Lehre 1: Selbst die größten Bollwerke fallen irgendwann

Für über 8.300 Jahre beschützte die große eisige Mauer, eine gigantische Grenzbefestigung, die Bewohner der Sieben Königreiche vor den Gefahren aus dem Norden. Sicherheit war selbstverständlich. Als sich nun das Unheil in Form der Armee der Untoten näherte, dachte niemand daran, dass die Mauer jemals überwunden werden könne. Ein Durchbruch ungebetener Gäste war schlicht undenkbar.

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In der Versicherungswirtschaft waren es hohe Markteintrittshürden, die über lange Zeit neue und ernsthaft gefährliche Akteure fern hielten. Für Jahrzehnte blieb man unter sich. Dies erklärt auch, warum so viele Versicherungsvorstände sich zu Anfang über die Gründer ohne Schlips und Techies in Pullovern lustig machten. Sie glaubten an die Unüberwindbarkeit der Markteintrittsbarrieren und wiegten sich, ihre Vorstandsversorgung und ihr Geschäftsmodell in Sicherheit.

Wie jedoch in Game of Thrones war dies eine Scheinsicherheit. Anstatt des Nachtkönigs mit der Armee der Untoten nehmen nun Insurtechs, Start-Ups, Tech-Giganten und bis zu einem gewissen Grad auch die Rückversicherer Teile der Wertschöpfungskette ins Visier und strömen in den Markt.

Daher gilt, bei uns wie bei Game of Thrones: Selbst die größten Bollwerke fallen irgendwann.

2. Lehre: Risiken eingehen und Opfer bringen kann die sicherste Option sein

Dr. Robin Kiera ist ein international bekannter Insurtech- und Fintech-Experte und gefragter Speakerc) Fotograf Tom Kamlah (MS Altona)Nachdem die Mauer durchbrochen und die Sieben Königreiche dem Untergang geweiht waren, vereinigten sich die wichtigsten Entscheidungsträger (Jon und Sansa mit den Armeen des Nordens, Theon und die Eisenmänner, Arya und der Rest der Nachtwache, Brienne, Bran, etc.) und riskierten alles, um der Gefahr entgegenzutreten. Obwohl der Vormarsch der Armee der Untoten unaufhaltbar schien, vereinten sich alle. Damit riskierten sie ihre politischen Karrieren, das Vermögen ihrer Adelsfamilien und ihr persönliches Überleben. Anstatt die Gefahr zu ignorieren und alles beim Alten zu belassen, schmiedeten sie einen innovativen Plan und setzten ihn mutig um, jeder bereit alles diesem Plan zu opfern, um die aussichtslose Schlacht von Winterfell zu gewinnen.

Heute sieht sich die Versicherungswirtschaft mit einer Reihe an Herausforderungen konfrontiert:

  • Verändertes Kundenverhalten und Kundenerwartungen
  • Neue Marktteilnehmer
  • Ungünstige Marktbedingungen
  • Regulatorik

Wenn weiterhin überforderte und überalterte Entscheider mit ihren häufig nicht weniger überforderten und überalterten Belegschaften das Geschehen bestimmen, wird es fast unmöglich sein auf diese Herausforderungen eine adäquate Antwort zu finden. Um nicht nur das Erreichte der letzten Jahrzehnte zu verteidigen, sondern die Wachstumschancen der digitalen Revolution zu nutzen, müssten die Entscheider die Ernsthaftigkeit der Situation erkennen und konsequent handeln. Es bräuchte unternehmensübergreifende Zusammenarbeit sowie das Umsetzen ungewöhnlicher Maßnahmen der Anwendung neuer Taktiken und Tools, um die unendlichen Möglichkeiten des Internets für das eigene Wachstum zu nutzen.

Denn es gilt: Nichts tun, ist die risikoreichste Option. Wer scheinbar alles riskiert, kann am Ende gewinnen.

Lehre 3: Unterschätze die kleinen Akteure lieber nicht

Die größten und stärksten Kämpfer der sieben Königslande wie Brienne, Edd oder “der Hund” kamen in Winterfell zusammen, um den gemeinsamen Feind zu bekämpfen. Tausende tapfere Krieger kämpften an ihrer Seite. Am Ende war es jedoch die zierliche Arya Stark, die den Nachtkönig aus dem Nichts überraschte und ihm mit einem Dolch besiegte. Die kindliche Arya besiegte den übermächtigen Gegner und entschied den Ausgang der Schlacht und das Schicksal der gesamten Königreiche.

Auch in der Versicherungswirtschaft lauern unauffällige, unterschätzte Ayra Starks im Schatten, etwa Insurtech-Start-Ups, die Tech-Giganten, Rückversicherer oder Open Banking nutzende Banken. Wer selbst bei guten Vertriebs- und Geschäftszahlen diese Akteure unterschätzt und glaubt, die Schlacht um die Versicherungswirtschaft sei gewonnen, könnte einen fatalen Fehler begehen.

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Kein einziger Marktteilnehmer sollte als möglicher Disruptor unterschätzt werden - die kleinsten am wenigsten.

...selbst die sichersten Orte können Todesfallen werden

Lehre 4: Selbst die sichersten Orte können Todesfallen werden

Schon vor der Schlacht von Winterfell wurden Frauen, Kinder und Alte (und Tyrion) in die unterirdische Gruft gebracht, um sie vor den Kämpfen zu schützen. Das leuchtet im ersten Moment ein. In Game of Thrones wir die scheinbar so sichere Gruft allerdings zur Todesfalle.

Auch in der Versicherungswirtschaft verlassen wir uns häufig auch auf erprobte Methoden, Technologien und Taktiken. “Weil wir es immer schon so gemacht haben” oder “weil es die sicherste Option ist” sind ein häufig gehörte Sätze. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass vieles, was sich in der Versicherungswirtschaft in den letzten 100 Jahren bewährt hat, heute als wenig hilfreich herausstellt und zum Niedergang von Unternehmen beiträgt.

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Wenn Versicherer beispielsweise 99 Prozent ihrer IT-Budgets (Dutzende Millionen bis Milliarden Euro) für den Erhalt und die Weiterentwicklung veralteter Legacy-IT- Systeme versenken, anstatt ernsthaft (das heißt, mit ordentlich Geld) neue Technologien, Tools und Taktiken zu entwickeln, sieht dies für mich sehr nach der Gruft von Winterfell aus.

Lehre 5: Nicht alle werden im Ernstfall mitziehen

Für einen kurzen Moment schien es, als ob in den Sieben Königslande und alle wichtigen Akteure ihre sonst blutig ausgetragenen Machtkämpfe hinter sich ließen, um gemeinsam gegen die Armee der Untoten zu kämpfen - selbst die machtgierige und rücksichtslose Cersei. Am Ende verriet sie jedoch alle, vor allem um ihre Armee und damit ihre Macht zu schonen.

Man sollte sich keiner Illusion hingeben, selbst falls mutige und visionäre Manager die Kräfte ihrer Unternehmen zum Wohle der Industrie bündelten (wie etwa bei der B3i-Initiative), würde es immer auch die Cersei’s der Versicherungswirtschaft geben. Es wären Leute, die im letzten Moment zugesagte Unterstützung aus egoistischen Gründen zurückziehen, um sich kurzfristig einen (scheinbaren) Vorteil zu sichern.

Game of Thrones, wie fast alle gut gemachten TV-Serien, illustriert grundsätzliches menschliches Verhalten und Konflikte. Sie zeigen das Gute, das Schlechte und alles dazwischen. Daher inspirieren sie auch immer wieder über die Unterhaltung hinaus. Wenn uns Game of Thrones etwas lehrt, dann dass sich die Versicherungswirtschaft deutlich ändern muss. Es bleibt nur eine Frage für jeden: Auf welcher Seite will ich stehen?

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Dr. Robin Kiera, Leitungspositionen in Vertrieb, Betrieb und Start-Ups, Insurtech & Fintech Influencer mit über 50.000 Followern auf Social Media. Gründer und CEO von Digitalscouting.

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