Bis zu 95 Prozent aller Kaufvorentscheidungen fallen heute im Web. Immer mehr Anschaffungswillige steuern dabei zunächst die webbasierten O-Töne Dritter an. Hierzu greifen Interessenten auf durchschnittlich zehn Webinhalte zu, bevor sie eine Entscheidung treffen. In Fachforen folgt man den Diskussionen der User. Im Social Web forscht man nach Referenzen. Auf Bewertungsportalen zählt man Sterne.

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Keynote-Speakering und Marketing-Expertin Anne M. Schüller. Ihr Buch "Touch.Point.Sieg. Kommunikation in Zeiten der digitalen Transformation" widmet sich dem Advocacy Marketing.Man sucht nach Produkttests und Preisvergleichen - und nach Erfahrungsberichten. Verstärkt spielen diese eine Schlüsselrolle im Kaufprozess. Wenn neun von zehn Kunden dazu raten, besser die Finger von einer Sache zu lassen, können selbst Werbemillionen nichts mehr bewirken. Echte Empfehlungen sind die ehrlichste Form der Kommunikation, weil sie für die Qualität eines Marktplayers bürgen.

Advocacy Marketing, also das systematische Gewinnen von Kundenfürsprache, ist demnach das erste Mittel der Wahl. Wer profitables Neugeschäft will, für den sind alle Formen von WoM, also Word of Mouth, heute ein Muss. Wie Nielsen weltweit herausfand und das Schaubild eindrücklich zeigt, vertrauen wir vor allem dem, was Customer Advocates sagen. Was Anbieter selbst über sich sagen, liegt weit zurück.

Die Fürsprache von Customer Advocates muss man sich verdienen

Positive Mundpropaganda steht am Ende einer guten Kundenbeziehung und immer öfter auch am Anfang eines Kaufprozesses. „Sei wirklich gut und bring die Leute dazu, dies engagiert weiterzutragen!“, so lautet das neue Business-Mantra. Doch nur herausragende Leistungen erhalten großartige Mundpropaganda. Durchschnitt wird niemals empfohlen. Fürsprache muss man sich also zunächst verdienen.

Ein Unternehmen kann gar nicht genug aktive Empfehler haben, weil sie über dessen Zukunft maßgeblich mitentscheiden. Sie rekrutieren sich vor allem aus dem Kreis der loyalen Stammklientel. Wer sich voll und ganz mit „seinem“ Anbieter identifiziert und sich ihm hochgradig verbunden fühlt, der wird ihm bei Fehlern verzeihen, ihn vor Angreifern schützen und seinem Umfeld wärmstens empfehlen.

Anbieter, die Advocacy Marketing aktiv betreiben, warten nicht in aller Bescheidenheit, bis sie rein zufällig empfohlen werden. Sie treiben den Empfehlungsprozess vielmehr systematisch voran. Dazu gehört das Suchen und Finden von Menschen, die weiterempfehlen können und wollen. Dazu gehört die Hege und Pflege der Menschen, die bereits empfehlen - und das Hätscheln der Empfehlungsempfänger.

Advocacy Marketing stützt sich auf Spitzenleistungen und Sympathie

Advocacy Marketing stützt sich auf Spitzenleister, die Spitzenleistungen erbringen, sowie auf Superlative, Vertrauen, Begeisterung und Sympathie. Zudem braucht es Wissen, Tools und einen Plan. Denn selbst die enthusiastischsten Kunden denken leider nicht zwangsläufig und vollautomatisch daran, sich mit großartiger Mundpropaganda zu bedanken. Aus zufälligen Empfehlungsgesprächen müssen also absichtliche werden.

Demnach muss das Schaffen und Gestalten von guten Empfehlungsgründen sich zur Daueraufgabe im gesamten Unternehmen entwickeln. Dies kann Ihre Vertriebsaktivitäten kräftig unterstützen, Sie vor Preisattacken bewahren, die mühsame Neukundenakquise maßgeblich erleichtern und eine Menge Werbekosten sparen. Die entscheidende Frage: Wie mache ich unsere Kunden zu Top-Verkäufern unserer Angebote?

Aktive Customer Advocates sind die wahren Treiber einer positiven Unternehmensentwicklung. Denn das Weiterempfehlen bringt nicht nur gutes Neugeschäft, es stärkt auch die Loyalität. So konnte nachgewiesen werden, dass sich Kunden nach Abgabe einer Empfehlung dem Unternehmen in stärkerem Maße verbunden fühlen.

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Zudem hat sich gezeigt, dass das Aussprechen einer Empfehlung eine positive Wirkung auf die eigene Wiederkaufabsicht hat. Die, die ein Unternehmen mit Inbrunst und Leidenschaft weiterempfehlen, werden dieses also kaum mehr verlassen. So kommt man schließlich zu Kunden mit quasi eingebauter Bleibe-Garantie.

Die Advocacy Analyse: Wer hat Sie bisher schon mal empfohlen?

Jedes Unternehmen, das gut am Markt unterwegs ist, hat bereits eine Menge Empfehler, meist ohne dies zu wissen. Bevor wir uns also daranmachen, neue Empfehler aufzubauen, gilt es zunächst, die Empfehler zu finden, die man schon hat. Dazu ist zunächst herauszufinden, welche Kunden Sie aufgrund einer Empfehlung gewonnen haben. Die können Ihnen dann sagen, wer der Empfehler war.

Ermitteln Sie außerdem, welche spezifischen Leistungen ein Empfehler empfohlen hat. Denn auf diese Leistungen wird der Empfehlungsempfänger besonders achten. Hier sind seine Erwartungen hoch. Eine Enttäuschung fiele nicht nur negativ auf Sie, sondern auch auf den Empfehler zurück. Und das wollen Sie nicht nur sich selbst, sondern vor allem Ihrem Fürsprecher ersparen.

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Mit diesen Fragen spüren Sie Empfehlungen auf:

  • Wo haben Sie eigentlich zuallererst von uns erfahren? Oder:
  • Wie sind Sie ursprünglich auf uns aufmerksam geworden? Oder:
  • Wer/was hat Sie bei Ihrer Entscheidung am stärksten beeinflusst?

Eine dieser Fragen sollte grundsätzlich jedem Erstkäufer gestellt werden, soweit es die Situation erlaubt. Wollen Sie die Erhebung zum ersten Mal machen, geht dies am besten im Rahmen einer speziellen Telefonaktion. Ferner können Sie Ihre Kunden auch im Zuge von Betreuungsaktivitäten beiläufig fragen.

Ein kleiner Hinweis: Die Worte „ursprünglich“ und „zuallererst“ sind wichtig, da heutzutage die meisten Kunden auf vielfältige Weise mit einem Anbieter in Berührung kommen. So finden Sie schnell heraus, wie Ihre (neuen) Kunden auf Ihr Unternehmen gestoßen sind, welche Ihrer Angebote herausragende Dienste leisten, welche Quellen bei der Recherche vorrangig benutzt worden sind und welche nicht.

Aus welchen Gründen hat man Sie weiterempfohlen?

War eine Empfehlung im Spiel, dann wollen Sie wissen, weshalb man Sie bereits empfohlen hat. Denn daraus kann man eine Menge lernen. Hierzu fragen Sie so:

  • Was hat der Empfehler über uns/unser Produkt/unsere Lösung/unseren Service denn so gesagt?
  • Und jetzt bin ich, wenn Sie erlauben, mal ganz neugierig: Wer war das denn, der uns empfohlen hat?

Über die erste Frage erhalten Sie Hinweise darauf, was aus Sicht des Marktes besonders erfolgversprechend ist und in welche Richtung Sie Ihre Angebotspalette weiterentwickeln können. Über die zweite Frage bekommen Sie die Namen Ihrer Influencer, Meinungsmacher, Botschafter, Promotoren und aktiven Empfehler heraus.

Sie konnten den Namen eines Empfehlers erfahren? Fantastisch! Selbst dann, wenn die Sache schon länger zurückliegen sollte: Kontaktieren Sie ihn! Und bedanken Sie sich überschwänglich für seine Empfehlung, denn sie ist ein Geschenk: an den, der den Hinweis erhielt - und an das empfohlene Unternehmen, also Sie. Sagen Sie Ihrem Empfehler wenn möglich, auch, was aus seiner Empfehlung geworden ist.

Außerdem: Wertschätzen Sie die Person, die Sie durch ihn gewonnen haben. Das kann sich beispielsweise so anhören: „Ich muss schon sagen, Sie kennen interessante/einflussreiche/angenehme Leute.“

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Dazu kann sich eine kleine (!) Belohnung gesellen. Menschen verstärken Verhalten, für das sie Aufmerksamkeit und Anerkennung erhalten. Und mehr noch: Wenn wir von jemandem etwas geschenkt bekommen, fühlen wir uns ihm verpflichtet. Psychologen nennen das den Reziprozitätseffekt. So wird womöglich am Ende aus Ihrem Einmalempfehler ein Super-Customer-Advokat, also jemand, der Sie ständig weiterempfiehlt.

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