Provisionsdeckel für die Lebensversicherung: Referentenentwurf liegt vor
Nun hat die Bundesregierung doch noch geliefert. Heute ist ein Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) bekannt geworden, der eine Deckelung von Abschlussprovisionen bei Lebensversicherungen vorsieht. Demnach sollen Vermittler künftig maximal 2,5 Prozent des Bruttobeitragsvolumens als Provision oder Courtage erhalten. Bis zu vier Prozent sind dann drin, wenn bestimmte Qualitätskriterien erfüllt werden.
Die Bundesregierung hat geliefert, wenn auch spät. Im ersten Quartal 2019 wollte sie einen Referentenentwurf für einen möglichen Provisionsdeckel in der Lebensversicherung präsentierten, so kündigte es Finanz-Staatssekretär Jörg Kukies im letzen Herbst an. Weil aber der Gesetzentwurf auf sich warten ließ, war die FDP bereits mit einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung herangetreten, um Details zu einem möglichen Deckel zu erfragen (der Versicherungsbote berichtete). Am Mittwoch ist der Entwurf nun öffentlich geworden, wenige Tage vor Ablauf der Frist. Dem Versicherungsboten liegt das Dokument vor.
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Was aber steht drin im Referentenentwurf - und worauf müssen sich Vermittler einstellen, wenn das Gesetzesvorhaben in der jetzigen Form umgesetzt wird? Als Abschlussprovision wird zunächst definiert: "Sämtliche Vertriebsvergütung (...), die an den Abschluss oder den Fortbestand eines Vertrages oder mehrerer Verträge oder einen sonstigen Erfolg zur Förderung des Abschlusses oder Fortbestands oder der Änderung eines oder mehrerer Verträge anknüpft." Darin eingerechnet sind auch abschlussbezogene Boni wie etwa Incentive-Reisen. Diese sollen künftig gedeckelt werden.
"Fälligkeits- oder Rückkaufswert, der Marktschwankungen ausgesetzt ist"
Laut dem Gesetzestext soll der Deckel für alle Verträge über Lebensversicherungen gelten, "die einen Fälligkeitswert oder einen Rückkaufswert bieten, der vollständig oder teilweise direkt oder indirekt Marktschwankungen ausgesetzt ist". Die Abschlussprovision dürfe hierbei 2,5 Prozent der Bruttobeitragssumme nur übersteigen, wenn "angemessene Qualitätskriterien" erfüllt seien. Die Bruttobeitragssumme entspreche "der Summe der zu zahlenden Prämien für maximal 35 Jahre".
Wichtig: Auch die Vereinbarung einer Dynamik im LV-Vertrag dürfe kein höherer Prozentsatz vereinbart werden. Ausschlaggebend für den Deckel sei der "zugrundeliegende Vertrag".
Vier Prozent der Beitragssumme möglich, wenn bestimmte Qualitätskriterien erfüllt
Die Abschlussprovision darf aber bis maximal vier Prozent des Bruttobeitrages steigen, wenn der Vermittler bestimmte Qualitätskriterien erfüllt. Hierbei sind auch die Versicherungsunternehmen in der Pflicht. Diese sollen nämlich ein System einrichten, "das die Beurteilung der Vermittlung nach qualitativen Kriterien zulässt". Diese Kriterien sind:
- Die Anzahl der Beschwerden über den Versicherungsvermittler im Vergleich zu anderen Versicherungsvermittlern
- der Anteil der von dem Vermittler dem Versicherungsunternehmen vermittelten Verträge über Lebensversicherungen, die von Kunden storniert werden, an der Gesamtzahl der von dem Vermittler vermittelten Verträge über Lebensversicherungen (Stornoquote),
- der durch das Versicherungsunternehmen durch geeignete Maßnahmen festzustellende und zu bewertende Umfang der Beanstandungen der Nichteinhaltung gesetzlicher Vorgaben durch den Versicherungsvermittler.
Hier sei bereits auf einen möglichen Konflikt hingewiesen: Theoretisch müssten die Versicherer dann auch Makler kontrollieren, etwa mit Blick darauf, wie oft sich seine Kundinnen und Kunden über ihn beschweren. Ob sie dazu befugt sind, da ja Makler als Sachverwalter des Kunden agieren, ist zumindest diskutabel.
Ausgliederungen - "unter Berücksichtigung der Versicherten-Belange"
Im Text werden auch Regeln für eine mögliche Ausgliederung von Aufgaben mit Blick auf die Verträge definiert. In diesem Fall sei "das Entgelt oder ein sonstiger geldwerter Vorteil auf den Betrag zu begrenzen, den ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter unter Berücksichtigung der Belange der Versicherten mit einem nicht verbundenen Unternehmen vereinbaren würde." Freilich eine sehr unkonkrete Formulierung, die viel Interpretationsraum lässt.
Für derartige Ausgliederungen hatte bereits die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) 2016 Wohlverhaltensregeln vorgegeben. Gemeint ist, dass wichtige Funktionen oder Versicherungstätigkeiten an Dienstleister delegiert werden: die BaFin nennt Vertrieb, Bestandsverwaltung, Leistungsbearbeitung, Rechnungswesen sowie Vermögensanlage und -verwaltung.
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In der Regel wird im Gesetzgebungs-Prozedere noch Verbänden die Möglichkeit zur Anhörung und Stellungnahmen gegeben. Mehr zu den Details demnächst beim Versicherungsboten.