Dem Verbraucher zum Wohle: Die "IDD-Richtlinie"

Sie bestimmte im letzten Jahr die Debatten in der Branche: Die Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 zum Versicherungsvertrieb, besser bekannt unter ihrem Kürzel „IDD-Richtlinie“. Diese Richtlinie verfolgte das Ziel, den Verbraucherschutz zu stärken und größere Transparenz im Versicherungsvertrieb zu gewährleisten.

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Jedoch wussten Vermittlerinnen und Vermittler lange nicht, was auf sie zukommen wird. Voraussehbar war nur: Es wird schwerer werden. Das zeigte bereits das IDD-Umsetzungsgesetz der Bundesregierung, das im Februar 2018 in Kraft trat, den Begriff der Versicherungsvermittlung konkretisierte und für die Vermittlung von Anlageprodukten strengere Beratungs- und Dokumentationspflichten vorsah. Auch Versicherungsunternehmen müssen strengere Regeln zu Vergütungs- und Anreizsystemen beachten. Erst die neue Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV) jedoch, die zum Ende des zurückliegenden Jahres in Kraft trat, regelt nun detailliert, wie Vermittlerinnen und Vermittler die IDD-Richtlinie umsetzen müssen (der Versicherungsbote berichtete).

Der Bundesverband Finanzdienstleistung (AfW) veröffentlichte diesen Donnerstag eine Presseerklärung zu seinem 11. „AfW-Vermittlerbarometer" – und damit zu seiner anonymen Online-Umfrage unter 1.340 Vermittlerinnen und Vermittlern. Für diese Presserklärung wählte der Interessenverband gezielt themenbezogene Ergebnisse aus, um darzulegen, „was Makler von der IDD-Umsetzung halten“. Das Stimmungsbild aber, das sich ergibt, ist höchst widersprüchlich.

Mehr Zeitaufwand ...fast jeder zehnte Vermittler will sein Geschäft ganz aufzugeben

Zu erwarten ist zunächst die hohe Übereinstimmung bei einer Frage, die sich auf tägliche Abläufe durch die IDD-Umsetzung bezieht: 90 Prozent der Befragten gaben an, der Aufwand für Terminierung, Vorbereitung und Dokumentation von Kundengesprächen würde deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen. Wohlgemerkt: Bereits vor Inkrafttreten der neuen Versicherungsvermittlungsverordnung am 20. Dezember 2018 wurde derart abgestimmt – erhoben die Macher doch Daten für das Vermittlerbarometer in der Zeit vom 22.10.2018 bis zum 03.12.2018.

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Auch meinten 55 Prozent der Befragten, der zunehmende Verwaltungsaufwand würde zwingend eine Umstellung der Arbeitsprozesse erfordern. Und 34 Prozent der Befragten sahen in dem gestiegenen Verwaltungsaufwand einen Anlass, sich nur auf bestimmte Produkte zu konzentrieren, so dass auch Auswirkungen der IDD-Reformen auf das Produktangebot wahrnehmbar sind, die sicher weniger im Sinne des Gesetzgebers waren. Am frappierendsten aber sind die Auswirkungen der IDD-Umsetzung für neun Prozent der Befragten: diese nennen die IDD-Reformen als Anlass, ihr Geschäft nach § 34d ganz aufzugeben.

AfW-Vorstand sieht Aufklärungsbedarf

Gerade mit Blick auf letztere Aussage, wonach viele das Handtuch werfen wollen, gibt es jedoch einen auffallenden Widerspruch im Antwortverhalten, der sich vielleicht aus dem frühen Umfragedatum vor Inkrafttreten der neuen VersVermV erklärt. Denn 42,8 Prozent der Befragten gaben laut Pressemeldung außerdem an, aufgrund der IDD-Umsetzung hätte es bei ihrer Arbeit überhaupt keine Veränderung gegeben. Das muss auch Frank Rottenbacher verwundern, Fachwirt für Finanzberatung sowie Vorstand beim AfW.

Rottenbacher schließt auf erhöhten Aufklärungsbedarf und sieht seinen Verband in der Pflicht, über die neuen Regelungen u.a. zur Erstinformation und zum Beschwerdemanagement sowie zur regelmäßigen Weiterbildung zu informieren: „Wenn über 40 Prozent der Vermittler angeben, dass sich durch die IDD ihr Arbeitsalltag nicht verändert habe, dann werden wir noch mehr Aufklärungsarbeit machen müssen.“

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Positive Auswirkungen werden bis jetzt nicht wahrgenommen

Zeigen sich aber positive oder negative Auswirkungen durch die IDD-Umsetzung? Zumindest aus Sicht der befragten Vermittlerinnen und Vermittler fallen die Antworten eher ernüchternd aus. Und dabei überrascht es zunächst kaum, dass nur sieben Prozent (und damit nur wenige der Befragten) ein verbessertes Image beim Kunden ausmachen: Das Image der Vermittelnden wird in der Regel weit wesentlicher durch deren Beratungsqualität statt durch eine neue Gesetzes- und Verordnungslage bestimmt. Bedenklicher ist, dass 63 Prozent der Befragten überhaupt keine positiven Auswirkungen der IDD-Umsetzung sehen. Nur 32 Prozent konnten immerhin anerkennen, die Rechtssicherheit habe sich erhöht.

Jedoch sollte bei Bewertung derartiger Aussagen auch bedacht werden: Die folgenreichsten Neuerungen durch die detaillierten Vorgaben der VersVermV werden erst im Laufe der Zeit offenbaren, wie sich die IDD- Umsetzung tatsächlich für die Praxis der Vermittlerinnen und Vermittler auswirkt.

Hintergrund: Das AfW-Vermittlerbarometer

Für das 11. „AfW-Vermittlerbarometer“ nahmen 1.340 Vermittlerinnen und Vermittlern an einer anonymen Online-Umfrage teil, Zeitraum der Erhebung war der 22. Oktober 2018 bis zum 03. Dezember 2018. Glaubt man den Angaben der anonym Teilnehmenden, waren 84 Prozent als Versicherungsmakler registriert. Zudem gaben 63 Prozent der Teilnehmenden an, als Einzelkaufleute tätig zu sein. Das Durchschnittsalter lag bei 53,42 Jahren.

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Die aktuelle Pressemitteilung zum Vermittlerbarometer kann auf der Seite des Verbands abgerufen werden.

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