Verbraucherschützer fordert mehr Transparenz bei Vergleichsportalen und Online-Handel
Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), hat in einem Interview mehr Transparenz beim Online-Handel und bei Vergleichsportalen gefordert. Zugleich machte er sich für einen europäischen Verbraucherschutz stark: Die EU habe auch deutschen Verbrauchern mehr Rechte beschert.
Klaus Müller, Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, hat sich erneut für eine strengere Regulierung von Vergleichsportalen ausgesprochen. „Ob es um Hotels geht, Stromtarife oder Flugbuchungen: Bei manchen Vergleichsportalen steht nicht immer der Beste und der Günstigste ganz oben. Hier kann es sich um gekaufte Werbeplätze handeln“, sagte Müller der „BZ“ in einem am Sonntag veröffentlichten Interview. Es sei für die Verbraucher nicht klar zu erkennen, warum ein Anbieter ganz oben gelistet werde.
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"Manchmal werden einzelne Anbieter, zum Beispiel KfZ-Versicherer, gar nicht aufgeführt“, erklärt Müller weiter mit Blick auf die Marktabdeckung der Portale. Auch würden kritische Bewertungen oft untergehen. Als Beispiel nannte er den insolventen Stromanbieter BEV, der seine Tarife vor allem über Portale wie Verivox und Check24 mit Dumpingpreisen vertrieb. Der bayrische Energiekonzern erhielt auf den Webportalen noch fast ausschließlich positive Bewertungen, als er die Preise für viele Kunden deftig angehoben hatte und ihm Lieferprobleme zu schaffen machten (der Versicherungsbote berichtete).
„Vergleichsportale können eine Hilfe sein. Aber ein kritischer Blick lohnt sich immer“, so Müllers Fazit. „Der vzbv fordert, dass die Rankings für den Verbraucher nachvollziehbar sein müssen und Spitzenplätze nicht erkauft werden dürfen.“
Plädoyer für EU und europaweiten Verbraucherschutz
Im Interview mit der Berliner Tageszeitung bekennt sich Müller zugleich zur EU und einem europäischen Verbraucherschutz — keine Selbstverständlichkeit in Zeiten, in denen viele Populisten eine Rückkehr zu mehr Nationalstaat fordern. „Die Europäische Union ist für Verbraucherinnen und Verbraucher vor allem eine Erfolgsgeschichte“, sagte der 48jährige.
Müller verwies auf viele Verbesserungen für Verbraucher, die erst durch Brüssel angeschoben wurden: etwa die Abschaffung der Roaming-Gebühren beim Telefonieren, der Deckel für Kredit- und Bankkarten-Gebühren oder dass Anbieter von Strom- und Telefonverträgen leichter gewechselt werden können. „Ich kann in jedem EU-Land zum Arzt gehen und muss nicht mehr zahlen, weil die heimische Kasse übernimmt. Gute Widerrufsrechte im Online-Handel hat die EU durchgesetzt. Das gilt auch für Fluggastrechte, die überall gleichermaßen gelten“, zählt der Diplom-Volkswirt weiter auf.
EU-weite Sammelklage für Verbraucher angestrebt
Dennoch sieht Müller Verbesserungsbedarf. So kämen in Brüssel auf einen Verbraucherschützer viel mehr Wirtschaftsvertreter, beklagt er den Lobbyismus auf EU-Ebene. Und gerade wenn es um die Interessen großer Unternehmen gehe wie etwa beim Diesel-Skandal, seien die Interessen der Verbraucher gegen die Regierungen nur schwer durchzusetzen. Deshalb wünscht sich Müller eine EU-weite Sammelklage, die weiter geht, als es die deutsche Musterfeststellungsklage aktuell gestattet. Denn deutsche Musterkläger erhalten nicht sofort Schadensersatz — auch nach einer erfolgreichen Musterfeststellungsklage muss anschließend jeder einzeln seine Interessen vor Gericht durchsetzen (der Versicherungsbote berichtete). Hier fordert der vzbv, dass derartige Sammelklagen sofort in einen Schadensersatz-Anspruch münden.
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Ein weiteres Problem betreffe die erhobenen Daten im Online-Handel. Verbraucher würden immer wieder erleben, dass für dasselbe Produkt unterschiedliche Preise gezahlt werden müssten. Teils aufgrund der Daten, die ein Unternehmen sammelt: Geschlecht, Herkunft, Wohnort et cetera. Hier würden manche Verbraucher benachteiligt, ohne dass sie Einblick haben, aufgrund welcher Daten. Das Problem werde Politik und Verbraucherschutz noch in den nächsten Jahren beschäftigen.