Der Versicherer Allianz hat einen jahrelangen Rechtsstreit gegen die Verbraucherzentrale Hamburg (VZ) nun endgültig für sich entscheiden können. Demnach darf der Versicherer weiterhin mit Formulierungen auf seiner Webseite werben, die die Verbraucherschützer als irreführend gebrandmarkt hatten. Dies berichtet am Freitag das Onlineportal boerse-online.de. Beide Seiten hätten bestätigt, dass der Streit beigelegt sei.

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“IndexSelect“ — Was heißt hier Indexbeteiligung?

Konkret hatten die Hansestädter gegen die Allianz geklagt, weil sie die Onlinewerbung des Versicherers für das Vorsorgekonzept „IndexSelect“ für „irreführend und unlauter“ hielt. Bereits das Oberlandesgericht München hatte im April zugunsten der Allianz entschieden und das Urteil der Vorinstanz gekippt (29 U 1435/18). Eine Revision hatten die Richter nicht zugelassen — aber die Verbraucherschützer hätten eine Nichtzulassungsbeschwerde einreichen können, um das Urteil doch noch anzufechten (der Versicherungsbote berichtete).

“Index Select“ ist eine 2007 eingeführte indexgebundene Rentenversicherung, die zu einer neuen Generation von Vorsorgekonzepten zählt. Statt einem Garantiezins wird dem Versicherungsnehmer nur der Erhalt der eingezahlten Beiträge versprochen. Zugleich aber könne der Sparer bzw. die Sparerin von den guten Renditechancen an der Börse partizipieren, so die Botschaft des Versicherers.

So wirbt die Allianz auf ihrer Webseite, die „Beteiligung an der Wertentwicklung des Eurostoxx 50 bietet hervorragende Chancen für die Vorsorge“. Besagter Aktienindex versammelt die 50 größten börsennotierten Unternehmen aus dem Euroraum, darunter auch deutsche Giganten wie Siemens, Bayer - oder eben die Allianz.

Die Sache mit dem Cap…und den Überschüssen

Die Verbraucherzentrale hatte argumentiert, die Allianz nutze das gute Ansehen von Indexfonds, ohne dass die Rentenversicherung tatsächlich die Vorteile einer direkten Beteiligung biete. Zum einen werden nur die erwirtschafteten Überschüsse der Fondspolice in den Eurostoxx 50 investiert, ein Großteil der Beiträge folglich nicht. Zum anderen funktioniert auch das auf höchst komplexe Weise:

Ein sogenannter Cap, der vom Versicherer mittels komplizierter Berechnungen monatlich neu ermittelt wird, begrenzt nämlich die Renditechancen stark. Liegt die Wertentwicklung des Eurostoxx 50 in einem Monat über dem Cap, werden die Gewinne gedeckelt. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Frühjahr 2017 lag dieser Wert bei 3,3 Prozent. Die Allianz wertet den Cap als Preis dafür, dass der Kunde auch an Verlusten des Eurostoxx nicht beteiligt werde: Performt der Index schlecht und landet im Minus, bleibt das angesparte Guthaben dennoch erhalten (der Versicherungsbote berichtete).

Man muss jedoch der Allianz zugute halten, dass sie den Cap sehr wohl auf ihrer Webseite erwähnt. Positive monatliche Wertentwicklungen des Eurostoxx werden „nach oben durch eine monatliche Renditeobergrenze begrenzt, die jährlich neu ermittelt wird und sich Cap nennt“, heißt es auf allianz.de. Es gibt sogar Beispielrechnungen, die mit einem angenommenen Deckel bei 4,1 Prozent Rendite allerdings recht optimistisch ausfallen. Für Laien ist tatsächlich schwer nachvollziehbar, wie sich die Indexbeteiligung errechnet.

Informationen "verständlich und umfassend"

Trotz der angesprochenen Kritikpunkte: Das Oberlandesgericht München bestätigte die Auffassung der Allianz, wonach die Informationen auf der hauseigenen Webseite verständlich und umfassend seien. Die Werbung sei weder irreführend noch würden relevante Informationen vorenthalten. Und dabei wird es bleiben, denn für ein weiteres gerichtliches Vorgehen sieht die Verbraucherzentrale keine Aussichten auf Erfolg. „Wir haben nach reichlicher Überlegung die Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde verworfen“, sagte nun Kerstin Becker-Eiselen, VZ-Abteilungsleiterin Geldanlage, gegenüber boerse-online.de.

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Irritierend ist vor diesem Hintergrund der Online-Auftritt der Verbraucherzentrale Hamburg. Auf ihrer Webseite warnen die Verbraucherschützer noch immer vor der Allianz-Police (Stand: 19.08.). Dort wird Becker-Eiselen mit anderen Worten zitiert: „Das vermeintliche Wunderprodukt IndexSelect ist reine Augenwischerei, denn in welcher Höhe und in welcher Form Anleger tatsächlich am Index partizipieren, darüber lässt die Allianz ihre Kunden nach unserer Ansicht im Unklaren. “ Ein Hinweis auf die juristische Niederlage findet sich dort nicht.