Diebstahl aus Autos - Manipulation des Funkschlüssels (fast) nicht versichert
Ein aktuelles Urteil zeigt die Tücken der Digitalisierung für Versicherungskunden. Mittlerweile verschaffen sich Diebe Zugang zu Autos, indem sie das Funksignal des Autoschlüssels manipulieren. Für sogenannte „Jamming“-Attacken muss ein Hausratversicherer aber nicht zahlen, wenn nur der Einbruchdiebstahl versichert ist, so entschied nun das Amtsgericht Frankfurt. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht (Urteil vom 18.02.2019 - 32 C 2803/18).
Wer heute sein Auto auf- oder zuschließen will, muss längst nicht mehr seinen Autoschlüssel in ein mechanisches Zündschloss stecken. Das Öffnen und Verriegeln des Fahrzeugs funktioniert mittels eines Funksignals: Das Auto erkennt den mit einem Sender versehenen Schlüssel eines Fahrers, wenn dieser sich um etwa drei Meter nähert. Und das Auto verriegelt auch die Tür automatisch, wenn der Fahrer diesen Radius wieder verlässt. Eine Technik, die mehr Comfort verspricht — scheinbar.
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Denn für Autofahrer hat dieser Comfort auch Tücken. Kriminelle können das Funksignal des Schlüssels abfangen und derart verlängern, dass die Türe nicht verriegelt wird. Ist der Autofahrer in ausreichender Entfernung, gehen sie einfach zum Fahrzeug und öffnen die Türe. Ohne Einbruchspuren, wohlgemerkt. Und das bedeutet auch Ärger mit dem Versicherer, wenn man einen Diebstahl dann ersetzt haben will. Dies zumindest legt ein aktuelles Urteil des Amtsgerichtes Frankfurt nahe.
“Jamming“ nicht versichert
Das Amtsgericht Frankfurt hat entschieden, dass die Hausratversicherung bei fehlenden Aufbruchspuren nicht für die aus einem Auto entwendete Gegenstände aufkommen muss. Und zwar selbst dann nicht, wenn es möglich erscheint, dass Diebe den Verriegelungsmechanismus elektronisch manipuliert haben. Das teilte die Behörde am Donnerstag letzter Woche in einem Pressetext mit.
Im konkreten Rechtsstreit wollte ein Mann technische Geräte und Wertsachen ersetzt haben, die aus seinem PKW entwendet wurden. Das Problem: Spuren eines Aufbruchs waren am Fahrzeug nicht zu erkennen. Dennoch machte der Fahrer die Summe bei seinem Hausratversicherer geltend. Nach ihren Bedingungen wäre die beklagte Versicherung verpflichtet, Entschädigung zu leisten, wenn der Diebstahl "durch Aufbrechen verschlossener Kraftfahrzeuge" begangen wurde. Dem Aufbrechen sollte laut einer Klausel "die Verwendung falscher Schlüssel oder anderer nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmter Werkzeuge" gleichstehen. Als der Versicherer nicht zahlen wollte, klagte der enttäuschte Mann vor Gericht.
Doch das Amtsgericht Frankfurt wies die Klage ab. Und die Art, wie dies begründet wird, zeigt das Problem derartiger Technik für die Versicherungsnehmer. Wird ein Auto mittels manipulierter Schlüssel oder anderer Werkzeuge aufgeschlossen, spricht man von einer „Relay Attack“. Diese wäre tatsächlich laut Vertrag dank der Schlüsselklausel versichert gewesen. Aber: „Der Kläger habe aber nicht den Nachweis geführt, dass das Auto tatsächlich verschlossen war, das heißt die typischen Verschlussgeräusche bzw. das Aufleuchten der Blinker abgegeben hat“, heißt es im Urteilstext. Ein solcher Nachweis dürfte für die Betroffenen aber schwierig zu führen sein.
Aufhorchen lässt das Urteil mit Blick auf das sogenannte Jamming. Also das im Eingang erwähnte Beispiel, dass der Dieb das Funksignal eines Fahrzeugschlüssels verlängert und das Auto gar nicht erst abgeschlossen wird. „Da dadurch das Fahrzeug offen bleibe, fehle es beim "Jamming" stets an der bedingungsmäßigen Voraussetzung für den Versicherungsschutz, da der Diebstahl aus einem verschlossenen Fahrzeug erfolgt sein müsse“, heißt es im Pressetext des Amtsgerichtes. Mit anderen Worten: ein solcher Delikt wird laut Urteil so behandelt, als habe der Autofahrer schlicht sein Fahrzeug offen stehen lassen.
Das Problem fehlender Einbruchspuren betrifft nicht nur Autos
Dies zeigt das Problem neuer digitaler Technik für viele Versicherungskunden. Bereits das Landgericht Coburg hatte mit einem rechtskräftigen Urteil vor einem Jahr entschieden: Bestehen schwerwiegende Zweifel daran, dass ein Auto tatsächlich gestohlen oder aufgebrochen wurde, führt das zu einer Beweislastumkehr zu Lasten des Versicherungsnehmers. Nun muss der Kunde dem Versicherer nachweisen, dass tatsächlich ein Diebstahl laut Vertragsbedingungen erfolgt ist (AZ.: 22 O 95/1).
Bereits vor drei Jahren warnte deshalb Monika Maria Risch, Fachanwältin für Versicherungsrecht, gegenüber der Süddeutschen Zeitung: „Sind keine Einbruchspuren festzustellen, kann der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall nur schwer beweisen“. Er mache sich schlimmstenfalls gar des Versicherungsbetruges verdächtig.
Das Problem betrifft nicht nur den Diebstahl bei Hausrat-Policen, sondern auch die Kaskoversicherung. Und es könnte sich zukünftig noch auswachsen, je mehr auch Wohnungen und Häuser nicht mehr mittels mechanischer Schlüssel auf- und zugeschlossen werden, sondern per Funksignal oder Chipkarte. Technik, die sich hacken und manipulieren lässt, ohne mechanische Spuren zu hinterlassen.
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So warnte im letzten Herbst bereits der europäische Versicherer-Dachverband „Insurance Europe“ (IE) vor den Risiken der Smart-Home-Technik. Während viele Systeme Komfort und Sicherheit versprechen würden, seien sie selbst Einfallstore für Hacker und Kriminelle. In einer Studie der Stiftung Warentest im August letzten Jahres schnitt keines der getesteten Smart-Home-Systeme gut ab. Das Fazit der Tester: die Systeme seien „schwach gegen Einbrecher“ (der Versicherungsbote berichtete).