"Ewiges Streitthema": Handelsvertreterausgleich nach Kündigung

Ein „ewiges Streitthema“ vor Landes- und Oberlandesgerichten ist der Handelsvertreterausgleich nach Kündigung eines Handelsvertreters, wie die Anwaltskanzlei Banerjee & Kollegen in einer aktuellen Pressemitteilung ausführt. Und das hat seinen Grund. Zwar treten laut Handelsgesetzbuch freie Handelsvertreter als Unternehmer selbstständig und eigenverantwortlich auf. Jedoch sind sie oft an einen oder mehrere Unternehmen gebunden und in gewisser Weise auch von der Zusammenarbeit mit den Gesellschaften abhängig. So besteht in der Regel auch ein Ausgleichsanspruch, sobald ein Handelsvertreter ohne schuldhaftes Zutun gekündigt wird (der Versicherungsbote berichtete).

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Bei der Höhe des Ausgleichsanspruchs gehen die Vorstellungen zwischen dem Handelsvertreter und der Gesellschaft häufig auseinander: Während der Handelsvertreter den Handelsvertreterausgleich sehr hoch einschätze, habe die Gesellschaft großes Interesse daran, die Ansprüche so niedrig wie möglich zu halten, berichtet die Kanzlei. Die Folge: Gerichtliche Auseinandersetzungen lassen sich oft nicht vermeiden. In diesem Kontext weist die Kanzlei auf eine wichtige Rechtsregel hin: Unter gewissen Umständen ergibt sich für freie Handelsvertreter bei Streitigkeiten mit ihrer Gesellschaft die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts.

Regel betrifft Handelsvertreter in sozial schwacher Stellung

Zwar trifft die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für freie Handelsvertreter nicht auf den Normalfall zu – Arbeitsgerichte sind in der Regel ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Ausnahmen gelten aber besonders für Handelsvertreter, die gegenüber der Gesellschaft, an der sie gebunden waren, in einer geschwächten Position auftreten. Diese Handelsvertreter könnten durch zeit- und kostenintensive Prozesse von der Durchsetzung ihrer Ansprüche demzufolge mehr abgeschreckt werden als andere Handelsvertreter. Damit dies nicht geschieht, wurde vom Gesetzgeber eine Regelung erlassen, die in § 5 Abs. 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) auch den Weg an die Arbeitsgerichte für freie Handelsvertreter möglich macht.

Weg an die Arbeitsgerichte nur unter eingeschränkten Bedingungen

Freilich ist dies nur unter bestimmten, sehr eingeschränkten Bedingungen möglich. So dürfen Handelsvertreter in den letzten sechs Monaten durchschnittlich nicht mehr als 1000 Euro monatlich vereinnahmt haben durch das zugrundeliegende Vertragsverhältnis. Dies gilt laut Gesetz „für Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen“.

Auch müssen die Handelsvertreter zu einer Gruppe gehören, für die laut § 92a Handelsgesetzbuch (HGB) das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eine untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers mit Ziel der sozialen Absicherung festlegen kann. Wichtiger als diese für das Bundesministerium festgeschriebene Möglichkeit ist hierbei der Personenkreis, den es betrifft: Der Handelsvertreter darf (bzw. durfte vor Beendigung des Vertragsverhältnisses) „vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig werden“. Oder dem Handelsvertreter durfte „nach Art und Umfang der von ihm verlangten Tätigkeit“ nicht möglich gewesen sein, für weitere Unternehmen tätig zu werden. Kurz: Der Handelsvertreter musste, bei wirtschaftlich geringem Erfolg (im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 Euro „auf Grund des Vertragsverhältnisses“), besonders von einem Unternehmen oder einer Gesellschaft abhängig sein.

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Den Zweck der Regel in § 5 Abs. 3 ArbGG führt hierbei ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 04. 02. 2015 aus (VII ZB 36/14). Gilt es doch, den „sozial schwächeren Handelsvertreter einem Arbeitnehmer gleichzustellen“, damit der Vertreter gegenüber dem Unternehmen beziehungsweise der Gesellschaft vor dem Arbeitsgericht auch seine Forderungen einklagen kann. Erfüllen also Handelsvertreter die Bedingungen nach § 5 Abs. 3 ArbGG, eröffnet sich ihnen ein möglicher und hilfreicher Weg über das Arbeitsgericht, zu ihrem Recht zu kommen.