Das Zinstief an den Kapitalmärkten bedroht zunehmend auch die betriebliche Altersvorsorge. Geraten doch immer mehr Pensionskassen in Not aufgrund des hohen Niveaus ihrer Versorgungssysteme: Die Kassen warben in der Vergangenheit mit teils hohen Garantien für langlaufende Rentenversicherungen, die sich in Zeiten niedriger Zinsen kaum noch erwirtschaften lassen.

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So verwundert es kaum, dass nun einige Pensionskassen in Not geraten sind. Sie können die Eigenkapital-Anforderungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nicht mehr erfüllen. Zuletzt betraf es die Pensionskasse der Steuerberater (der Versicherungsbote berichtete) sowie die Pensionskasse der Caritas (der Versicherungsbote berichtete). Diese Pensionskassen verfügen nach Maßstab der Behörde nicht über genügend Eigenkapital, um langfristig die Renten der Versicherten zu garantieren.

Pensionskassen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten in Not

Glaubt man aber einem Bericht der „Bildzeitung“, ist nun eine besondere Pensionskasse betroffen: die Baden-Badener Pensionskasse (bbp). Mitglieder sind unter anderem die ARD-Anstalten, Deutschlandradio sowie weiterer Rundfunkanstalten des öffentlichen Rechts. Diese Pensionskasse steht seit zwanzig Jahren für die teils großzügigen Versorgungssysteme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ein und wirkt unter anderem als Rückversicherer für üppige Versorgungstarifverträge wie den Altersversorgungstarifvertrag (TVA/VO), den Versorgungstarifvertrag neu (VTV) sowie den Beitragstarifvertrag Altersversorgung (BTVA). Zudem können Beschäftigte der Rundfunkanstalten auch Direktversicherungen in Form einer Lebensversicherung oder auf Basis der Riester-Rente bei der Kasse abschließen.

Wie jetzt die Bildzeitung unter Berufung auf interne Quellen berichtete, fiel just diese Pensionskasse durch einen internen Stresstest und muss zum Jahresende negativen Bericht an die BaFin geben. Deswegen sieht sich die ARD auch gezwungen, zügig das Eigenkapital der Kasse um rund 50 Millionen Euro zu erhöhen, wie die Zeitung zugleich ausführt. Das könnte auch für die Zahler des Rundfunkbeitrages bittere Konsequenzen haben. Finanzieren doch Prämienzahlungen der ARD-Anstalten das „Deckungsvermögen“ der Kasse und damit jenes Vermögen, das Verpflichtungen gegenüber den Beschäftigten abdeckt.

Sobald Pensionskassen nicht mehr ihre vollen Rentenzusagen erbringen können, ist Kapital von außen notwendig. Wie erst neulich verkündet, schaffen es verschiedene Pensionskassen einzig mit Unterstützung der Trägerunternehmen durch die Niedrigzinsphase (der Versicherungsbote berichtete). Auch haften Arbeitgeber für ältere Verträge, wenn eine Pensionskasse nicht mehr alle Rentengarantien erfüllen kann. Für Probleme jener Pensionskasse jedoch, die nun die Eigenkapital-Anforderungen nicht mehr erfüllen kann, könnten alle haften.

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Drohen nun höhere Rundfunkbeiträge?

Zwar wähnt sich die Pensionskasse selber in einer „soliden“ Finanzlage, wie die Bild berichtet – alle Rentenzahlungen könnten zuverlässig bedient werden. Und doch gehe man bei der ARD davon aus, dass es zu einer Erhöhung des Rundfunkbeitrags kommen wird. Ob dies tatsächlich geschieht, liegt freilich nicht in der Hand des Senders. Vielmehr müssen Regierungen der Bundesländer und Länderparlamente über eine Erhöhung abstimmen, nachdem die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) den bei ihr angezeigten Finanzbedarf der Rundfunkanstalten auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geprüft und Empfehlungen ausgesprochen hat. Hierbei darf die Kommission auch Gegenvorschläge zu Einsparungen und zu alternativen Finanzierungsmöglichkeiten unterbreiten, sprich: Sie darf den Vorschlag einer Erhöhung der Gebühren auch kritisch bewerten. Da die KEF schon länger Reformen aufgrund üppiger Altersversorgungssysteme fordert, ist die Erhöhung der Gebühren keineswegs "ausgemacht".

Versorgungssysteme der ARD: KEF-Bericht gibt Einblick in eine „attraktive Versorgungslandschaft“

Schon mehrfach beschäftigten sich die sechzehn unabhängigen Sachverständigen der KEF mit Versorgungssystemen der öffentlichen Rundfunkanstalten und den hohen Belastung für die entsprechenden Pensionskassen. So erarbeitete die Kommission, zusammen mit der Mercer Deutschland GmbH, ein Gutachten, welches „dringenden Handlungsbedarf“ bei den bestehenden Versorgungssystemen prognostizierte. Ergebnisse dieses Gutachtens wurden im 20. Bericht der Kommission vom April 2016 herausgestellt, der Bericht ist auf dem Portal der Kommission verfügbar.

Versorgungssysteme der Rundfunkanstalten teurer als Versorgungssysteme für den öffentlichen Dienst

Zwar muss im Sinne des Berichts vor Verallgemeinerungen gewarnt werden: Die Versorgungslandschaft der Rundfunkanstalten ist heterogen und zeigt in verschiedenen Leistungsplänen große Unterschiede, so dass keineswegs alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in gleicher Weise davon profitieren. Auch ist zu unterscheiden zwischen fest angestellten und freien Mitarbeitern - oder auch Mitarbeitern, die nach Form der Arbeitnehmerüberlassung beschäftigt sind.

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Gerade aber die hohen Kosten aus den alten Versorgungstarifverträgen wie insbesondere dem Altersversorgungstarifvertrag (TVA/VO) oder dem nur tendenziell günstigeren Versorgungstarifvertrag 1997 (VTV) würden es laut Kommissionsbericht notwendig machen, „den Zuwachs des Altersversorgungsaufwandes durch die laufenden Renten zu beschränken“, wobei eine Orientierung an Regelungen der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) empfohlen wird. Sind doch Lösungen in der Versorgungsarchitektur der Rundfunkanstalten oft teurer als Lösungen der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (und damit teurer als Lösungen für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes).

Die meisten Kosten entfielen für die ARD hierbei zwischen 2013 und 2016 auf Zuführungen zu Pensionsrückstellungen des TVA/VO-Versorgungstarifs: 1.049,5 Mio. Euro Nettoaufwand wurden für den Zeitraum 2013 bis 2016 angegeben. Der zweitgrößte Posten dieses Zeitraums fällt für Pensions- und Rentenzahlungen an mit 1.377,7 Mio. Euro Nettoaufwand. Drittgrößter Posten sind Zuführungen zu Pensionsrückstellungen des VTV/BTVA-Tarifs mit 570,6 Mi. Euro Nettoaufwand.

Für den Zeitraum 2017 bis 2020 ändert sich das Bild, dann dominieren laut Prognose Zuführungen für die neueren Tarifverträge die Aufwendungen. 603,4 Mio. Euro sind es für den VTV/BTVA-Tarif, weitere 414,4 Mio. Euro werden als Zuführungen zu Pensionsrückstellungen des TVA/VO-Tarifs fällig. 1.574,6 Mio. Euro werden darüber hinaus für Pensions- und Rentenzahlungen ausgegeben. Für die Zeit von 2017 bis 2020 ließ die KEF einen Nettoaufwand für die betriebliche Altersversorgung der ARD in Höhe von 1.617,5 Mio. Euro sowie für den Deutschlandfunk in Höhe von 48,5 Mio. Euro anerkennen.

Versicherungsprämien: "überproportional steigende Beiträge" bei steigendem Einkommen

Immerhin: Erste Entwicklungen der letzten Jahre weisen in die richtige Richtung. ARD und Deutschlandradio kündigten zum Beispiel den teuren Versorgungstarifvertrag 1997 (VTV) mit Wirkung zum 31. Dezember 2016 und orientierten sich am günstigeren Beitragstarifvertrag Altersversorgung (BTVA) des MDR, der weniger umfangreiche Ruhestandsleistungen vorsieht. Zuvor schon sollte der Versorgungstarifvertrag 1997 (VTV) Einsparungen gegenüber dem noch üppigeren Altersversorgungstarifvertrag (TVA/VO) sichern.

Jedoch galt auch der Versorgungstarifvertrag 1997 als teures Konstrukt. Unter anderem wurden die hohe Jahresnettoprämien für die oberen Vergütungsgruppen kritisiert, denn Einsparungen gegenüber der vorherigen und nicht mehr haltbaren "Gesamtversorgungszusage" TVA/VO wären in den oberen Vergütungsgruppen "relativ zum Einkommen eher geringer ausgefallen". Dass in dieser Hinsicht leider auch der neue und beitragsorientierte BTVA Grund zur Klage bietet, zeigen Ausführungen des Gutachtens zur „teilweisen Absicherung“ der Einkommensteile oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze. Zwar müsste man „grundsätzlich“ anerkennen, wenn „auch für Einkommensteile oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze eine teilweise Absicherung erfolgt“. Jedoch wendet das Gutachten ein: Der beschrittene Weg führt „bei steigendem Einkommen zu überproportional steigenden Beiträgen“ für die Kassen, weswegen auch der neu abgeschlossene Beitragstarifvertrag teurer sei als „eine Regelung in Anlehnung an die VBL“.

Die hohen Beiträge, die ARD-Anstalten für die Verpflichtungen an die Kasse zahlen, gehen mit einem hohen Versorgungsniveau einher. So haben hohe Prämien auch keine positive Auswirkung auf die Solvenzquote. Sparmaßnahmen hingegen, zumindest ergibt sich der Eindruck aus Beispielen des Berichts, verschonen wohl obere Vergütungsgruppen. Und das, obwohl im Mercer-Gutachten ein "deutlich geringeres Versorgungsniveau" sowie eine "Verringerung des laufenden Aufwands für die betriebliche Altersversorgung" gefordert wird.

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Öffentlich-rechtlicher Rundfunk als "attraktive Versorgungslandschaft"

In der Summe sind es mehrere Regelungen, die zumindest für eine bestimmte Zahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu einer „attraktiven Versorgungslandschaft“ oder einer „attraktiven Versorgungsarchitektur“ der öffentlich- rechtlichen Rundfunkanstalten führen, wie im Gutachten pointiert wird. Und diese Posten wirken sich auf die Höhe der GEZ-Gebühren aus. Wie erwähnt, profitieren nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im gleichen Maße davon. Aber teils luxuriös wirkenden Bedingungen für eine bestimmte Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Kosten der Allgemeinheit machen das Versorgungssystem tendenziell teuer, wie ein Vergleich mit den Versorgungswerken des öffentlichen Dienstes offenbart. Deswegen ist bei drohender Erhöhung der GEZ-Beiträge ein letztes Wort auch noch nicht gesprochen. Bevor nämlich die KEF eine Erhöhung empfiehlt, wird sie sehr genau prüfen wollen, ob notwendige Reformen im Versorgungssystem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorgenommen wurden, um Kosten zu sparen!

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