Wenn man Makler Mitte Fünfzig fragt: „Würdest Du heute noch einmal Makler werden wollen“, dann gibt es bei der Antwort durchaus viel Zögern. Die erfolgreichen Makler sagen meist „Ja, aber…“ und bei den anderen herrscht viel Unzufriedenheit mit der Branche, den Mitbewerbern und sich selbst auch. Dennoch findet man kaum einen Makler, der seinen Job nicht gern machen würde, auch wenn es Höhen und Tiefen gibt. Die Zusammenarbeit mit Menschen macht vielen Spaß und erfolgreiche Beratung sowie Schutz der Kunden vor Risiken bringt persönliche Zufriedenheit und natürlich auch finanziellen Lebensunterhalt.

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Die Qualifizierung muss stimmen

Der @AssekuranzDoc

Der @AssekuranzDoc

Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Bei manchem Seniormakler wurden die Grundsteine für eine solide Qualifizierung in den Kursen der Ausschließlichkeit oder durch Learning by Doing gelegt. In der Ausschließlichkeit und manchen Vertrieb heißt das auch heute noch Bordstein-Konferenz. Aber die meisten Vermittler haben schnell gemerkt, dass es ohne gutes Basiswissen beim Kunden schnell vorbei sein kann. Die Kunden sind anspruchsvoller geworden und informieren sich oft vor oder nach dem Gespräch im Internet oder bei Vergleichsplattformen zu den Produkten und Preisen.

Besonders die Inhaber gestandener mittelständischer Maklerunternehmen haben noch einmal die Schulbank in einem Fernstudium oder der IHK gedrückt. Vor einiger Zeit erzählte mir ein Makler in Sachsen, der jetzt sein 25jähriges Maklerjubiläum feierte, dass er ohne sein Zusatzstudium nie den Weg zu einer Maklerfirma der erreichten Größe geschafft hätte.

Der Titel Versicherungs- oder Finanzfachwirt oder auch ähnliche Hoch- oder Fachschulabschlüsse sind immer häufiger zu finden. Auch duale Studiengänge werden genutzt, um das persönliche Profil und die Kompetenz weiterzuentwickeln. Und das ist für das Image der freien Vermittler allgemein sehr begrüßenswert.

Jungmakler werden ist nicht leicht

Als Unternehmensberater werde ich oft von jungen Mitarbeitern von Vertrieben oder Ausschließlichkeitsorganisationen dazu eingeladen, die ersten Schritte in die Freiheit des Maklerseins zu besprechen und zu begleiten. Oft wird dies auch mit der Frage verbunden, ob möglichst nicht gleich ein Bestand zum Kauf bereitstehen würde. Hierzu einige Empfehlungen:

  1. Jungmaklern in spe ist unbedingt zu empfehlen, sich vor dem Schritt in die komplette Selbständigkeit mit genügend Vorlaufzeit ein solides fachliches Rüstzeug zuzulegen. Dies gilt besonders, weil in einem vielfach gesättigten Kundenmarkt nur noch starkes Know-how und Spezialisierung einen erfolgreichen Weg verspricht.
  2. Online-Portale sowie neue Anforderungen durch die Gesetzgeber in Berlin und Brüssel machen einen ganz klaren Fokus auf die anvisierte spezielle Zielgruppe notwendig, um nicht ins Nachsehen zu geraten. Hierfür ist Spezialwissen und ein Konzept zur persönlichen oder online-persönlichen Kundenansprache notwendig.
  3. Der zukünftige Makler muss eine gehörige Portion Know-how bei den modernen Kommunikationsmitteln und -formen, für Online-Marketing und - Sales sowie digitaler Datenverarbeitung inklusive Dokumentation mitbringen. Nur mit der persönlichen Beratung von Freunden und Bekannter wird er nicht leben können.
  4. Tendenziell hat der Makler als Einzelkämpfer bei der Vermittlung von Versicherungen kaum Chancen zu nachhaltigem Erfolg. Er braucht für sein spezielles Geschäftsmodell ein ertragreiches Beratungskonzept sowie die entsprechenden Produkte sowie Verbündete in Form von Kooperationspartnern und Servicedienstleistern wie beispielsweise den passenden Maklerpools.

Jungmakler mit einem betriebswirtschaftlichen Studium als fachlichem Hintergrund werden mit größerem Erfolg zu einem kompetenten Ansprechpartner für anspruchsvolle Privatkunden oder Freiberufler und Gewerbetreibende. Mit guter Qualifizierung und schon einem Stück Erfahrung bei Beratung und Verkauf kann man dann zügig ein passendes Konzept für eine ganzheitliche und analytische Beratung erstellen.

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Wenn beim Lesen dieser Zeilen mancher Senior-Makler mit den Augen rollt, dann möchte ich den Kollegen sagen, dass Jungmakler in der Gegenwart einfach keine Zeit mehr haben, in Jahrzehnten ein persönliches Konzept wachsen zu lassen. Wenn es nicht nach kurzer Zeit schon ausreichenden Erfolg gibt, dann überlebt der Jungmakler wirtschaftlich nicht.

Chancen für den Aufbau eines Kundenbestandes

Das beste Fachwissen nützt natürlich nichts, wenn man keine Kunden hat. Und die Frage nach den Kunden bewegt immer wieder junge und auch ältere Makler. Die Antworten sind sehr vielfältig. Wie groß muss der Kundenbestand sein, damit ich davon leben kann? Bestand kaufen, aber von was?

Nach meiner Erfahrung ist der beste Kundenbestand immer der, den ich mir selbst aufgebaut habe. Dafür gibt es durchaus gute Chancen. Bei allem Lamentieren über unsere demografische Situation in Deutschland – es gibt noch viele Kunden in den jüngeren Altersgruppen. Bei den 20- bis 29jährigen und 30- bis 39jährigen sind das jeweils rund 10 Millionen Menschen.

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Auch die nachfolgende Altersgruppe der 40- bis 49jährigen haben wir es mit einem gewaltigen Kundenpotential von rund 14 Millionen Menschen zu tun. Alle diese potentiellen Kunden haben Bedarf an Versicherungen und Kapitalaufbau. Das Kundenpotential ist da. Es gilt, aus den jeweiligen Kundensegmenten diejenigen mit dem Geschäftskonzept anzusprechen, deren Beratung und Betreuung den Jungmakler überleben und leben lässt. An vielen Kunden wenig zu verdienen ist da sicher nicht der richtige Weg.

Ich möchte den Startern in die Branche den Kauf eines oder mehrerer Bestände nicht ausreden. Aber für diesen Weg braucht man eben auch Investitionsmittel und weitere Ressourcen, wenn daraus etwas werden soll. Wenn ich plötzlich 300 oder 400 Kunden zu meinem Bestand dazu bekomme, dann muss man dies mit Man/Woman-Power auch bewältigen können. Die Technik sollte ebenso bereit stehen wie die notwendigen Ressourcen, um nicht an der aufgeladenen Mehrarbeit zu scheitern.

Jungmakler als Unternehmer

Wenn hier eingangs geschrieben wurde, dass ein solides Maß an fachlicher und persönlicher Kompetenz von Jungmaklern gefordert wird, dann möchte ich noch auf einen anderen Aspekt hinweisen, der auch bei gestandenen Maklern nicht immer stark ausgeprägt ist – der Makler als Unternehmer.

Wer heute als Makler beginnt, sollte schon ein relativ klares Bild dafür haben, wie er sein kleines Unternehmen aufbauen will. Beim Coaching von Jungmaklern versuche ich, mit diesen ein Bild der zukünftigen Maklerfirma in zwanzig oder mehr Jahren zu entwickeln.

Das fällt den jungen Kollegen nicht leicht, weil häufig ganz andere Aspekte beim „Maklerwerden“ eine Rolle spielen. Man will weg aus einem Strukturvertrieb. Man will weg von unangenehmen Führungskräften in der AO. Man will als Mitarbeiter einer Maklerfirma endlich selbst Chef sein.

In den Gesprächen um die Vision der Maklerfirma in der mittelfristigen Zukunft geht es um die anvisierten Kundengruppen, die Art der Kundengewinnung, um ertragreiche (!) Produkte, mögliche Kooperationen oder auch des passende Vergütungsmodell. All dies braucht man, will man nicht im Zickzack-Kurs über den Markt irren. Nur so ist ein möglichst zukunftssicheres Arbeiten möglich.

Ziele definieren - und eine Strategie erarbeiten

Aus so einer Vision sind dann die entsprechenden Ziele, eine Strategie, wie man diese erreichen will und dann konkrete organisatorische und technische Maßnahmen abzuleiten. Apropos Ziele: Natürlich kann ein Ziel sein, nach einer gewissen Zeit Millionär zu sein und einen Ferrari zu fahren. Solche Ziele können Menschen zu Höchstleistungen anstacheln. Solche Ziele können bei Misserfolg aber auch schnell zur Depression und zum Aufgeben führen.

Welche Ziele meine ich dann? Zum Beispiel die Frage: Was für ein Makler möchte ich für meine Kunden sein? Der Spezialist für Arbeitskraftabsicherung in meiner Stadt. Oder: Der Makler in meiner Region, der „grüne“ Altersvorsorgeprodukte vertreibt. Oder: Der Makler, der im Internet der Spezialist für die Versicherung von Pferden, Katzen oder ... ist. Mit solchen Zielen und entsprechenden Maßnahmen lassen Sie vom ersten Tag mehr Zufriedenheit in den Alltag einziehen, auch wenn es finanziell am Anfang noch nicht so läuft.

Es sind Entscheidungen zu treffen, mit welcher Technik von welchem Anbieter man arbeiten will. Bei der Auswahl für ein Maklerverwaltungsprogramm und die Beratungssoftware kann man eben nicht nur auf den Preis schauen, sondern muss Mobilität und Nachhaltigkeit im Blick behalten. Und wer bei notwendigen Investitionen schon ein wenig klamm in die Brieftasche schaut, der sollte es sich wirklich dreimal überlegen, ob er in einer anderen Vertriebsform nicht besser aufgehoben ist.

Nicht zu vergessen sind weitere unternehmerische Entscheidungen: etwa zum gewollten Marketing und Image, Inhalt und Form der Homepage als Visitenkarte im Internet, zur Art und Weise der Kundenberatung, Kundenbindung und nicht zuletzt zur Auswahl der Produktpartner.

Vorsicht vor Tricks von Bauernfängern

Am Markt sind verschiedene Angebote zur Unterstützung von Vertretern aus der AO, also von Ausschließlichkeitsorganisationen von Versicherern oder Vertrieben zu finden, die einen leichten Weg zum Maklerwerden versprechen. Im Fokus steht dabei die Mitnahme von früheren, bereits gewonnenen Kunden per sogenannter Umdeckung. Das klingt dann in etwa so:

„Wir helfen Ihnen mit unserem langjährigen Know-how, Ihren Bestand von X nach Y zu bringen. Als unabhängiger Dienstleister an Ihrer Seite, erhalten Sie kompetente Unterstützung aus einer Hand.“ Klingt gut, ist aber in vielen Fällen nach den Verträgen als Handelsvertreter sowie §84 HGB mit einem Versicherer oder Vertrieb weder korrekt noch anzuraten. Ernsthafte juristische Konsequenzen mussten so manche Jungmakler auf diesem Wege erfahren und erleiden.

Dazu sei auf eine Entscheidung des LG Münster vom 31.07.2015, Az 08 O 192/15 zur Unterlassung der Veranlassung von Kunden zur Kündigung von bestehenden Maklerverträgen verwiesen. Hier hatte ein noch nach §84 agierender Handelsvertreter seine Kunden mit Aussicht auf seine zukünftige Tätigkeit dazu animiert, die bisherigen Maklerverträge zu kündigen: während des bestehenden Tätigkeitsvertrages. Nach seinem Ausscheiden als Handelsvertreter gingen dem früheren „Arbeitgeber“ über 100 Kündigungen von Kundenverträgen zu. Das Landgericht sah darin einen Verstoß gegen die nach §84 verpflichtende Interessenwahrnehmung.

Die Rechtsanwälte Evers und Oberst bewerteten die Folgen so: Dem §84er sei ein Tätigwerden in der Form untersagt, „dass er bereits frühzeitig gegenüber den Kunden für seine zukünftige Tätigkeit vorsorgend tätig werde und sich bereits darum kümmere, einen fließenden Übergang zu gewährleisten...“ (Versicherungswirtschaft 10.2015). Dieses Abwerbeverhalten ist nach §§8 in Verbindung mit 4 Nr. 10 UWG klar wettbewerbswidrig.

Fazit:

In den kommenden Jahren werden viele Seniormakler das Geschäft aufgeben. Aber allein auf diese Karte per Bestandskauf zu setzen genügt nicht, wenn man heute als Jungmakler in umkämpften Markt um die Kunden einsteigen will.

Ohne fachliche Kompetenz, einen klaren Fokus zur Kundenzielgruppe, einem entsprechenden Netzwerk und auch den Rat von erfahrenen Maklern oder Beratern wird es doppelt schwer erfolgreich zu starten. Entwickeln Sie ein Konzept, was Sie von Maklern in Ihrer Region unterscheidet.

Befassen Sie sich rechtzeitig mit der unternehmerischen Seite des Maklerseins. Dazu gehören auch steuerliche und rechtliche Fragen.

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Der Beitrag wurde im Versicherungsbote Fachmagazin 01/2019 veröffentlicht. Das Heft kann kostenfrei hier bestellt werden.

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