Betriebsrente: Zwei von drei Arbeitgebern kennen Sozialpartnermodell nicht
Mit dem Sozialpartnermodell in der betrieblichen Altersvorsorge sollten speziell kleine und mittlere Unternehmen (KMU) dazu bewogen werden, mehr Betriebsrenten anzubieten. Doch einem Jahr nach dem Start tut sich nichts bis wenig — die Reform könnte zu einem gewaltigen Flop werden. Ein Grund könnte auch sein, dass viele das Modell gar nicht kennen, wie eine aktuelle Studie zeigt.
- Betriebsrente: Zwei von drei Arbeitgebern kennen Sozialpartnermodell nicht
- Sozialpartnermodell aus öffentlicher Wahrnehmung verschwunden
Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz (BSRG) wollte die frühere Bundessozialministerin und jetzige SPD-Chefin Andrea Nahles dazu beitragen, dass mehr Menschen eine Betriebsrente ansparen. Doch ein Jahr nach Inkrafttreten ist es still geworden um die Reform. Speziell das sogenannte Sozialpartnermodell (SPM) kommt nicht so recht aus den Startlöchern. Ein Pilotprojekt von Tarifpartnern gibt es aktuell noch nicht. Zwar bieten Versicherer bzw. Konsortien schon Modelle an — aktuell aber noch im luftleeren Raum.
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68 Prozent der Arbeitgeber kennen das Modell gar nicht
Ein Grund für die Schwierigkeiten könnte sein, dass schlicht wenige überhaupt vom Sozialpartnermodell wissen bzw. mit dessen Details vertraut sind. Das zeigt eine repräsentative Online-Umfrage unter Arbeitgebern im Auftrag der Signal Iduna. Genau genommen wissen lediglich sieben Prozent der Arbeitgeber, was es exakt ist, so berichtet der Versicherer in einem Pressetext. 23 Prozent von ihnen kennen es nur dem Namen nach. Die überwältigende Mehrheit aber, nämlich 68 Prozent, gaben an, das Modell nicht zu kennen. Für die Umfrage wurden 528 Unternehmens-Entscheider befragt.
„Es ist nur auf den ersten Blick verwunderlich, dass das Sozialpartnermodell bei den Arbeitgebern noch nicht durchgehend angekommen ist. Denn noch liegt der Ball bei den Tarifvertragsparteien. Diese müssen zunächst die grundlegenden Regeln aufstellen“, sagt Clemens Vatter, Konzernvorstand der Signal Iduna und zuständig für die Lebensversicherung.
Der Kern des Tarifpartnermodells: Arbeitgeber und Gewerkschaften können sich gemeinsam auf Betriebsrenten einigen. Dadurch sollen die Arbeitnehmer mehr Rechte zur Mitsprache erhalten. Im Gegenzug werden die Betriebe enthaftet: Sie müssen nicht mehr wie bisher üblich für die Höhe der Renten einstehen. Mindest- und Garantiezusagen sind gegenüber den zukünftigen Rentnern sogar verboten.
Viele Chefs wollen keine Betriebsrente ohne Garantien anbieten
Immerhin zeigt die Umfrage auch ein positives Ergebnis aus Sicht der Nahlesrente-Befürworter. Immerhin etwas mehr als jeder fünfte Unternehmensentscheider (21 Prozent) hält es für eher oder sehr sinnvoll, das Sozialpartnermodell im eigenen Betrieb anzubieten. Aber auch hier gibt es zugleich einen Dämpfer. Denn mit 32 Prozent der Befragten erachten es deutlich mehr als „weniger oder überhaupt nicht sinnvoll“, im eigenen Betrieb diese Betriebsrenten einzuführen.
Unter den Chefs, die der Nahles-Rente ablehnend gegenüber stehen, begründet dies jeder Zweite damit, dass er keine Betriebsrente ohne Garantien anpreisen will (52 Prozent). Beinahe jeder Fünfte (19 Prozent) sagt darüber hinaus, er scheue den bürokratischen Aufwand.
Gerade diese Haftungsbefreiung bei Garantien sollte eigentlich dazu beitragen, dass Betriebsrenten von Firmen in der Fläche breiter angeboten werden. „Die in Deutschland bislang lediglich erlaubten verschiedenen Formen von Leistungszusagen haben aus Sicht der Arbeitgeber den Nachteil, dass sie häufig mit über viele Jahrzehnte andauernden Verpflichtungen verbunden und deshalb nur schwer kalkulierbar sind“, hieß es hierzu im Gesetzesentwurf der Regierung. Wie viel Rente der Beschäftigte am Ende erhält, ist bei der Nahles-Rente abhängig vom Auf und Ab an den Kapitalmärkten - auch aus Sicht der Chefs scheinbar ein Unsicherheitsfaktor, wie die Umfrage zeigt.
Einen gewissen Ausgleich bilden immerhin die neuen Regeln zur Entgeltumwandlung, die mit dem BRSG wirksam wurden. Soweit der Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung seiner Mitarbeiter Sozialversicherungsbeiträge spart, ist er verpflichtet, den von ihm ersparten Arbeitgeberanteil an den Beiträgen in pauschalierter Form (15 Prozent des Umwandlungsbeitrags) zugunsten seines Beschäftigten an die Versorgungseinrichtung weiterzuleiten. Das betrifft die Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds. Die Regel gilt für alle neuen Vereinbarungen seit dem 1. Januar 2019. Für Verträge, die vor 2019 abgeschlossen wurden, ist erst ab 2022 der entsprechende Zuschuss zu zahlen.
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Laut einer Studie des Bundesarbeitsministeriums herrscht gerade bei den kleinen und mittelständischen Firmen Nachholbedarf in Sachen Betriebsrente. Speziell in Kleinstunternehmen, die weniger als zehn Mitarbeiter zählen, hat nicht einmal jeder Dritte (27 Prozent) eine entsprechende Anwartschaft erworben.
Sozialpartnermodell aus öffentlicher Wahrnehmung verschwunden
Nach Einschätzung der Signal Iduna zeigen die Ergebnisse deutlich, dass eine gemeinsame Initiative des Gesetzgebers und der Branche notwendig wäre, um das bestehende Informationsdefizit auszuräumen. Dies betreffe nicht allein das Sozialpartnermodell — auch alle anderen Durchführungswege der Betriebsrente.
„Das Sozialpartnermodell ist nach anfänglich großer Aufmerksamkeit bei der Einführung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes wieder aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden“, gibt Vorstand Clemens Vetter zu bedenken. „Tarifpartner und Anbieter arbeiten zwar im Hintergrund intensiv an Lösungen, aber die Umsetzung ist langwieriger als anfangs von den meisten Beteiligten erhofft. Die Befragung zeigt das, was wir auch in Gesprächen wahrnehmen: Die vom Gesetzgeber untersagten Garantien sind ein Knackpunkt.“
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Weitere Nachteile: die gesetzliche Rente schrumpft
Das fehlende Nachfrage kann aber auch aus anderen Nachteilen der Betriebsrente resultieren. Wer von der Entgeltumwandlung Gebrauch macht, zahlt Teile seines Bruttogehaltes in die Altersvorsorge ein. Bis zu einer bestimmten Grenze sind diese Beiträge frei von Sozialabgaben. Dadurch sammeln die Arbeitnehmer weniger Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung an, das schmälert ihre staatliche Rente. Die Bundesregierung hat diesen Effekt 2015 auf eine kleine Anfrage der Linken im Bundestag eingestanden (der Versicherungsbote berichtete).
Ein weiterer Nachteil: Wer gesetzlich sozial- und krankenversichert ist, muss spätestens seit einer Gesetzesreform im Jahr 2004 („Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung“) hohe Sozialbeiträge auf die Betriebsrente zahlen. Obwohl höchst umstritten, will die Politik an der hohen Beitragslast festhalten (der Versicherungsbote berichtete).
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- Sozialpartnermodell aus öffentlicher Wahrnehmung verschwunden