PEPP: Europäische Standard-Rente bekommt Kostendeckel
Die von der Europäischen Union (EU) initiierte paneuropäische private Rente "PEPP" (Pan European Pension Product) wird einen Kostendeckel bekommen. Jedoch gilt das nur für eine Produktvariante. Verbraucherschützer und verbrauchernahe Politiker wie Grünen-Europapolitiker Sven Giegold werten den Kostendeckel dennoch als Erfolg. Erhofft wird ein starker Wettbewerbsdruck auf teure Lebensversicherungen und auf Investmentfonds.
"PEPP": Vision einer paneuropäischen privaten Rente
Seit 2014 initiierte die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) das Konzept von "PEPP" (Pan European Pension Product) und damit von einer paneuropäischen privaten Rente, die den Anbietern bestimmte Standards vorschreibt und in andere europäische Länder „mitgenommen“ werden kann. Sie soll eine weitere Option darstellen, kapitalgedeckt für das Alter vorzusorgen.
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Anfang Juli 2017 hatte die EU-Kommission dann jene vagen Pläne für die Europa-Rente anhand eines Verordnungsvorschlags konkretisiert und den Entwurf an alle Mitgliedstaaten gesendet (der Versicherungsbote berichtete). Nun nahm das paneuropäische Vorsorgeprodukt die nächste Hürde – und damit wurde die Vision ein Stück weiter in die Realität überführt: Am Mittwoch endete die Widerspruchsfrist für die sogenannten Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Parlament, Ministerrat und Kommission, wie der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold auf seinem Blog informiert. Durch den Grünen-Politiker werden zudem erste Ergebnisse der Verhandlungen vorgestellt.
Durch Kostendeckel Druck auf europäischen Wettbewerb
Folgt man den Ausführungen Giegolds, gab es wohl wesentliche Unterschiede zwischen den Vorstellungen des Parlaments und jenen des Ministerrats. Hierbei fällt auf: Das Parlament setzte sich wohl für strengere Vorgaben ein, welche Merkmale die Renten erfüllen sollen, während die Regierungsvertreter der Mitgliedsstaaten weniger strikte Regeln bevorzugten. In einem wichtigen Punkt geht das Parlament jedoch als Sieger der Verhandlungen hervor: Ein Kostendeckel für jährliche Kosten wird eingeführt. Sie Gebühren sollen nicht mehr als ein Prozent der Beiträge eines Jahres betragen dürfen.
Für den Grünen-Politiker ein Erfolg: Würden doch die aus Sicht des Politikers „häufig unverschämten Gebühren bei Lebensversicherungen und Investmentfonds für Kleinsparer*innen“ durch den Kostendeckel „unter stärkeren Druck des europäischen Wettbewerbs“ geraten. Freilich gilt der Deckel nur für eine Variante des Produkts, das sogenannte „Basis-PEPP“. Diese Produktvariante muss besonders strenge Regulierungsvorgaben im Sinne des Verbraucherschutzes erfüllen und soll demzufolge besonders für jene Verbraucher geeignet sein, die ein sicheres privates Vorsorgeprodukt wünschen.
Forderung: Gebührendeckel auf Riester-Produkte ausweiten
Der Gebührendeckel des europäischen PEPP-Produkt "sollte nun auf alle Riester-Produkte ausgedehnt werden", kommentiert Giegold weiter. "Hier ist das Verbraucherschutzministerium in Deutschland am Zuge". Zu oft "finanziere die private Altersvorsorge bei Gebühren von teilweise über 1.5 Prozent der Beiträge einen aufgeblasenen Finanzsektor statt den Wohlstand im Alter", positioniert sich Giegold weiter.
Angeboten werden sollen die PEPP-Renten jedoch nicht nur als Basisprodukt, sondern in fünf weiteren Produktvarianten. Diese verheißen höhere Renditechancen, aber bedeuten auch ein höheres Risiko. Aus Sicht Giegolds eine keineswegs unproblematische Tatsache.
Scheinbarer Standard kann Sicherheiten vortäuschen
Befürchtet der Grünen-Politiker doch, nicht jedes "PEPP" wäre „eine gute Altersvorsorge“. Stattdessen könne das Label des paneuropäischen Produkts auch missbraucht werden, um falsche Sicherheiten nur vorzutäuschen. Eine Befürchtung, die zuvor schon in einer Beratung des Bundesrates geäußert wurde, da man die „Gefahr“ sah, dass Verbraucherinnen und Verbraucher einem „PEPP“-Produkt ungeprüft vertrauen, „weil sie es für ein genormtes Standardprodukt halten.“
In diesem Kontext erwähnt Giegold kritisch: Auch Akteure wie alternative Investmentfonds dürften das neue Produkt anbieten, obwohl diese nicht den strengen Regulierungsvorgaben anderer Anbieter (wie zum Beispiel Versicherungen) ausgesetzt sind. Die Zulassung der Produkte unterliegt zudem den nationalen Aufsichtsbehörden statt, wie vom Parlament gefordert, der europäischen Aufsichtsbehörde EIOPA. Jedoch dürfe die europäische Aufsichtsbehörde jene "PEPPs", die bestimmte Qualitäts- und Sicherungskriterien nicht erfüllen, vom Markt nehmen. Auch überwache sie zumindest das Risikomanagement für das "Basis-PEPP".
Keine "harte Pflicht zur grünen Geldanlage"
Die erreichten Regulierungsvorgaben bei der Nachhaltigkeit bewertet der Grünen-Politiker ambivalent: Zwar müssten "PEPP"-Produkte Nachhaltigkeitsrisiken wie abrupte Wertverluste durch Klima- oder Umweltkatastrophen berücksichtigen. Jedoch gehen die Vorgaben nicht so weit, die das Parlament verlangt hatte. Hätte doch auch das Parlament „eine harte Pflicht zur grünen Geldanlage“ befürwortet. Eine Formulierung, die wohl auf bestimmte ökologische Kriterien unter einer fest vorgegebenen Anlagestrategie zielt.
Anders jedoch als beim Vergütungsdeckel konnte sich das Parlament bei den Vorgaben zu den Nachhaltigkeitsrisiken nicht im gewünschten Maße durchsetzen. In Bezugnahme auf eigene politische Positionen bezeichnet Giegold demzufolge die "PEPP"-Produkte auch als „hell- statt dunkelgrüne Finanzprodukte“. Außerdem bedauert der Politiker: Trotz der erreichten Erfolge zum Beispiel bei der Kostendeckung für das "Basis-PEPP" könnte sich "PEPP" nach der jetzigen Konzeption nicht „mit hocheffizienten Modellen wie dem schwedischen Bürgerfonds, der Sparer*innen Kapitalmarkterträge zu einem Bruchteil der üblichen Kosten ermöglicht“, messen. Giegolds Beitrag ist auf dem Blog des Politikers verfügbar.
Die Sorgen der Versicherer
Der Europäische Versichererverband (Insurance Europe) freilich äußerte ganz andere Kritikpunkte, die – unter kritischer Würdigung und mit ähnlichen Positionen wie jenen Giegolds – in einem Blog-Beitrag des verbrauchernahen Bunds der Versicherten (BdV) vorgestellt wurden. Eine der wichtigsten Eigenschaften des neuen Produkts erfüllt die Versicherer dabei mit Sorge: Die Möglichkeit, auch bei einem Wechsel von Arbeitsplatz und Wohnsitz in einen anderen EU-Staat denselben "PEPP"-Vertrag fortzuführen. Fällt es den Versicherern doch keineswegs leicht, für alle 27 EU-Mitgliedsstaaten ein Angebot zu garantieren.
Ein weiteres „Wechsel-Problem“ betrifft Kalkulationsrisiken. Denn Rentenberechnungen können nur auf langfristig stabilen Parametern beruhen, wie selbst der Verbraucherverband gegenüber den Versicherern zugesteht. Jedoch: Während der Ansparphase sollen Kunden mindestens alle fünf Jahre den Anbieter wechseln können. Die Flexibilität, die für Verbraucher durch das neue Produkt-Konzept erreicht werden soll, steht hierbei in einem Konflikt zur Langfristigkeit, auf die hin ein Rentenprodukt ebenfalls angelegt sein muss.
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Prognose: Einführung bis 2021
Bis es freilich zur Einführung der neuen Produkte kommt, kann auch noch eine Weile vergehen. Rechnet doch Dieter Pscheidl, Head of European Affairs bei der Vienna Insurance Group AG (VIG), mit einer gültigen "PEPP"-Verordnung „frühestens im dritten, vierten Quartal 2021“, wie er gegenüber dem Versicherungsjournal ausführte. Zum einen muss die Verordnung erst formell beschlossen werden, wie das Portal erklärt. Zum anderen ermächtigt sie erneut die EU-Kommission, nähere Detailregelungen zu verabschieden.