Verschiedene Möglichkeiten sind denkbar, die Attraktivität eines Arbeitgebers zu erfragen. Umfragen durch Interviews oder Fragebögen stehen aber oft vor dem Problem, dass Menschen nur bedingt ehrlich antworten, da sie negative Konsequenzen durch den Arbeitgeber fürchten. Auch erhält man oft nur Auskünfte kleiner Stichproben, Interviewbögen geben Tendenzen der Antworten häufig ungewollt vor. Ein Problem solcher Umfragen: eine künstlich herbeigeführte Fragesituation.

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Ein neuer Weg aber der Meinungsforschung wird über eine dankbare Ressource des Internet möglich: den digitalen Text. Können durch Hilfe neuer technischer Werkzeuge und Verfahren doch digitale Texte schnell erfasst und ausgewertet werden, wodurch auch das „Einsammeln“ vieler Daten und Informationen immer einfacher wird. Die Äußerungen über einen Arbeitgeber geschehen im Netz auch oft wesentlich spontaner und "unvermittelter", werden zum Teil "ausgeplaudert". Dies machte sich nun die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) zunutze, um über eine umfangreiche Datenanalyse die Attraktivität deutscher Arbeitgeber zu erforschen.

15 Millionen Aussagen wurden in Wertung einbezogen

Für die Studie „Deutschlands begehrteste Arbeitgeber 2018“ wertete der Marktforscher, zusammen mit dem Partner Ubermetrics Technologies, 15 Millionen Aussagen im deutschsprachigen Internet zu Unternehmen und dessen Produkten und Services aus. Wie schneiden die 5.000 größten deutschen Unternehmen aus 132 Branchen ab, wenn man über das „Social Listening“ die öffentlichen und ohne Bezahlschranken zugänglichen Internetseiten „belauscht“? Gesucht wurde auf Twitter und Facebook, in Online-Medien und Foren, Blogs, Communities und auf Bewertungsplattformen.

Zur Krönung des beliebtesten Arbeitgebers wurden alle deutschsprachigen Texte, sobald sie relevante Suchbegriffe enthielten, in einer Datenbank erfasst (außer .at und .ch). Dann wurden die Texte über einen weiteren Partner der Studie, Beck et al. Services, in Fragmente mit eigenständigem Sinn zergliedert und durch verschiedene IT-Verfahren bearbeitet, bis sie sich fünf Reputationsfaktoren zuordnen ließen:

  • Arbeitgeber-Performance
  • Performance des Managements
  • Wirtschaftliche Performance
  • Performance bei Produkten und Services
  • Performance in der Nachhaltigkeit.

Aussagen zu diesen Faktoren konnten positiv, negativ oder wertneutral sein. Als wesentlicher Faktor für die Studie wurde die „Arbeitgeber-Performance“ mit 50 Prozent für die Bewertung der Arbeitgeber gewichtet, die anderen Faktoren flossen mit jeweils 12,5 Prozent ein. So ergab sich eine Rangliste, die durch eine Sonderbeilage der FAZ am 8. November diesen Jahres veröffentlicht wurde.

Die Rangliste der Versicherer: Continentale vor Volkswohl Bund und Lebensversicherung von 1871

Dreizehn Unternehmen der Versicherungsbranche erscheinen in der Tabelle der Studie „Deutschlands begehrteste Arbeitgeber 2018“. Und glaubt man der vorgestellten Methode des „Social Listening“, dann ist der Continentale Versicherungsbund der begehrteste Arbeitgeber unter den deutschen Versicherern. Auch freut sich die Volkswohl-Bund-Gruppe über einen prestigeträchtigen zweiten sowie die Lebensversicherung von 1871 a.G. München über einen guten dritten Platz.

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Auf Rang vier landen die Provinzial Nordwest, auf Rang fünf die Provinzial Rheinland. Es folgen: Die VHV auf Rang sechs, Signal Iduna auf Rang sieben, die Alte Leipziger auf Rang acht. Deutschlands größter Erstversicherer, die Allianz Versicherung, muss sich mit Rang neun begnügen. Dahinter auf Platz zehn (und damit schon im Hinterfeld) platziert sich die Gothaer Versicherung.

Die Schlusslichter unter den Arbeitgebern

Über wen aber wird tendenziell negativer geplauscht im Internet, geht es um Versicherer als Arbeitgeber? Im Sinne des Rankings betrifft das die Itzehoer Versicherung mit Rang elf und die Württembergische Versicherung mit Rang zwölf des Rankings. Gezwungenermaßen aber den letzten Platz aller aufgezählten Versicherer müssen sich zwei Unternehmen teilen, gemeinsam auf Rang dreizehn: die Swiss Life sowie der Axa-Konzern.

Die Studie des F.A.Z.-Institutes erlaubt jedoch die Frage, warum nur diese zwölf Anbieter im Ranking auftauchen - ist dies den Schwächen des Online-Suchverfahrens geschuldet? Immerhin 528 zugelassene Erstversicherer auf dem deutschen Markt zählte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) für das Jahr 2017. Nach Angaben der Studienmacher handelt es sich um die größten Anbieter, ohne dass ausgewiesen wird, wie die Größe ermittelt wurde. Dass Namen wie Ergo, HUK, Generali oder andere große Anbieter im Ranking fehlen, hinterlässt doch einen fahlen Beigeschmack.

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Die Branche hat es schwer

Dass es die Versicherungsbranche mit der Nachwuchsgewinnung allgemein schwer hat, wird immer wieder durch Studien und Statistiken bewiesen. So ergab eine erst im Oktober diesen Jahres veröffentlichte Umfrage unter 18.000 jungen Arbeitnehmern mit akademischen Abschluss, das „Young Professionals Barometer“ der Trendence Institut GmbH: Mehr als jeder dritte Universitäts-Absolvent würde sich auf keinen Fall bei Banken und Versicherungen bewerben, wenn sie einen Job suchen. Damit ist keine Branche so unbeliebt bei dieser Zielgruppe.

Keinesfalls wirken diese Ergebnisse aus der Luft gegriffen – in der Branche wird kontinuierlich ein Nachwuchsmangel beklagt (der Versicherungsbote berichtete). Unter anderem schwindet die Zahl der Versicherungsvermittler: Waren vor sieben Jahren noch 263.000 Versicherungsvermittler bei den Industrie- und Handelskammern (IHKen) registriert, so sank ihre Zahl im Oktober 2018 auf 204.000 Vermittler. Der Trend dürfte sich durch das hohe Durchschnittsalter der Vertriebler beschleunigen: Viele werden in den kommenden 10-15 Jahren in den Ruhestand wechseln.

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Arbeitgeber-Rankings variieren stark

Umfragen wie das „Young Professionals Barometer“ zeigen zudem: Die Ergebnisse der Arbeitgeber-Rankings können, je nach Methode, sehr verschieden ausfallen. Die Letztplatzierte des FAZ-Rankings, die AXA, schaffte es im „Young Professionals Barometer“ auf Rang drei der beliebtesten Arbeitgeber (der Versicherungsbote berichtete). Mit Abstand Top-Arbeitgeber aber wurde laut „Young Professionals Barometer“: die Allianz, die es in der FAZ-Studie nur auf Rang neun von 14 Versicherern schaffte.

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