Bundesarbeitsminister Heil will Respekt-Rente zahlen: 447 Euro plus
Sie soll all jene belohnen, die bei geringem Verdienst mindestens 35 Jahre in die Rentenkasse einzahlten: Die von der Koalition geplante "Grundrente", die mittlerweile zu einer "Respekt-Rente" umetikettiert wurde. Nun verkündete Bundesarbeitsminister Hubertus Heil am Wochenende: Bis zu 447 Euro mehr pro Monat sollen für Bezieher der neu einzuführenden Zusatzleistung drin sein. Ein enormer Sprung gegenüber den Plänen des Koalitionsvertrags! Und doch bleibt ein wesentliches Problem dieser Rente bestehen: Sie hift vielen von Altersarmut bedrohten Menschen nicht.
- Bundesarbeitsminister Heil will Respekt-Rente zahlen: 447 Euro plus
- Hilft die "Respekt-Rente" gegen Altersarmut?
Was wird die sogenannte „Respekt-Rente“ jenen Menschen bringen, die bei geringem Verdienst mindestens 35 Jahre in die Rentenkasse der gesetzlichen Rentenversicherung (DRV) eingezahlt haben, aber aktuell kaum mehr als die Grundsicherung im Alter zu erwarten haben? Fakt ist: Die große Koalition will ihnen mehr Rente geben. Aber die Versprechen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil für diesen Personenkreis wachsen und wachsen.
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Heil fordert "ordentlichen Sprung" bei Höhe der Respekt-Rente
Während sich der Koalitionsvertrag der Bundesregierung eine Grundrente zum Ziel setzte, die "zehn Prozent über der Grundsicherung“ liegt, sollten es vor nicht mal zwei Wochen plötzlich etwa 100 Euro mehr sein – der Betrag der „Respekt-Rente“ würde etwa 25 Prozent über der Grundsicherung liegen. Diesen Betrag nannte Heil zumindest vor einer Arbeitsgruppe mit Vertretern der Länder, der Sozialpartner und der Rentenversicherung in Berlin (der Versicherungsbote berichtete). Nun aber hat Heil bei seinen Versprechen noch einmal einen großen Betrag nachgelegt.
Heil geht von einem „ordentlichen Sprung“ aus, der den Betroffenen eine Rente von rund 900 Euro sichern soll. Das äußerte der Bundesarbeitsminister am Samstag gegenüber der Tagesschau. Zudem nannte Heil gegenüber der "Bild am Sonntag" eine konkretere Zahl: Bis zu 447 Euro sollen es sein, die nun ein Bezieher der sogenannten „Respekt-Rente“ mehr erhalten soll – sobald der Rentner „immer nur den Mindestlohn verdient hat“ und dennoch 35 Jahre in die Rentenkasse einzahlte.
"Respekt-Rentner" würden damit mehr als das Doppelte der Grundsicherung erhalten. Ist doch für die Grundsicherung der Regelbedarf nach entsprechenden Regelbedarfsstufen maßgebend – ab dem 1. Januar 2019 gilt für Alleinstehende zum Beispiel ein Regelbedarf von 424,00 Euro und für Partner und Bedarfsgemeinschaften ein Regelbedarf von 382,00 Euro je Person. Laut den Zahlen, die Heil gegenüber der Bildzeitung äußerte, könnten aber ein "Respekt-Renter" in Zukunft auf den Betrag von 871,00 Euro kommen.
„Das wird ein richtiger finanzieller Kraftakt"
Gegenüber der Tagesschau begründete Heil die neuen Pläne: „Meine Vorstellung ist, dass wir da nicht zehn oder zwanzig Euro draufmachen, das hilft ja niemandem“. Sondern es ginge „tatsächlich um einen ordentlichen Sprung.“ Jemand, der „einen Lebtag nur den Mindestlohn“ erhielt, soll nicht länger „nur den Grundsicherungsbetrag verdienen“. Stattdessen soll er zukünftig einen Betrag „in Richtung 900 Euro“ durch die neu einzuführende Respekt-Rente bekommen.
Der Bundesarbeitsminister gab zugleich gegenüber der Tagesschau zu: „Das wird ein richtiger finanzieller Kraftakt, das ist gar keine Frage“. Heil rechnet mit „einem mittleren einstelligen Milliardenbetrag des Bundeshaushaltes dafür“. Dennoch warb Heil um Verständnis für die zusätzlichen Ausgaben. Denn „das sollte es unserer Gesellschaft wert sein.“ Ginge es doch schließlich „um Respekt vor Lebensleistung“ sowie auch darum, „Altersarmut zu vermeiden“. Und Heil möchte letztendlich eine „Grundrente, die den Namen auch verdient“.
Unionsparteien sind dagegen
Doch in der Regierung kündigt sich Zoff an. Die Union ließ bereits erkennen, dass sie Heils Pläne in dieser Form nicht mittragen wird. "Was Hubertus Heil vorlegt, entspricht nicht dem Koalitionsvertrag", erklärte Peter Weiß, sozialpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion.
Weiß stört unter anderem, dass Heil vom Konzept der Bedürftigkeitsprüfung abrücken will. Stark vereinfacht: Die Unionsparteien verlangen, dass nur solche Menschen die Respekt-Rente erhalten, die ihr Vermögen offenlegen und nachweisen, wirklich darauf angewiesen zu sein. Dem entgegen will Heil die Rente an alle zahlen, die 35 Beitragsjahre zur Rentenkasse nachweisen können. "Ich fände es respektlos, wenn wir diese Menschen nach einem Arbeitsleben zwingen würden, beim Amt ihre Vermögensverhältnisse darzulegen", sagte der SPD-Politiker.
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Zudem gibt es in der Regierung Streit über die Finanzierung der Respekt-Rente. Heil will die notwendigen Milliarden aus Steuermitteln finanzieren, weil er im Kampf gegen Altersarmut eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sieht. Die Union fordert hingegen, die Mehrausgaben ausschließlich aus den Beiträgen der Rentenversicherten zu zahlen.
Hilft die "Respekt-Rente" gegen Altersarmut?
Helfen die Pläne aber tatsächlich auch gegen Altersarmut, wie der Minister behauptet? Obwohl die Versprechen zur Respekt-Rente und damit die erwartbaren Beträge steigen und steigen, melden Kritiker ihre Zweifel an.
Der Grund: Die Pläne des Ministers helfen nur jenen Menschen, die tatsächlich lange in die Rentenkasse einzahlten. Weil aber vielen alten Menschen durch diese Rente nicht geholfen wird, sobald sie nicht 35 Jahre Beiträge leisten konnten, ist die zusätzliche Rente für Grünen-Rentenpolitiker Markus Kurth nur eine „Scheinlösung“ gegen Altersarmut. Betroffen von diesem Problem sind zum Beispiel viele Frauen, da insbesondere ihre Erwerbsbiographien als Ursache eines erhöhten Armutsrisikos im Alter gelten: Sie unterbrechen noch immer weit öfter ihre Arbeit wegen der Kindererziehung und der Pflege Angehöriger. Das machte zuletzt auch Gundula Roßbach deutlich, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung (der Versicherungsbote berichtete).
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Menschen ohne die entsprechenden Mindestjahre für die neue Respekt-Rente gehen leer aus ... das Problem der Altersarmut betrifft sie wie eh und je. Auch Philipp Neumann von der „Morgenpost“ hält die Pläne der Bundesregierung deswegen schlicht für ungerecht, wie er in einem Kommentar argumentiert. So würden bedarfsorientierte Hilfen wie ein höheres Wohngeld wesentlich besser gegen Altersarmut schützen.
Ein Argument, das gerade mit Blick auf steigenden Ausgaben durch die höhere „Respekt-Rente“ relevant zu werden scheint. Verweisen doch auch Wissenschaftler wie Matthias Günther vom Hannoveraner Pestel-Institut auf eine Gefahr, die insbesondere den Rentnern in Ballungsräumen droht – auf die Gefahr, sich durch geringe Renten und hohe Mieten im Alter regelrecht „arm zu wohnen“ (der Versicherungsbote berichtete).
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