SPV: Implizite Schulden von 435 Milliarden Euro
Die Studie aber sieht ein solches Misch-System keineswegs als Problem, sondern legt es sogar nahe. Und es könnte auf eine Art angewandt werden, die Auswege schafft aus der Demographie-Misere. So wäre es möglich, dass junge Versicherte zum einen durch höhere Prämien einen eigenen Kapitalstock fürs Alter aufbauen. Zum anderen könnte ein weiterer Teil dieser (dann freilich noch höheren) Prämien die Prämiendefizite der Älteren ausgleichen und so zu einem umlagefinanzierten Ausgleich führen. Wendet man aber diese Misch-Kalkulation auf die Versichertenstruktur der gesetzlichen Pflegeversicherung in 1997 an, hätten laut Studie alle Versicherten den Maximalbeitrag von 53 Euro zahlen müssen, um Prämien- und Einnahmedefizite durch die älteren Versicherten auszugleichen – angefangen vom 20-Jährigen bis zum 90-Jährigen. Im Grunde hätten Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung demnach von allen Versicherten den Maximalbeitrag der Beitragsbemessungsgrenze für Gutverdiener erfordert.
- WIP-Studie errechnet für die Gesetzliche Pflegeversicherung 435 Milliarden Euro Schulden
- SPV: Implizite Schulden von 435 Milliarden Euro
Studie wirbt für Misch-System
Ein gangbarer Weg gegenüber dem umlagefinanzierten System? Zumindest problematisiert die Studie diese, für zukünftige Verpflichtungen notwendige, Beitragshöhe für 1997 nicht in ihrer Umsetzbarkeit. Angepriesen wird stattdessen eine Kalkulation, die durch Einbeziehen der Rücklagen zu solchen Beitragshöhen führt. Denn die Rücklagen könnten als eine Art Hebel wirken: Durch diesen wichtigen Bestandteil einer kapitalgedeckten Kalkulation würde es auf Dauer sogar gelingen, nach und nach die Prämien abzusenken und negative Kosteneffekte sowohl durch nicht gedeckte Kosten der Älteren als auch durch demographische Strukturen auszugleichen.
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Denn nach und nach wird ja ein Kapitalstock für den Ausgleich aufgebaut, so dass weniger Mittel für das Umlageverfahren nötig wären. So rechnet die Studie vor, dass auf lange Frist die Durchschnittsprämien eines solchen Mischsystems sinken könnten. Hingegen prognostiziert sie drastische Beitrags-Verteuerungen für das jetzige und umlagefinanzierte Modell der gesetzlichen Pflegeversicherung, verweist hierbei auf eine zweite und ebenfalls aktuell veröffentlichte Studie des WIP-Instituts: Bis 2040 könnte der Beitragssatz zur Pflegeversicherung von aktuell 3,05 Prozent auf 4,1 Prozent oder (im ungünstigsten Falle) sogar auf 7,9 Prozent steigen, wie aktuell u.a. das Handelsblatt berichtet.
Implizite Schulden von 435 Milliarden Euro
Dieses drastische Ansteigen des Beitragssatzes (das Handelsblatt spricht von einer "Zeitbombe für den Sozialstaat") ist laut Studie insbesondere den nicht gebildeten Rücklagen für zukünftige Ausgaben geschuldet. Würde man Kalkulationsgrundlagen der privaten Pflegeversicherung als Prämisse vorgeben, hätte bereits ein enormer Kapitalstock zum Decken zukünftiger Aufgaben aufgebaut werden müssen. So rechnet die Studie mit einer „impliziten Schuld“ von 435 Milliarden Euro – diese Gelder also fehlen gemäß Kalkulation der privaten Pflegeversicherung dem aktuellen umlagefinanzierten System für zukünftige Verpflichtungen.
Freilich: Nicht nur die Umlageverfahren (wie grundlegend für die gesetzliche Pflegeversicherung) haben mit dem demographischen Wandel zu kämpfen. Und wenn die aktuelle Studie aus dem Institut der privaten Versicherer einer gesetzlichen Pflegeversicherung die Zukunftsfähigkeit abspricht, sprach zuvor eine Aufsehen-erregende Studie des Frankfurter Beratungshauses PremiumCircle, durchgeführt im Auftrag der Grünen, just jenen kapitalgedeckten Verfahren die Zukunftsfähigkeit ab – wenngleich mit Bezug auf die private Krankenversicherung.
Das Ergebnis dieser Studie fasste Claus-Dieter Gorr, Geschäftsführer der PremiumCircle Deutschland GmbH, gegenüber dem Versicherungsboten wie folgt zusammen: Die PKV-Branche wäre „per se nicht überlebensfähig“. Denn nicht anders als die gesetzliche Pflegeversicherung kämpfen auch private Krankenversicherer mit dem „Risiko von überproportionalen kassenindividuellen Beitragssteigerungen“ sowie mit Negativbilanzen, die insbesondere für die Zukunft einen düsteren Ausblick bieten.
Im Vergleich privater Versicherer mit der gesetzlichen Krankenversicherung sieht der Experte sogar einen Leistungsvorteil der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gegenüber der privaten Krankenversicherung (PKV). Kalkulationsgrundlagen und Leistungspolitik der privaten Versicherer jedoch erweisen sich hierbei nicht selten als „Black Box“. Wenngleich also die Studie aus dem Haus der privaten Versicherer einen Vorteil kapitalgedeckter Kalkulationsverfahren behauptet, wollen sich viele private Versicherer just bei ihrer Kalkulation lieber nicht in die Karten schauen lassen.
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Wem aber ist nun bei diesem Konflikt beizupflichten, wer steckt tiefer in der Krise – die Umlageverfahren der Sozialversicherung oder die kapitalgedeckten Angebote privater Versicherer? Die Wahrheit könnte nicht in der Mitte, sondern in beiden gegenläufigen Studien liegen: Sowohl die gesetzliche Pflegeversicherung als auch die private Krankenversicherung stehen vor einem Reformbedarf. Und Antworten für die Zukunft, wie eine abnehmende Zahl von Beitragszahlern zunehmende Kranken- und Pflegekosten schultert, sind für die Sozialversicherung als auch die private Krankenversicherung dringend geboten!
- WIP-Studie errechnet für die Gesetzliche Pflegeversicherung 435 Milliarden Euro Schulden
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