Lebensversicherung: Verbraucherzentrale Hamburg kritisiert hohe Kosten von Sofortrenten
Sind die Abschluss- und Vertriebskosten bei Sofortrenten zu hoch? Das zumindest moniert die Verbraucherzentrale Hamburg. „Versicherungsunternehmen kassieren bei Sofortrenten ab“, ist ein Artikel auf der Webseite der Verbraucherzentrale überschrieben, der tatsächlich eine hohe Spannbreite der Kosten zeigt. Nun fordern die Hansestädter den Gesetzgeber zum Handeln auf.
- Lebensversicherung: Verbraucherzentrale Hamburg kritisiert hohe Kosten von Sofortrenten
- Gesetzgeber zum Handeln aufgefordert
Das Prinzip der Sofortrenten ist verlockend: Man zahlt einen Einmalbeitrag ein und erhält dann eine lebenslange Leibrente. Und tatsächlich ist die Nachfrage groß, Sofortrenten machen mittlerweile einen Großteil des Lebensversicherungs-Geschäfts aus. 30 Prozent aller Bruttobeiträge erzielten die Versicherer 2018 nicht gegen laufenden Beitrag, sondern gegen Einmalbeitrag. Tendenz: steigend.
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Doch diese Sofortrenten lassen sich die Versicherer gut bezahlen, so zumindest kritisiert aktuell die Verbraucherzentrale Hamburg: mutmaßlich zu gut. Die Hansestädter haben sich stichprobenartig angeschaut, wie hoch die Abschluss- und Vertriebskosten bei diesen Verträgen ausfallen. Demnach verlangen die Versicherer bis zu sechs Prozent des Verrentungsbeitrags. Das betreffe auch Sparer, die das Kapital eines mit Riester geförderten Bank- oder Fondssparplans nach der Ansparphase verrenten lassen wollen, berichtet die Verbraucherzentrale auf ihrer Webseite.
Hohe Spannbreite an Kosten
Tatsächlich zeigt die Stichprobe eine hohe Spannbreite an Kosten. Fünf Tarife haben die Hamburger untersucht und dafür folgende Eckdaten angenommen: Eine 65jährige Frau möchte 50.000 Euro verrenten lassen. Die Rente soll teildynamisch sein. Stark vereinfacht: Entwickeln sich die erwirtschafteten Überschüsse des Versicherers positiv, sind höhere Renten möglich. Einen Versicherten- oder Hinterbliebenenschutz hat die Frau nicht abgeschlossen.
Sehr genau nennt die Verbraucherzentrale nun die entstehenden Kosten der Verträge. Das Ergebnis der untersuchten Versicherer im Überblick:
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- HDI Lebensversicherung AG: 3.022,61 Euro (2.998,61 Euro Abschluss- und Vertriebskosten + 24 Euro Verwaltungskosten zu Vertragsbeginn)
- Alte Leipziger Lebensversicherung: 2.766,98 Euro (1.999,26 Euro Abschluss- und Vertriebskosten + 767,72 Euro Verwaltungskosten zu Vertragsbeginn)
- Württembergische Lebensversicherung AG: 2.399,87 Euro (1.999,89 Euro Abschluss- und Vertriebskosten + 399,98 Euro Verwaltungskosten zu Vertragsbeginn)
- Lebensversicherung von 1871 a. G. (LV 1871): 2.250 Euro (1.250 Euro Abschluss- und Vertriebskosten + 1.000,00 Euro Verwaltungskosten zu Vertragsbeginn)
- Allianz Lebensversicherungs-AG: 1.999,98 Euro (1.999,98 Euro Abschluss- und Vertriebskosten zu Vertragsbeginn)
Die reinen Abschluss- und Vertriebskosten liegen bei der Stichprobe zwischen 2,5 Prozent bei der LV1871 und sechs Prozent bei der HDI, so hat die Verbraucherzentrale errechnet. Rechne man zusätzlich die einmaligen Verwaltungskosten zu Vertragsbeginn hinzu, ergebe sich eine Kostenbelastung von annähernd vier Prozent bei der Allianz Leben bis rund sechs Prozent beim Anbieter HDI Leben. Hierbei gelte es zu bedenken, dass bei jedem Anbieter pro Jahr weitere Verwaltungskosten anfallen, berichten die Hansestädter.
Gesetzgeber zum Handeln aufgefordert
Anlass für die Stichprobe sei die Klage einer Verbraucherin gewesen, so berichtet die Verbraucherzentrale Hamburg. Sie habe beim Beratungsgespräch über die hohen Abschluss- und Vertriebskosten ihrer Sofortrente geklagt: Fünf Prozent habe ihr die Provinzial berechnet. Zu viel aus Sicht der Verbraucherorganisation.
„Verbraucher mit einer Sofortrente werden gegenüber denjenigen mit einer klassischen Lebens- oder Rentenversicherung spürbar benachteiligt“, kritisiert Kerstin-Becker-Eiselen von der Verbraucherzentrale Hamburg. Sie gibt zu bedenken: Für die Vermittlung von Lebensversicherungen und Ansparrenten dürften Versicherer bei Vertragsbeginn nur noch Abschluss-und Vertriebskosten in Höhe von 2,5 Prozent der Beitragssumme berechnen – verteilt auf die ersten fünf Jahre. Grundlage hierfür ist Paragraph 4 der Deckungsrückstellungsverordnung (DeckRV). Die Verbraucherzentrale fordert den Gesetzgeber auf, die Kosten bei Sofortrenten ebenfalls zu deckeln.
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"Gesamtkosten bei laufenden Renten höher"
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) will die Kritik exorbitant hoher Kosten nicht auf sich sitzen lassen. "Ein isolierter Vergleich der Abschlusskosten zwischen Sofortrenten gegen Einmalbeitrag und aufgeschobenen Renten gegen laufenden Beitrag hinkt“, sagt ein Sprecher gegenüber „Versicherungswirtschaft Heute“.
Er erklärt zu den Tarifen gegen Einmalbeitrag: „Die Verwaltungskosten sind in der Rentenzahlungsphase mit durchschnittlich weniger als zwei Prozent der ausgezahlten Rentenleistung sehr niedrig. Bei der Betrachtung der Gesamtkostenbelastung liegen Sofortrenten eher niedriger als vergleichbare Anlageprodukte sowie aufgeschobene Rentenversicherungen“.
Selbst bei fünf Prozent Abschlusskosten vom Einmalbeitrag sowie zwei Prozent laufenden Kosten je Jahresrente würde durch die einkalkulierten Kosten nur eine Renditeminderung von 0,65 Prozent entstehen, rechnet der GDV vor. Das sei weniger als bei einem typischen Rentenfonds.
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Ähnlich argumentierten die beteiligten Versicherer gegenüber VW Heute. Die Allianz rechnet vor, dass bei der hier eingerechneten PrivatSofortRente über 50.000 Euro und einer angenommenen Laufzeit von 20 Jahren nur eine jährliche Gesamtkostenquote von 0,59 Prozent entstehe - vorausgesetzt, man rechnet die aktuelle durchschnittliche Wertentwicklung der Überschüsse von 3,3 Prozent ein, was im Niedrigzins aber keine Selbstverständlichkeit ist. Die Alte Leipziger betonte zudem, dass sie ihre Sofortrente auch als Nettotarif anbiete: mit einmaligen Kosten in Höhe von 268 Euro.
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