Herr Brokamp, ihre neue Studie zeigt, inwiefern die fortschreitende Digitalisierung die Kundenbedürfnisse beeinflusst. In unserem letzten Interview haben wir bereits über die Konsequenzen für den Vertrieb gesprochen. Aber was bedeuten diese Veränderungen für die Produktentwicklung?

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Das Sprichwort „Der Kunde ist König“ ist so wahr wie nie zuvor. Die neue Markttransparenz zwingt Versicherer, sich bei der Produktentwicklung sowie der aktuariellen Arbeit mehr und mehr am Markt zu orientieren. Das heißt: Was will der Kunde? Was braucht der Kunde? Welche Bausteine dürfen bei einem Produkt keinesfalls fehlen? Was sollte besser modularisiert und als optionales Add On angeboten werden? Denn auch der umfangreichste Deckungsumfang wird keinen Kunden finden, wenn er nicht den Bedürfnissen des Marktes entspricht. Doch auch der Blick auf die Konkurrenz wird zunehmend an Relevanz gewinnen. Also: Was bieten andere Versicherer und wie stehe ich im Vergleich dazu da?

Die Produktentwicklung der Zukunft geht weg vom statischen und hin zur dynamischen Deckung. Konkret bedeutet das: Ändern sich die Bedürfnisse der Kunden, müssen sich auch die Produkte ändern. Um das bewerkstelligen zu können ist eine genaue und regelmäßige Analyse des Marktes unverzichtbar. Mithilfe der Digitalisierung des Vertriebs und der Nutzung von neuen Analyse-Tools und Data-Analytics ist ein solches Monitoring aber schon heute möglich.

Doch nicht nur die Bedürfnisse des Kunden gilt es zu berücksichtigen, sondern auch die der unterschiedlichen Vertriebswege. Zum Beispiel bedienen Makler andere Kunden als beispielsweise Banken - und benötigen demnach auch unterschiedliche Produkte. Alle Points of Sale bedarfsgerecht auszustatten wird somit in Zukunft immer wichtiger werden.

Wie müssen Versicherer ihre Systeme anpassen um auch im digitalen Zeitalter weiter bestehen zu können?

Hier lautet das Stichwort Flexibilität. Der Vertriebsprozess verändert sich genauso wie die Kundenbedürfnisse. Die Touchpoints werden vielfältiger und der Prozess wechselt zwischen den Vertriebskanälen sowie on- und offline. Das heißt, Versicherer müssen ihre Systeme nicht nur auf einen einzelnen Vertriebskanal und Prozess ausrichten, sondern Unterstützung für alle Varianten bieten. Hier kommt es vor allem auf optimierte und gleichzeitig genormte Schnittstellen an. Um zukünftig allen Points of Sale digitale Tools zur Verfügung stellen zu können, müssen Versicherer schon heute in den Ausbau ihrer Schnittstellen investieren.

Welche Vorteile verspricht die Digitalisierung für Versicherer?

Kundenorientierter, modularer, kosteneffizienter: Wer die Digitalisierung richtig für sich nutzt, profitiert enorm. Den wohl größten Vorteil stellt neben der Prozess- und Serviceoptimierung hier die verbesserte Produktentwicklung dar. Nicht nur lassen sich Produkte mithilfe von Data Analytics genauer auf die Bedürfnisse des Kunden anpassen. Digitalisierte Produkte haben auch eine höhere Skalierung. Was bedeutet das genau? Im traditionellen Vertrieb wird jede Versicherung händisch bearbeitet. Bei 10.000 Anträgen ist das jede Menge Aufwand. Ist ein Produkt jedoch digitalisiert und kann dunkel verarbeitet werden, bleibt der Aufwand immer gleich – egal ob 10 Anträge oder 10.000. Und weniger Aufwand bedeutet auch verringerte Prozesskosten für den Versicherer. Wenn ich nun auch gleichzeitig einen besseren Prozess und Service anbieten kann, dann gewinnen alle Seiten.

Ein weiterer Vorteil: Dank digitaler Schnittstellen gehören Rückfragen und unzählige E-Mails schon bald der Vergangenheit an. Die dynamische Risikoerfassung sammelt alle relevanten Daten und die Dunkelverarbeitung ermöglicht eine schnelle Verarbeitung. Für Versicherer und Makler heißt das mehr Verträge und Service bei geringerem Zeitaufwand - und der Kunde profitiert zusätzlich von einem schnelleren und passenderen Versicherungsschutz.

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Die Fragen stellte Björn Bergfeld