Warum die Concordia bei Online-Maklern auf eine Unterschrift des Kunden beharrt
Wenn Verbraucher eine Versicherung über Online-Makler wie Clark abschließen, akzeptiert die Concordia die daraus resultierende Maklervollmacht nicht - es sei denn, es liegt eine handschriftliche Unterschrift des Kunden vor. Im Netz sorgt das für Kritik. Aber die Zurückhaltung hat Gründe - die auch bei dem InsurTechs und ihren Geschäftsmodellen selbst zu suchen sind.
Online-Makler wie Clark werben damit, dass man bei ihnen schnell und unkompliziert einen Versicherungsvertrag per Mausklick abschließen kann. Wie ein Anachronismus aus vergangenen Zeit wirkt da ein Anschreiben der Concordia an Kunden, das vor wenigen Tagen bei Twitter die Runde machte. Eine Maklervollmacht von Clark will der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit demnach nicht akzeptieren - weil sie nur in digitaler Form und nicht handschriftlich vorliegt.
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“Von Fintech-Unternehmen ausschließlich Maklervollmacht mit Originalunterschrift“
Konkret heißt es in dem Schreiben, datiert auf den 8. Oktober: „Sehr geehrter Herr Weiß, über den Maklerpool Qualitypool GmbH, Hansestraße 14 in 23558 Lübeck wurde uns die zwischen Ihnen und dem Makler Clark (Fintech-Unternehmen) erstellte Maklervollmacht in Kopie eingereicht. Aufgrund einer gesellschaftsinternen Abstimmung in unserem Haus wurde beschlossen, dass wir von Fintech-Unternehmen ausschließlich Maklervollmachten mit Original-Unterschrift des Kunden akzeptieren. Der Makler wurde darüber informiert, dass somit vorerst keine Übertragung erfolgen wird.“ Unterschrieben hat das Schreiben unter anderem Carsten Gotthardt, Regionaldirektor der Maklerorganisation.
“Liebe Concordia, so werdet Ihr den Fortschritt nicht verhindern, sondern nur Eure Kunden verärgern“, schreibt Stefan Weiß, an den das Schreiben selbst adressiert ist. Und der sich auf seinem Twitter-Profil selbst als „Internet Pionieer, Entrepreneur and Advisor“ vorstellt. Weiß arbeitet für die Jambit GmbH - 1999 als Start-Up gestartet, bietet das Unternehmen selbst Lösungen für verschiedene Branchen, damit die Endkunden online im Netz kaufen und Services nutzen können. Mittlerweile beschäftigt das Münchener Unternehmen nach eigener Darstellung mehr als 260 Mitarbeiter. Hier spricht also einer, der an die Zukunft von Start-ups und InsurTechs glaubt - „Where Innovation works“, ist der Slogan des Techkonzerns.
Liebe Concordia, so werdet Ihr den Fortschritt nicht verhindern, sondern nur Eure Kunden verärgern. #fintech #Insurtech @ClarkGermany pic.twitter.com/UcPp1DNwOh
— Stefan Weiß (@weiss2go) 12. Oktober 2018
Rückabwicklungen von bis zu 90 Prozent
Der Versicherungsbote hat die Concordia mit dem Ablehnungs-Schreiben konfrontiert. Ist die Concordia ein Versicherer, der besonders gestrig ist und noch Aktenberge stapelt? Ein Versicherer, der dem Kunden bewusst Steine in den Weg legt, wenn er online abschließen will - und sich gegen den Fortschritt stellt? Mitnichten, antwortet Michael Vieregge, Mitglied der Geschäftsführung. Man kooperiere selbst mit Insurtechs und Start-ups und digitalisiere auch die eigenen Angebote.
Warum man dennoch auf eine handschriftliche Unterschrift bei Fintechs beharre, begründet Vieregge eben genau mit der Verärgerung der Kunden. Aber anders, als sich der Tech-Experte das vorstellt. Hier sei daran erinnert, was passiert, wenn ein Kunde Clark nutzt: Clark wird dann der Versicherungsmakler des Kunden, mit allem, was dazu gehört. Und der Kunde verliert seinen alten, persönlichen Ansprechpartner: im Zweifel den Makler vor Ort. Ein Umstand, der den Online-Maklern den Vorwurf eingebracht hat, sie seien Bestandsräuber.
Dass der Kunde aber mit Clark einen neuen Makler bekommt, sei ihm oft nicht bewusst. Online-Makler würden sie im Kleingedruckten verstecken, dass eine Bestandsübertragung stattfinde, kritisiert Vieregge. Oft würden die Kunden denken, sie erhalten per App einfach einen digitalen Ordner, mit dem sie per App ihre Verträge verwalten können.
„Wir haben stichprobenartig Kunden angefragt und bei 90 Prozent der Befragten festgestellt, sie wissen gar nicht, dass sie ihren alten Betreuer verlieren und fortan von einem neuen Makler betreut werden. Mittlerweile hat sich diese Zahl auf 40 Prozent reduziert. Dennoch: Für uns und die Kunden bedeutet das Ärger, weil wir dann alles zurückdrehen müssen“, berichtet Vieregge. Hier mahnt der Vorstand mehr Transparenz an: Die Online-Makler sollen ihr Geschäftsmodell transparenter gegenüber den Kunden kommunizieren.
Auf Startseite kein Hinweis auf Maklerstatus
Wer die Webseite des InsurTechs Clark öffnet, der findet zunächst keinen direkten Hinweis darauf, dass es sich um einen Versicherungsmakler handelt. „Versicherungen so einfach wie noch nie“, heißt es auf der Startseite. Ein Testsiegel von Focus Money verkündet, dass Clark als „Fairster digitaler Versicherungsexperte“ ausgezeichnet worden sei: ein unscharfer Begriff, der keinen Rückschluss auf den Maklerstatus erlaubt.
Auch sonst zunächst keinen Hinweis auf den Vermittlerstatus. Man helfe, „Versicherungen zu managen“, biete eine „Versicherungsübersicht“, damit der Kunde „alles auf einen Blick“ überschauen könne, „Beratungsalgorithmen“ analysieren „den gesamten Versicherungsmarkt für dich“, so wird der Kunde angesprochen. „Auf Wunsch beraten dich persönliche Experten“, heißt es weiter - welche Qualifikation sie haben, steht da nicht.
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Branchenbeobachter aber wissen: Clark ist Versicherungsmakler. Wenn Kundinnen und Kunden die Dienste des InsurTechs nutzen wollen, müssen sie ihre Versicherungen auf den Makler übertragen. Und damit verlieren sie auch ihren alten Makler oder Vertreter als Ansprechpartner, der sie bisher betreut hat. Das geschieht einfach per App, schnell und unkompliziert. Und oft auch, ohne dass der Kunde um die Konsequenzen weiß.