Den Kranken- und Pflegekassen erhalten immer häufiger externe Hinweise auf Fehlverhalten von Leistungserbringern, etwa von Ärzten, Apotheken und Pflegediensten. Das berichtet der GKV-Spitzenverband am Donnerstag. Die Kassen haben spezielle Fehlverhaltensbekämpfungsstellen eingerichtet, um solchen Verdachtsmomenten nachzugehen. Vor allem geht es um Abrechnungsbetrug und Korruption. Bei Verdacht auf eine strafbare Handlung schalten die Stellen einen Staatsanwalt ein. Der aktuelle Bericht zur Bekämpfung von Fehlverhalten kann auf der Webseite des Verbandes heruntergeladen werden.

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Anstieg externer Hinweise um 49 Prozent

Laut GKV-Spitzenverband habe sich die Zahl externer Hinweise im Berichtszeitraum 2016/2017 gegenüber dem Zeitraum 2014/2015 von 16.764 auf 25.039 erhöht. Das bedeutet ein Plus von 49 Prozent. Die häufigsten Meldungen betreffen mittlerweile den Pflege-Bereich, berichtet Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes. Hierbei gelte es zu bedenken, dass das Fehlverhalten von Zahnärzten und niedergelassenen Ärzten nicht einmal erfasst werde: Für diese Fälle seien die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen zuständig, also deren eigene Institutionen.

Doch Kiefer kann den steigenden Zahlen sogar etwas Positives abgewinnen. „Die Zahlen sind ein auch Beleg dafür, dass die vom Gesetzgeber im letzten Berichtszeitraum geänderten Rahmenbedingungen erste Wirkung entfalten und Fehlverhalten besser erkannt und häufiger aufgedeckt wird“, erklärt der Diplom-Sozialwirt.

Unter anderem hat die Bundesregierung mit dem „Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen“, in Kraft getreten im Juni 2016, eine wichtige Gesetzeslücke im Strafgesetzbuch geschlossen. So gilt nun auch die Bestechlichkeit bei Heilberufen als strafbar, was zuvor nicht in jedem Fall gegeben war. Artikel 3 des Gesetzes verpflichtet die Kassen und ihre Verbände zudem zu mehr Zusammenarbeit und Austausch, wenn es darum geht Korruption zu bekämpfen.

GKV-Kennzahlen zum Fehlverhalten im Gesundheitswesen. Berichtszeitraum 2016/17. Quelle: gkv-spitzenverband.de

Auch deutlich mehr Strafanzeigen

Auch der Staatsanwalt musste weit häufiger eingeschaltet werden. In 3.371 Fällen wurde 2016/17 ein Strafantrag von den Antikorruptions-Stellen gestellt: das sind 342 Fälle bzw. elf Prozent mehr als im letzten Erhebungszeitraum. In den Jahren 2012/13 wurden gar nur 2.113 Strafanzeigen gezählt: Ein Anstieg binnen vier Jahren um 59 Prozent.

Auffallend sei, dass immer noch weitaus weniger interne Meldungen die Antikorruptions-Stellen der Krankenkassen erreichen, heißt es in dem Bericht des GKV-Spitzenverbandes. Ganze 8.002 Fälle gingen hier ein. Eine mögliche Ursache: die Insider fürchten Maßnahmen durch den Arbeitgeber.

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Diesbezüglich appelliert der Verband an die Bundesregierung, dass Whistleblower per Gesetz besser geschützt werden müssten, etwa vor der Gefahr eine fristlosen Kündigung oder anderen disziplinarischen Maßnahmen. "Die bestehende gesetzliche Regelungslücke führt gegenwärtig zu einer nicht unerheblichen Rechtsunsicherheit für Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber“, heißt es im Bericht.

Hohe Dunkelziffer vermutet

Abgeschlossen werden konnten im Erhebungszeitraum 24.172 Fälle, wovon einige noch aus früheren Berichtszeiträumen mitgetragen wurden (sogenannte "Bestandsfälle"). Ein Fall gilt als abgeschlossen, wenn ein Verdacht auf Fehlverhalten im Gesundheitswesen nachgewiesen bzw. nicht nachgewiesen wurde. Bei Strafverfahren ist es hierbei nicht ausschlaggebend, ob bereits ein Urteil erging. Es gilt der Wissensstand der Kassen anhand der verfügbaren Beweismittel, damit ein Fall zu den Akten gelegt werden kann. So können Rechtsstreite schon deshalb nicht bis zum Schluss verfolgt werden, weil es keine Mitteilungspflicht der Gerichte gegenüber den Kassen gibt, wenn Angehörige von Heilberufen verurteilt werden.

50 Millionen Euro flossen an Kassen zurück

Die Krankenkassen fordern auch Geld zurück, wenn sie zu Unrecht Leistungen auszahlten. Doch was wieder reinkommt, sind Peanuts im Vergleich zum Gesamtschaden. Knapp 50 Millionen Euro konnten als sogenannte Gesicherte Forderungen wieder eingetrieben werden.

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Zum Vergleich: Allein der Schaden im "Bottroper Apothekenskandal", bei dem ein Apotheker über Jahre Krebs-Medikamente verdünnte und falsch dosierte, wird von der Staatsanwaltschaft auf 50 Millionen Euro geschätzt. Schließlich musste der Verurteilte rund 17 Millionen erstatten - was er freilich auch nicht konnte. Es gelingt also nur, einen Bruchteil der Gelder wieder reinzuholen: der tatsächliche Schaden dürfte in die Milliarden gehen.

„Die Schadenswiedergutmachung scheitert meist daran, dass schlicht nichts zu holen ist, zum Beispiel aufgrund von Insolvenz. Von den dramatischen Folgen für die betroffenen Patientinnen und Patienten ganz abgesehen“, berichtet GKV-Funktionär Kiefer. Zudem geht das Bundeskriminalamt (BKA) von einem hohen Dunkelfeld bei derartigen Delikten aus. Mit anderen Worten: nur ein Bruchteil der Delikte wird überhaupt bekannt.

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Es fehle eine belastbare Dunkelfeldstudie in Deutschland, kritisiert der GKV-Verband, weshalb man auch keine Orientierung habe, wie hoch der Gesamtschaden durch Betrug im Gesundheitssystem sei. Auch dies ein Appell an die Bundesregierung: Sie hatte im schwarz-roten Koalitionsvertrag die hohe Relevanz der Dunkelfeldforschung hervorgehoben. In diesem Fall geht es konkret um das Geld der vielen Beitragszahler.

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