BVK und Vertretervereinigungen fordern "Ende der Regulierungswellen"
Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) hat sich mit einer Bonner Erklärung an Politik und Versicherer gewendet. Darin erhebt der Lobbyverband konkrete Forderungen: ein Ende regulatorischer Eingriffe, das Aus für den Provisionsdeckel sowie gleiche Wettbewerbsbedingungen mit dem Onlinevertrieb. Auch gegen den Nachwuchsmangel soll mehr unternommen werden.
- BVK und Vertretervereinigungen fordern "Ende der Regulierungswellen"
- mehr Engagement für den Nachwuchs gefordert
Zum 15. Mal traf sich der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) mit anderen Vertreterverbänden am 10. September in Bonn. Am Ende stand eine neue Bonner Erklärung, mit der sich die Verbände an die Politik wendeten, um das zu fordern, was den Vertretern aktuell am meisten unter den Nägeln brennt.
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Die Positionen sind wenig überraschend, wurden sie doch schon an anderer Stelle ähnlich formuliert: der Vertrieb soll weniger streng reguliert werden, ein Provisionsdeckel verhindert und darauf geachtet werden, dass zwischen Agentur- und Onlinevertrieb keine Unwuchten entstehen. Neben dem BVK waren auch die Vorstände der Vertretervereinigungen der Deutschen Assekuranz (AVV) am Papier beteiligt. Die Bonner Erklärung 2019 kann auf der Webseite des BVK gelesen werden.
“Regulierungswellen überrollen den Vertrieb“
“Die Anforderungen an Versicherungsvermittler sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht worden. Die Regulierungswellen überrollen den Versicherungsvertrieb inzwischen in immer kürzeren Intervallen“, schreibt der Verband. Als Beispiele hierfür werden die Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) und dem Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) genannt.
Der geplante Provisionsdeckel sei nun ein weiterer gravierender Eingriff, der „weder geeignet, angemessen noch erforderlich ist“, heißt es im Text der Bonner Erklärung. Und weiter: „Die deutschen Vermittler erfüllen trotz deutlich rückläufiger Einnahmen nach wie vor ihren sozialpolitischen Auftrag. Die historisch niedrigen Beschwerdezahlen über Vermittler beim Versicherungsombudsmann belegen, dass es keine Interessenkonflikte zwischen qualifizierter Beratung und der Vergütung gibt.“
Der bürokratische Aufwand sei in den letzten Jahren "durch die Regulierung von Jahr zu Jahr stetig gewachsen", heißt es weiter unter dem Stichpunkt "Vergütung". Gleichzeitig seien die Abschlussprovisionssätze für Vermittler bei Lebensversicherungen je nach Vertriebsweg durch das LVRG signifikant gesenkt worden: aus Sicht der Verbände ein Irrweg.
"Provisionen nahe an der Zielmarke"
"Die durchschnittlichen Provisionen beim Neuvertrieb von Lebensversicherungen lagen zuletzt ziemlich nah an der Zielmarke von 2,5 Prozent, die im Rahmen des Provisionsdeckels im Raum stehen", versuchen die Verbände zu begründen, warum es eines solchen Deckels ohnehin nicht bedarf. Von den "unausgereiften Plänen" zur Deckelung von Abschlussprovisionen solle der Gesetzgeber Abstand nehmen, fordert die Bonner Erklärung folglich: auch, weil eine Beratungslücke in der Altersvorsorge drohe, wenn die Vermittler nicht mehr kostendeckend beraten können und auf andere Sparten und Produkte ausweichen.
Hier sei zumindest zur Diskussion gestellt, dass Vermittler auch von regulatorischen Eingriffen profitiert haben: Der Beruf wandelte sich in den letzten Jahren zunehmend zu einem, der Mindest-Standards und Qualifikationen erfordert sowie mit dem IDD-Umsetzungsgesetz neue Leitlinien für Compliance erhielt. Das half, die Zahl der schwarzen Schafe und schlechten Berater zu minimieren: wichtig, um dem Beruf des Versicherungsvermittlers mehr Ansehen zu verschaffen.
“Stationärer Vertrieb wichtigster Vertriebskanal“
Ein weiteres Augenmerk gilt den Verbänden der Digitalisierung. Stark vereinfacht plagen die Unterzeichner der Erklärung zwei Sorgen: Dass dank Gesetzeslücken und schierer Größe der Online-Vertrieb gegenüber dem stationären Vertrieb bevorteilt werden könnte. Und, dass Versicherer ihre Vertreter hinwegdigitalisieren bzw. rationalisieren könnten, um Kosten einzusparen.
“Die Versicherer sollten fair mit den stationären Vermittlern umgehen und sich bewusst darüber sein, dass der stationäre Vertrieb nach wie vor der mit Abstand wichtigste Vertriebskanal ist“, heißt es in der Bonner Erklärung. Nicht von ungefähr, denn Online-Abschlüsse bleiben eine Nische:
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Laut Vertriebswegestatistik des Branchenverbandes GDV konnte 2018 der Direktvertrieb, zu dem auch Vergleichsportale zählen, mit 15 Prozent allein im Schaden- Unfallsegment einen nennenswerten Marktanteil erreichen. Bei Lebens- und Krankenversicherungen ist der Direktvertrieb aber mit Abstand schwächster Vertriebsweg: lediglich 3,5 Prozent aller Neuabschlüsse in Leben entfallen auch Check24, Verivox und Co, bei Kranken-Policen sind es sogar nur 1,4 Prozent.
mehr Engagement für den Nachwuchs gefordert
Mit Blick auf gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen Onlinevertrieb und stationärem Vertrieb sei an mehrere Rechtsstreite erinnert, die der BVK gegen das Portal Check24 führte und noch immer führt. Mit Blick auf das Thema Beratungspflichten und Erstinformation konnte der Vermittlerverband dabei zumindest einen Teilerfolg erzielen:
Seit einem Urteil des OLG München (29 U 3139/16) muss Check24 per Erstinformation transparenter darüber informieren, dass man als Versicherungsmakler agiert und folglich kein „neutrales“ Vergleichsportal ist (der Versicherungsbote berichtete). Aktuell streitet der BVK weiter mit dem Onlineanbieter vor Gericht — eine Rabattaktion wird als Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot gewertet. Ein Urteil wird am 25. Oktober erwartet.
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Unternehmertum stärken, Nachwuchs fördern
Ein besonderes Augenmerk richtet die Bonner Erklärung darauf, den Status der Vermittler als Selbstständige hervorzuheben. Das Thema Unternehmertum sei im Wettbewerb "inzwischen von zentraler Bedeutung geworden", argumentieren die Verbände. "Es reicht nicht mehr aus, nur noch ein guter Kundenberater zu sein. Mit dem Selbstverständnis des selbständigen Unternehmers müssen Vermittler ihre Zahlen und ihre Betriebe stets hinterfragen und unter Umständen neu ausrichten und unternehmerische Chancen ergreifen".
Das Selbstverständnis als Unternehmer erfordere auch, sich nach externen Dienstleistern und Partnern umzuschauen - etwa für IT und digitale Dienste. Ein Appell, der deutlich auch in Richtung der Vermittler geht: Sie sollen Veränderungen aktiv anstoßen. Aber auch ein Appell an die Versicherer. "Die Vermittler fordern von den Vertragspartnern, das freie Unternehmertum der Vermittler noch stärker zu respektieren und zu fördern", heißt es im Text.
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Darüber hinaus sollen die Versicherer mit dem BVK eine Kampagne starten, um Nachwuchskräfte für den Vertrieb anzuwerben. "Die sich stark wandelnden Bedürfnisse und das Verhalten der Generationen Y und Z eröffnen gerade jungen Vermittlern hervorragende Berufsperspektiven. Denn das Potenzial neuer Absatzwege, zum Beispiel über soziale Netzwerke, wird noch unterdurchschnittlich ausgeschöpft", heißt es im Text der Erklärung. Dies müsse aber besser kommuniziert und beworben werden: Das Durchschnittalter der Vermittler nähert sich den 50 Jahren an.
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