Die Allianz steht erneut im Mittelpunkt eines Betrugsskandals. Ein langjähriger Schadensgutachter aus dem Raum Leipzig soll den Versicherer in den Jahren 2007 bis 2009 mit gefakten Schadensmeldungen getäuscht haben. Nicht ein- oder zweimal, sondern gleich 56mal. Der geschätzte Schaden: rund 1,4 Millionen Euro. Das Verfahren gegen den Mann wurde am Dienstag vor dem Landgericht Leipzig eröffnet, wie mehrere Medien übereinstimmend berichten.

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Netzwerk von Betrügern

Der 55jährige Angeklagte soll überwiegend mit Hausrat- und Wohngebäude-Schäden betrogen haben. So habe er unter anderem vorgetäuscht, dass Wasserrohre geplatzt seien, Spülmaschinen übergelaufen oder das Rohrsystem von Fußbodenheizungen hohen Schaden verursacht hätte. Bis zu 132.000 Euro pro Fall soll der Schadensgutachter so ergaunert haben.

Doch der Mann war nicht allein. Ein ganzes Netzwerk habe ihn bei seinem Versicherungsbetrug unterstützt, so wollen die Ermittler herausgefunden haben: Hausbesitzer, Verwalter und Handwerker. Laut „Bild“ seien mindestens 46 weitere Personen involviert gewesen. Sogar bekannte Leipziger Ärzte sollen beteiligt gewesen sein und die ausgezahlte Summe teils unter sich aufgeteilt haben. Ein Fleischer soll betrugswillige Versicherte vermittelt haben - er ist mitangeklagt.

Der Vorfall erlaubt erneut die Frage, wie gut die interne Kontrolle bei der Allianz funktioniert. Zwar war der Angeklagte zuvor 17 Jahre für die Allianz tätig, bis der Versicherer erstmals Ungereimtheiten beobachtete: genoss also das Vertrauen. Doch der Allianz hätte auffallen müssen, dass sich in den beiden Jahren Schäden bei diesem Gutachter in auffälliger Höhe gehäuft haben. So sei erst nach zwei Jahren bei internen Kontrollen aufgefallen, dass der Mann besonders oft Schäden meldete, die zudem in großer Zahl Wasserschäden betroffen hätten.

Schadenbearbeiter soll selbst Schecks ausgestellt haben

Als der Allianz 2009 Unregelmäßigkeiten auffielen, habe sie den Mann gefeuert und den Behörden übergeben. Ein Straf- und Zivilverfahren sind die Folge, mehr als fünf Jahre ermittelte die Staatsanwaltschaft, so heißt es in den Medienberichten. Teils widersprüchlich sind die Angaben, ob alle Fälle erfunden worden seien. So berichtet "Bild Leipzig" etwa auch, der Angeklagte habe teils bei tatsächlichen Schäden zu hohe Summen abgerechnet.

Brisant: „Der ehemalige Schadensregulierer war für die Versicherung bis zum Jahr 2009 im Außendienst tätig und ermächtigt, eigenständig Zahlungen zu Lasten des Versicherungsunternehmens durch Ausreichung von Schecks vorzunehmen“, zitierte die Bild -Zeitung bereits im Jahr 2015 die Staatsanwaltschaft. Der Mann sieht sich übrigens als Opfer einer Verschwörung: er erklärte dem Boulevardblatt, er werde gemobbt, weil er Mitglied bei den Zeugen Jehovas gewesen sei.

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Wie procontra Online berichtet, wurde nun am Dienstag vor dem Landgericht Leipzig der Prozeß wegen Untreue gegen dem Mann eröffnet (Az.: 6 KLs 209 Js 20452/10). Bereits im letzten Jahr sorgte ein Betrugsfall bei der Allianz bundesweit für Schlagzeilen. Ein Betrugsexperte der Allianz muss für vier Jahre und zwei Monate in Haft, weil er den Versicherer mit fingierten Anwaltsrechnungen geprellt haben soll (der Versicherungsbote berichtete).