Kündigungswelle: Doch Verbraucherschützer wollen weiter klagen
Was aber bewirkt nun der Urteilsspruch des Bundesgerichtshofs? Mirko Wenig befürchtete bereits in einem Kommentar beim Versicherungsboten einen „Bärendienst“ für Banken und Sparkassen, da nun eine Kündigung von Vorsorgeverträgen schon nach relativ kurzer Vertragslaufzeit möglich wäre. Wenn selbst in der Lebensversicherung eine deutlich längere Vertragslaufzeit von 35 Jahren vermutet, aber für Vorsorgeverträge eine Kündigung schon nach 15 Jahren möglich wird, erschüttert dies das Vertrauen möglicher Kunden in die private Altersvorsorge.
- Nach BGH-Urteil: Sparkasse Nürnberg kündigt 21.000 Sparverträge
- Kündigungswelle: Doch Verbraucherschützer wollen weiter klagen
Die Befürchtung negativer Konsequenzen durch das Urteil erhält nun zusätzliche Nahrung. Denn nicht nur legitimierte das Urteil des Bundesgerichtshofs bisherige Kündigungen, die sich auf die Klausel beriefen. Es weist zugleich einen bequemen Weg aus den Verträgen, da sich von nun ab Sparkassen im Sinne des Urteils auf die AGBs berufen können.
Anzeige
Nach der ersten Kündigungswelle ist nun also eine wahre Kündigungsflut zu befürchten: Die Gelegenheit zu Kündigungen könnte zukünftig auch von jenen Instituten genutzt werden, die zuvor noch eine massenhafte Kündigung alter Verträge scheuten, da die Rechtslage nicht eindeutig war. Dieser Verdacht wird durch eine aktuelle Meldung des Handelsblatts bestärkt: 21.000 Sparverträge wurden nun einzig durch die Sparkasse Nürnberg gekündigt, per Ende September.
Die Sprecherin der Sparkasse beruft sich bei diesem Vorgehen explizit auf das Urteil des Bundesgerichtshofs. Dass weitere Sparkassen dem Beispiel der Sparkasse Nürnberg folgen, scheint nur noch eine Frage der Zeit.
Und doch gilt: Verbraucherschützer geben nicht auf
Stehen demnach, rechtlich gesehen, Kunden der „Prämiensparverträge“ auf verlorenem Posten? Zumindest aus Sicht der Verbraucherschützer gilt dies noch nicht oder zumindest noch nicht für jeden Fall, wie test.de auf seiner Webseite informiert. Denn zum einen hätte der Bundesgerichtshof für den Einzelfall entschieden – ist ein Fall aber anders gelagert, sind Widersprüche und Klagen dennoch erfolgsversprechend. Das trifft besonders dann zu, wenn eine konkrete Laufzeit durch die Verträge vereinbart ist. Müssen sich Sparkassen doch trotz des BGH-Urteils noch immer an vertraglich vereinbarte Laufzeiten halten.
Doch damit nicht genug. Hat doch die Verbraucherzentrale Sachsen zudem eine Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Leipzig eingereicht; Betroffene könnten sich ohne Prozesskostenrisiko dieser Klage anschließen. Denn die Verbraucherzentrale hat den Verdacht, dass Zinserhöhungen und -senkungen nicht in angemessener Weise an Kunden der Prämiensparverträge weitergegeben wurden. Nähere Informationen zu der Klage liefert ebenfalls die Webseite von test.de.
Anzeige
Ob der Verdacht zutrifft, soll nun vor Gericht geklärt werden. Es steht viel auf dem Spiel. Denn laut Berechnungen der Verbraucherzentrale Sachsen könnten Betroffene auf durchschnittlich 3.400 Euro Zinsnachzahlung hoffen, falls die Verbraucherschützer im Prozess gegen die Sparkasse siegen.
- Nach BGH-Urteil: Sparkasse Nürnberg kündigt 21.000 Sparverträge
- Kündigungswelle: Doch Verbraucherschützer wollen weiter klagen