Wer von einem privaten Krankenversicherer zu einem anderen wechseln will, riskiert auch deshalb deutliche Mehrkosten beim Beitrag, weil er seine Alterungsrückstellungen ganz oder teilweise verliert. Jene Rückstellungen also, die Prämiensprünge im Alter abfedern sollen und aus den Beiträgen gezahlt werden müssen. Wer ab 2009 einen Neuvertrag abschloss, kann immerhin seine Rücklagen in Höhe der Leistungen aus dem Basistarif mitnehmen: freilich bedeutet das Verluste, wenn man einen Volltarif beim neuen Versicherer wählt. Wer bereits davor privat krankenversichert war, kann hingegen oft überhaupt keine Gelder aus dem Spartopf hinüberretten. Nicht selten gehen dem Versicherten so Zehntausende von Euro verloren.

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“Wer unzufrieden ist, muss wechseln können“

Hans Olav HerøyHUK-CoburgDer Verlust der Alterungsrückstellungen macht auch einen Wechsel des Anbieters oft unattraktiv, selbst wenn dieser seine Prämien anbietet oder sich im Service verschlechtert. Verbraucherschützer ärgert das schon lange — unter anderem hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) 2015 mit einem Gutachten Reformen angemahnt. Doch nun meldet sich auch eine Stimme aus der PKV-Branche selbst zu Wort. Hans Olav Herøy, bei der HUK-Coburg verantwortlicher Vorstand für die Krankensparte, fordert eine brancheneigene Initiative, um die Mitnahme der Alterungsrückstellungen zu erleichtern.

"Wenn jemand mit seinem Versicherer unzufrieden ist, muss er wechseln können“, sagte Herøy der „Süddeutschen Zeitung“. Dafür sollten die privaten Krankenversicherer ein Modell entwickeln, das die Mitnahme der Rückstellungen ermögliche: Das sei versicherungsmathematisch möglich. Eine Voraussetzung müsse freilich erfüllt sein: "Der Wechsel darf weder das Kollektiv noch den Versicherten schädigen.“

Dass es hierbei durchaus Hürden gibt, ist dem promovierten Aktuar, der Mathematik, Informatik, Statistik und Wirtschaft in Oslo und Köln studiert hat, durchaus bewusst. Problematisch seien vor allem Lösungen für Versicherte, die sehr krank seien und dennoch wechseln wollen, gibt der gebürtige Norweger zu bedenken. Für solche Fälle solle es ein branchenweites Ausgleichsverfahren geben und auch Erkrankungen vor Abschluss des Neuvertrages berücksichtigt werden.

Eine Wechselwelle hingegen, etwa vergleichbar mit der Kfz-Versicherung, fürchtet der HUK-Vorstand nicht. Auch die teilweise Mitgabe der Alterungsrückstellungen habe "die Anzahl der PKV-Wechsler nicht explodieren lassen, im Gegenteil", so Herøy. In Summe geht es um viel Geld: Aktuell haben die PKV-Versicherer 247 Milliarden Euro an Rücklagen angespart.

PKV-Branche hat es aktuell schwer

Der Vorstoß zeigt auch den Reformdruck, unter dem die privaten Krankenversicherer seit Jahren stehen. Das Niedrigzinsumfeld erschwert es, die gesetzlich vorgeschriebenen Alterungsrückstellungen anzusparen. Weil weniger Zins auf die eingesammelten Beiträge erwirtschaftet wird, müssen die Versicherer die Prämien raufsetzen, was auch dem Image der PKV schadet (der Versicherungsbote berichtete).

Zugleich schwächelt das Neugeschäft, so dass die Branche bei 8,8 Millionen Vollversicherten stagniert: die Hälfte davon beihilfeberechtigte Beamte von Bund und Ländern. In den Jahren 2016 und 2017 haben die Versicherer netto sogar Mitglieder an die Krankenkassen verloren, wobei sich im letzten Jahr die Branche erholt hat und den Vertragsbestand stabil halten konnte.

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Ein Grund ist auch die seit Jahren steigende Versicherungspflichtgrenze, die sich am Lohntrend orientiert: Erst wenn Arbeitnehmer diese knacken, dürfen sie von einer Krankenkasse zur PKV wechseln. Aktuell liegt sie bei 60.750 Euro Jahreseinkommen. Diesbezüglich fordert Herøy gegenüber der Süddeutschen auch ein Einlenken der Politik, so dass sie die Pflichtgrenze deutlich absenkt.