Die Riester-Rente „ReFlex“ ist ein Hoffnungsträger für die Gothaer Leben: die fondsgebundene Rentenversicherung soll "die Sicherheit eines klassischen Produkts mit den Renditechancen eines Fondsprodukts“ kombinieren, so zumindest die Eigenwerbung des Versicherers. Doch nachdem der Bund der Versicherten (BdV) gegen intransparente Klauseln klagte, setzte es eine herbe Klatsche für den Versicherer. Das Landgericht Köln gab dem Verbraucherverband in einer mündlichen Handlung Recht, bestimmte Klauseln darf die Gothaer nicht mehr verwenden, da sie den Verbraucher täuschen und benachteiligen würden: ein ImageGAU für den Anbieter.

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Doch die Gothaer will die Niederlage nicht auf sich sitzen lassen und geht nun in Berufung gegen das Urteil. Zwar werde man bei einer Komponente der Abschlusskosten nachbessern, sagte Leben-Vorstand Michael Kurtenbach bei der Bilanz-Pressekonferenz des Versicherers. So habe man eine zweite Abschlusskomponente zu zeitig angesetzt und deshalb zu hohe Abschlusskosten berechnet: Man hätte sie erst nach fünf Jahren berechnen dürfen und nicht bereits zum ersten Monat. Aber sonst sei bei ReFlex alles korrekt. Das Riester-Produkt sei bei der zuständigen Behörde, dem Bundeszentralamt für Steuern, vorschriftsmäßig eingereicht und zertifiziert worden. „Wir haben dafür einen Stempel bekommen“, so Kurtenbach. Deshalb sei sich die Gothaer besser, nach der Korrektur den Rechtsstreit zu gewinnen (der Versicherungsbote berichtete).

“Kalkulation bleibt verbraucherfeindlich“

Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des BdV.Bund der VersichertenZum Vorstoß der Gothaer meldet sich nun erneut der Bund der Versicherten (BdV) zu Wort. Und gibt sich ebenfalls siegesgewiss. Dabei erneuert der Verband in einem Pressetext viele Vorwürfe an den Versicherer. „Die verbraucherfeindliche Kalkulation der Gothaer wird sich auch in der nächsten Instanz als nicht rechtskonform erweisen“, sagt BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein. Der Verband sehe deshalb dem Gerichtsverfahren „zuversichtlich entgegen“.

Dabei widerspricht der Verband auch einer grundsätzlichen Aussage von Gothaer-Vorstand Michael Kurtenbach. Denn anders als es der Manager behaupte, habe das Landgericht Köln keineswegs nur eine Korrektur bei der zweiten Abschlusskosten-Komponente angemahnt. „Anders als von der Gothaer jetzt behauptet, hat der BdV nicht nur in einem Punkt gewonnen. Tatsächlich darf die Gothaer 28 der monierten Punkte nicht mehr verwenden“, heißt es im Pressetext. Insgesamt hatte der Verbraucherverband 41 Klauseln bzw. Angaben in den Produktinformationsblättern abgemahnt, die rechtswidrig oder gar rechnerisch falsch seien.

Streit um zu hohe Abschlusskosten — und falsch berechnete Garantien

Konkret warf der BdV der Gothaer vor, deutlich zu hohe Abschlusskosten anzusetzen. Stolze 160 Promille Abschlusskosten würde der Versicherer vom Kunden abzwacken, so versuchte der Verband anhand einer Beispielrechnung aufzuzeigen. Für eingezahlte Beiträge in Höhe von 41.842 Euro werden Abschlusskosten in Höhe von 6.802 Euro berechnet, so das Ergebnis für einen Vertrag mit 40jähriger Laufzeit. Laut einem Urteil des Oberlandesgerichtes Köln sei es jedoch unzulässig, neben der Zillmerung in Höhe von 25 Promille (nach der DeckRV) weitere Abschlusskosten zu berechnen (Az. 20 U 201/15).

Hier hatte sich die Gothaer mit dem Argument gewehrt, der BdV würde bewusst nachteilig rechnen. So würden auch bei ReFlex nur 25 Promille für den Vertragsabschluss berechnet. Zusätzliche Abschlusskosten seien hingegen abhängig vom Erfolg der zugrunde liegenden Kapitalanlage. „Eine sehr gute Fondsperformance führt daher zu höheren Abschlusskosten, aber eben auch zu deutlich höheren Leistungen für den Kunden“, sagte eine Sprecherin des Versicherers dem Versicherungsboten.

Ein Argument, dass BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein auch jetzt nicht akzeptieren will. Die von der Gothaer nun angekündigte Korrektur der Abschlusskostenkalkulation beanstandet der Verbraucherverband zwar nicht, sehe darin jedoch nur eine kosmetische Verbesserung, positioniert sich der Aktuar. „Denn auch weiterhin möchte die Gothaer überzogene Abschlusskosten über die Zillmerung hinaus ansetzen“, kritisiert Kleinlein.

„Wenn der Vorstandsvorsitzende Herr Kurtenbach behauptet, alle Versicherer würden bis zum Anschlag zillmern, dann ist das schlichtweg falsch. Es ist selbstverständlich möglich, auch ungezillmerte Tarife und auch Tarife gänzlich ohne Abschluss- und Vertriebskosten zu kalkulieren, wie zum Beispiel sogenannte Nettotarife“, positioniert sich Kleinlein weiter.

Abschlussprovisionen gedeckelt

Mit dem Urteil des Landgerichts Köln sei zum vierten Male in Folge gerichtlich entschieden worden, dass die Abwälzbarkeit von Abschlussprovisionen auf Kundinnen und Kunden bei Riester-Verträgen gedeckelt sei, positioniert sich der BdV weiter. Und verweist darauf, dass die Gothaer keineswegs ein Einzelfall sei, der Rechtsstreit folglich für ähnlich gebaute Produkte relevant.

Hier fordert der BdV ein stärkeres Eingreifen des Gesetzgebers — und sprich sich für einen allgemeinen Provisionsdeckel aus. „Wer Versicherungsverträge mit staatlichen Förderungen vertreibt und damit seine Provisionen zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler subventionieren lässt, der muss akzeptieren, dass dann der Staat auch regulierend eingreift“, so Kleinlein. Der offizielle Referentenentwurf für einen Provisionsdeckel von Leben-Produkten wurde am Gründonnerstag vor Ostern präsentiert (der Versicherungsbote berichtete).

Ein weiterer Vorwurf des BdV in Richtung Gothaer: Laut Beispielrechnung des Produktinformationsblattes für eine Riester-Rente mit 40jähriger Laufzeit sind dem Sparer nur die eingezahlten Beiträge garantiert, nicht aber die staatlichen Zulagen. Das wäre ein klarer Verstoß gegen das Altersvorsorgezertifizierungsgetz (AltZertG). Demnach müssen dem Sparer sowohl die Beiträge als auch die Zulagen zugestanden werden: ein zwingendes Muss für eine förderfähige Rente.

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Dem hält die Gothaer entgegen, dass ihr Produkt von der zuständigen Zulassungsbehörde geprüft und zugelassen worden sei. Folglich erfülle das Produkt alle Vorgaben des Gesetzgebers. Hier muss nun die Berufungsinstanz entscheiden, welche Seite sich im Recht fühlen kann.

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