Provisionsdeckel - Politiker von CDU und FDP sprechen sich dagegen aus
In ihrem Kampf gegen einen Provisionsdeckel in der Lebensversicherung können Versicherungsvermittler auch auf Unterstützung aus der Politik hoffen. Nicht nur die FDP spricht sie gegen eine gesetzliche Obergrenze für Provisionen aus - auch viele Finanzexperten der CDU, wie Unionspolitiker Carsten Brodesser auf dem AfW-Hauptstadtgipfel deutlich machte. Zumindest letzteres ist überraschend: Die schwarz-rote Bundesregierung macht sich für einen Deckel stark und will Anfang 2019 einen ersten Gesetzentwurf präsentieren.
Diese Woche bat der Bundesverband Finanzdienstleistung (AfW) zum 15. Hauptstadtgipfel in Berlin, wo neben Vorständen und Vermittlern aus der Finanz- und Versicherungsbranche auch wieder Politiker geladen waren. Diesmal war der drohende Provisionsdeckel für Lebensversicherungen das alles überragende Thema, so berichtet der Verband per Pressetext.
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Bei der Veranstaltung gab es durchaus überraschende Positionen. Auch weite Teile der CDU würden sich gegen einen solchen Deckel aussprechen, obwohl die Bundesregierung einen solchen explizit gefordert hatte und einen entsprechenden Gesetzentwurf vorantreibt, so machte CDU-Politiker Carsten Brodesser deutlich. Im ersten Quartal 2019 soll ein erster Vorschlag für ein Gesetz vorliegen (der Versicherungsbote berichtete).
Viele Vermittler befürchten deutliche Einnahmeverluste
Zu Beginn der Veranstaltung stellte AfW-Vorstand Frank Rottenbacher eine Sonderauswertung des jährlich durchgeführten Vermittlerbarometers vor. 1.340 Personen hatten sich beteiligt, weshalb Rottenbacher von „belastbaren Umfrageergebnissen“ sprach. Und die Ergebnisse hatten es in sich. In Bezug auf den Provisionsdeckel wurden die Teilnehmer danach gefragt, wie hoch der Umsatzrückgang bei einem Provisionsdeckel für sie voraussichtlich sein würde. Demnach erwarten Versicherungsvermittler einen durchschnittlichen Umsatzrückgang von 21 Prozent. Sollten auch biometrische Produkte vom Provisionsdeckel betroffen sein, wird sogar einen Umsatzeinbruch von 36 Prozent erwartet.
Hier sei daran erinnert, dass Versicherungsmakler keineswegs nur zu den Gutverdienern gehören. Knapp 40 Prozent müssen mit weniger als 25.000 Euro Gewinn im Jahr Vorlieb nehmen, so hatte bereits das Vermittlerbarometer 2017 gezeigt: damals beteiligten sich knapp 1.600 Personen an der Umfrage (der Versicherungsbote berichtete). „Diese dramatischen Zahlen belegen, warum wir uns als Bundesverband so vehement gegen einen Provisionsdeckel einsetzen“, sagte Rottenbacher mit Blick auf die drohenden Einbußen. Für viele Maklerbüros könnte es schlicht um die Existenz gehen.
Warum die Provisionen gedeckelt werden sollen, erläuterte auf der Veranstaltung Walter Wunsch, Experte aus dem Grundsatzreferat Lebensversicherung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Laut Evaluierungsbericht des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG), seit 2014 in Kraft, seien seither zwar die „kalkulierten Abschlusskosten“ um 21,8 Prozent gesunken. Die Provisionen hingegen nur um durchschnittlich 5 Prozent binnen vier Jahren. Zu wenig aus Sicht der BaFin. In Zeiten niedriger Zinsen seien die hohen Abschlusskosten den Versicherten nicht mehr vermittelbar, hatte sich die Finanzaufsicht bereits positioniert.
CDU-Finanzexperten lehnen Provisionsdeckel ab
Den überraschendsten Moment des Hauptstadtgipfels lieferte vielleicht Carsten Brodesser. Dieser ist CDU-Mitglied und dort als Finanzexperte unter anderem für die LVRG-Evaluierung zuständig. Er verwies darauf, dass die AG Finanzen der CDU mehrheitlich klar gegen einen Provisionsdeckel sei, da sie einen Provisionsdeckels als potentiell verfassungswidrig ansehe. Es verstoße gegen die Gewerbefreiheit nach Artikel 12 des Grundgesetzes.
Zugleich kritisierte Brodesser, dass die BaFin mit ihren öffentlichen Äußerungen als "Exekutivbehörde Politik mache“. Die Finanzaufsicht hatte im letzten Jahr als erstes öffentlich einen Provisionsdeckel eingefordert und will diesen notfalls ohne neues Gesetz umsetzen. Dabei beruft sich die Behörde auf den bereits bestehenden § 48a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG). Dieser Paragraph verbietet Versicherern stark vereinfacht, den Vermittlern Fehlanreize zu setzen, um Kunden ein unpassendes Produkt aufzuschwatzen. Als solcher Fehlanreiz könnten hohe Provisionen gewertet werden (der Versicherungsbote berichtete).
Ein Provisionsdeckel "würde vor allem die Makler treffen und damit sowohl Arbeitsplätze kosten, als auch die Versorgung der Bevölkerung mit Altersvorsorgeberatung gefährden", positionierte sich Brodesser überraschend deutlich gegen das Vorhaben. Der Politiker selbst war von 2010 bis 2017 als Regionaldirektor und Prokurist einer Bausparkasse tätig, kennt also den Finanzvertrieb. An die Adresse der BaFin gerichtet sagte er: Gesetze würde immer noch das Parlament verabschieden, nicht die Behörden.
FDP gegen Deckel
Wenig überraschend spricht sich auch die wirtschaftsliberale FDP gegen einen solchen Deckel aus. Diese war auf dem Hauptstadtgipfel mir Frank Schäffler vertreten, Diplom-Volkswirt und viele Jahre im Vertrieb der MLP AG tätig. Schäffler lehnt den Provisionsdeckel ab. Nach seiner Auffassung würde der § 48a VAG bereits ausreichen, um Fehlanreize bei der Vermittlung von Lebensversicherungen zu vermeiden.
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Im Hinblick auf eine mögliche BaFin-Aufsicht für Finanzanlagenvermittler warnte der FDP-Politiker vor einem „höheren vierstelligen Betrag“, den die betroffenen Vermittler dann für ihre eigene Aufsicht aufbringen müssten. Schäffler befürchtet über diese zusätzliche Kostenbelastung ein faktisches Aus für viele § 34f Vermittler.