EU-Parlament will Amazon, Check24 und Co. zu mehr Transparenz verpflichten
Geht es nach dem Willen des EU-Parlamentes, dann müssen Onlineportale bald die Grundlagen offenlegen, anhand derer sie Produkte und Dienstleistungen ranken. Das würde auch große Anbieter wie Amazon oder Versicherer-Vergleichsportale betreffen. Die Reform für mehr Transparenz im Netz könnte aber noch vom Rat der EU-Staaten gekippt werden: Es wäre nicht das erste Mal. Zuletzt hatte eine Studie des Bundeskartellamtes Transparenzmängel bei in Deutschland tätigen Webportalen gezeigt.
Onlineportale könnten in der EU bald zu mehr Transparenz verpflichtet werden. Zumindest dann, wenn eine entsprechende Reform auch die letzte Hürde nimmt, nämlich den Rat der EU-Staaten. Demnach hat das Europaparlament eine Richtlinie beschlossen, wonach die Anbieter im Netz künftig strengere Regeln beachten müssen, um Schleichwerbung und Interessenkonflikte zu vermeiden. Das berichtet Zeit Online sowie die Deutsche Presse-Agentur (dpa).
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Laut der Richtlinie sollen Onlineportale künftig offenlegen, wie das Ranking für Produkte und Dienstleistungen zustande kommt. Das betrifft nicht nur Vergleichsportale wie Check24 oder booking.com, sondern auch große Anbieter wie Amazon oder Ebay. So soll insbesondere ersichtlich werden, ob bestimmte Angebote nur deshalb ganz oben gelistet werden, weil die Produktgeber hierfür besonders hohe Provisionen zahlen. „Das ist klar Werbung und muss als solche gekennzeichnet werden“, wird SPD-Verbraucherexpertin Evelyne Gebhardt zitiert.
Auch empfindliche Strafen vorgesehen
Darüber hinaus sollen die Portale über weitere Grundlagen der Produktrankings sowie -empfehlungen aufklären. Etwa, ob sie Algorithmen für personalisierte Werbung und Preise verwenden. Auch, ob der Geschäftspartner eine Privatperson ist oder ein Unternehmen, soll nun noch genauer dargestellt werden. Bei Verstößen drohen Konsequenzen: Nicht nur sollen Verbraucher Anspruch auf Entschädigung haben und den Vertrag kündigen dürfen, wenn die Rankings etwa irreführend und intransparent sind. Die Portale sollen auch bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes als Strafe bezahlen müssen.
Die strengeren Vorgaben müssen nun noch vom Rat der EU-Staaten verabschiedet werden, nachdem bereits EU-Kommission und auch das Parlament in Brüssel zugestimmt haben. Unterhändler von Parlament und Regierungen hätten sich bereits vorab geeinigt, berichtet die „Zeit“. Dennoch kann die Reform noch zu Fall gebracht werden. Es wäre nicht das erste Mal: unter anderem hat der Länderrat eine Richtlinie verhindert, wonach Hersteller ihre Produkte, zum Beispiel Lebensmittel, denselben Inhalt bieten müssen, wenn sie mit einheitlichen Markennamen verkauft werden.
Die neue Richtlinie würde vier Verbraucherrichtlinien an das Internetzeitalter anpassen, heißt es weiter. Den Regierungen bliebe dann zwei Jahre Zeit, um die Regeln in nationales Recht zu gießen.
Fast alle Einnahmen aus Provisionen
Die fehlende Transparenz der Portale steht schon länger in der Kritik, auch in Deutschland. Mit Blick auf Vergleichsportale hat unter anderem das Bundeskartellamt Besserungen angemahnt. Auch die Behörde bemängelte, dass Interessenkonflikte wie hohe Provisionen teils zu Rankings führen würden, die den abschlusswilligen Kunden im Unklaren darüber lassen, weshalb ein Produkt besonders gut oder schlecht bewertet werde (der Versicherungsbote berichtete).
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Ein Ergebnis der Bundeskartellamt-Studie: Beim Vergleich von Versicherungen generieren Vergleichsportale mehr als 90 Prozent der Einnahmen aus Provisionen. Ein besonderes Dorn im Auge ist den Analysten dabei die sogenannte Position Null: Angebote, die ganz oben im Vergleich gerankt werden. Hier werden häufig nicht die besten oder passendsten Tarife für den Kunden gelistet, sondern die Produktbieter zahlen für einen guten Ranking-Platz. Mehr als jeder vierte Kunde entscheidet sich dann dennoch für ein Produkt, das die Liste anführt.