Banal, austauschbar und schwer zu dechiffrieren: So kommt ein Großteil der Texte her, die Versicherer an die Presse versenden. So lautet das Ergebnis einer Studie aus dem Hause Communications Lab und AMC. Insgesamt 98 Pressetexte von 33 Versicherern haben sich die Netzwerker angeschaut.

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Die Texte kamen aus den Bereichen Digitalisierung, Geschäftsergebnisse, Personalwechsel sowie Produktinfo. Das Ergebnis, zugespitzt formuliert: Noch immer regiert der Bullshit, wo besseres Verstehen gefragt wäre. Repräsentativ ist die Studie nicht, beansprucht aber für sich, Tendenzen aufzeigen zu können. Sie kann hier bestellt werden.

Das Analysetool: Hohenheimer Verständlichkeits-Index

Um die Pressetexte zu analysieren, haben sich die Studienmacher am Hohenheimer Verständlichkeits-Index („HIX“) orientiert. Der Index fasst mehrere sogenannte Lesbarkeitsformeln der Sprachwissenschaft zusammen. Sie sollen es erlauben, die Verständlichkeit von Texten anhand messbarer Kriterien zu bewerten. Die Ergebnisse beruhen auf empirischen Studien mit Lesern, die dann in mathematische Messverfahren übersetzt werden.

Negativ berücksichtigt wird im Index unter anderem, ob der Text viele lange Schachtelsätze enthält und Fachbegriffe, ob er im Nominalstil gehalten ist und viele Passivkonstruktionen aufweist. Auch abstrakte Begriffe können das Verstehen erschweren: sie tragen dazu bei, dass ein Text wenig anschaulich ist. Komplizierte Wort-Zusammensetzungen (Komposita), Anglizismen und Sätze mit einer hohen Informationsdichte wirken sich ebenfalls negativ aus.

Die Skala des Hohenheimer Verständlichkeits-Index reicht von 0 (überhaupt nicht verständlich) bis 20 (maximal verständlich). Je höher der Wert, desto besser also die Lesbarkeit.

Die Studienmacher legten einen Zielwert von zwölf Punkten fest, den die Pressetexte der Versicherer erreichen mussten, um als ausreichend verständlich zu gelten. Zum Vergleich: eine Doktorarbeit in Politikwissenschaften erreichen auf der Skala eine durchschnittliche Verständlichkeit von null bis vier Punkten (sehr schwer verständlich), Artikel der BILD-Zeitung von 16-20 Punkten (sehr leicht verständlich).

Die Satz-Konstrukte lassen viele Leser stolpern

Die Ergebnisse der Studie sind ernüchternd. Rund drei Viertel der untersuchten Pressetexte erfüllen die Mindestanforderung von zwölf Punkten nicht. Die Mehrheit ist als schwer bis sehr schwer verständlich einzustufen. "Dies liegt vor allem an den komplexen Satzstrukturen in den Pressemitteilungen und weniger an einer fachlichen Wortwahl", berichten die Studienmacher.

Beispiel für einen langen Satz aus einem Pressetext: viel Aufwand, hoher Abstraktionsgrad, wenig Ertrag. Quelle: AMC / Communications Lab

Im insgesamt bitteren Fazit steckt immerhin eine gute Nachricht: Die Versicherer bemühen sich laut der Analyse, Fachwörter und Versicherer-Sprech verstärkt zu vermeiden. Zwar kommt auch dieses Fachblabla noch vor: als Beispiele werden Begriffe wie "Konditionsdifferenzdeckung" und "Online-Terminvereinbarungsmöglichkeit" genannt, letztgenanntes Wort besteht aus satten 36 Buchstaben. Es hapert aber eher auf der grammatikalischen Ebene: Schachtelsätze von deutlich mehr als zwanzig Wörtern und Sätze mit zu hohem Informationsgehalt prägen das Bild.

Bedingungen der Versicherer noch schwerer verständlich

Bereits in den vorherigen Jahren hat das Sprachlabor Online-Produktbeschreibungen (2016) und Allgemeine Vertragsbedingungen (2015) der Versicherer analysiert. Während die Online-Texte mit einem Durchschnittswert auf dem HIX-Index von 11,6 Punkten gut verständlich waren, kamen die AVB nur auf einen Wert von 4,9, sind also schwer verständlich. Hier erreichen die Pressetexte nun einen Durchschnittswert von 7,9 Punkten: Sie liegen etwas näher am schlechten Ergebnis der Vertragsbedingungen.

Beispiel HIX-Ranking zum Thema Digitalisierung: Hier kann die LV1871 mit einem Indexwert von 12,74 Punkten als Branchenprimus behaupten, liegt aber nur knapp über dem Mindestwert. Die Hallesche auf Rang zwei scheitert mit 9,19 schon deutlich an der Mindestschwelle, die Zurich auf Rang drei kommt auf 9,12 Punkte. Am schlechtesten schnitten in dieser Kategorie bekannte Namen ab: die HUK-Coburg (1,98 Punkte), Ergo (1,95) und Generali (1,94). Zugespitzt formuliert: Die Pressetexte der Letztgenannten stellen den Leser vor größere Hürden als so manche wissenschaftliche Dissertation.

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Die Studienautoren verweisen auf die sich wandelnde Bedeutung von Pressetexten. Auch immer mehr Kunden und Verbraucher würden sich mittels dieser über neue Produkte und Services von Versicherern informieren. Vor diesem Hintergrund nutzen viele Versicherer ihre Chance nicht, über diesen Weg "kundennah" zu kommunizieren - und "kundennah" bedeute eben auch verständlich.