeitern. Und man muss es auf die Bedürfnisse der jeweiligen Interessenten zuschneiden, das machen Sie nicht an einem Tag. Aber das ist ein Geschäft, das sich über die Strecke lohnt und das bereits heute wächst: Wir sehen auch unabhängig von dem Urteil steigendes Interesse bei Firmen – nicht nur, weil Mitarbeiter es attraktiv finden, Zusatz-Leistungen auf Privatpatienten-Niveau zu erhalten. Sondern auch, weil Gesundheit im Betrieb ein immer wichtigeres Thema wird. Die Zahl der Krankentage hat sich zuletzt deutlich erhöht: Von 2008 bis 2016 stieg der Krankenstand in Unternehmen und Behörden um 60 Prozent, gerade auch aufgrund psychischer Belastungen. Experten beziffern den volkswirtschaftlichen Schaden auf 75 Milliarden Euro im Jahr.
Wie genau liefert die bKV hier Antworten?
Anzeige
Einige Beispiele: Eine Erschöpfungs-Vorsorge ermöglicht es Mitarbeitern, vertrauliche Coachings und Beratungsgespräche mit Experten in Anspruch zu nehmen, idealerweise lange, bevor ernsthafte Krankheiten wie ein Burn-Out auftreten. Die Manager-Vorsorge hilft Führungskräften, die besonderen Belastungen ausgesetzt sind. Telemedizin ergänzt das Angebot und sorgt dafür, dass Beschäftigte auch auf Dienstreisen versorgt sind und nicht unnötig in Wartezimmern sitzen, sondern von überall per Telefon oder Video mit einem Arzt Beschwerden abklären können. Und nicht zuletzt sind umfassende Vorsorge-Untersuchungen für Mitarbeiter individuell auf Alter und Geschlecht abgestimmt – was hilft, Krankheiten früh zu erkennen und Ausfalltage zu reduzieren. Vermittler haben also gewichtige Argumente – aufgrund des gravierenden Fachkräftemangels heute mehr denn je. Mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs kommt nun ein weiteres Argument hinzu.