Pflegestufen und Pflegegrade: Das zweite Pflegestärkungsgesetz in Zahlen
Das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSGII) machte es möglich: Seit dem 01. Januar 2017 gibt es Pflegegrade statt Pflegestufen. Wie veränderte diese große Pflegereform der Bundesregierung aber die Praxis? Wie verteilten sich demnach die Leistungsempfänger der gesetzlichen Pflegeversicherung vor 2017 nach Pflegestufen und wie verteilen sich sich nun auf die neu geschaffenen Pflegegrade? Auskunft über diese Frage geben Statistiken des GKV-Spitzenverbandes, die im Folgenden vorgestellt werden sollen.
- Pflegestufen und Pflegegrade: Das zweite Pflegestärkungsgesetz in Zahlen
- Umwandlung Pflegestufen in Pflegegrade: Der Vergleich
Jedoch muss bei Interpretation der Zahlen beachtet werden: Der aktuelle Stand sagt mehr über die Übergangs-Regelungen aus als darüber, wie sich in Zukunft die Einstufung nach Pflegegraden entwickeln wird. Denn die Regelungen sollten garantieren, dass niemand, der bereits eine Pflegestufe besaß, durch das neue Gesetz schlechter gestellt wird. Wer Pflegestufe 1 hatte, rutsche automatisch in Pflegegrad 2. Hatte ein Patient Pflegestufe 1 und Demenz, rutschte er sogar zwei Grade höher in Pflegestufe drei. Diese sogenannten Überleitungsfälle machen mit Stand vom 31.12.2018 laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) noch 43,3 Prozent aller ambulant betreuten Leistungsbezieher in der sozialen Pflegeversicherung sowie sogar 63,0 Prozent aller stationär betreuten Leistungsbezieher aus.
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Leistungsempfänger nach Pflegegraden: Die aktuellen Zahlen
Für den 31.12.2018 ergeben sich folgende Zahlen (betrachtet wird nur die soziale, nicht jedoch die private Pflegeversicherung):
Für die ambulante und teilstationäre Pflege gab es 2.905.325 Leistungsbezieher. 11,8 Prozent der Pflegebedürftigen waren in Pflegegrad 1 eingeteilt. Der größte Teil, nämlich 47,6 Prozent, war eingeteilt in Pflegegrad 2. In Pflegegrad 3 waren 26,6 Prozent eingeteilt. 10,1 Prozent bezogen Leistungen nach Pflegegrad 4. Hingegen wiesen nur 3,8 Prozent der stationär betreuten Menschen Pflegegrad 5 auf und litten an schwersten Beeinträchtigungen mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.
Für die vollstationäre Pflege hingegen ändert sich die Verteilung, denn hier dominiert Pflegegrad 3 (und dominieren damit schwere Beeinträchtigungen) gegenüber den anderen Pflegegraden. 780.064 Pflegebedürftige bezogen zu Ende 2018 Leistungen für stationäre Pflege. In Pflegegrad 1 waren 0,6 Prozent eingeteilt – ein prozentual größerer Teil der Menschen in diesem Pflegegrad bezieht folglich Leistungen für ambulante statt stationäre Pflege.
22,8 Prozent Leistungsbezieher stationärer Pflege hingegen waren in Pflegegrad 2 und 32,8 Prozent in Pflegegrad 3 eingeteilt. Die meisten Pflegebedürftigen in stationärer Pflege leiden demnach unter schweren Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten. Aber auch für hohe Pflegegrade und damit schwerste Beeinträchtigungen liegen die Prozentzahlen bei der stationäre Pflege höher: 28,07 Prozent befinden sich in Pflegegrad 4 und 15,1 Prozent in Pflegegrad 5.
Umwandlung Pflegestufen in Pflegegrade: Der Vergleich
Ein Vergleich zu 2016 (und damit zu den Pflegestufen) zeigt: für ambulante und teilstationäre Pflege bedeuten nun Pflegegrad 2 und 3, was zuvor Pflegestufe 1 und 2 waren. Das könnte darauf hindeuten, dass Zahlen noch stark von der Besserstellung der Übergangsregeln beeinflusst sind. Denn 58,8 Prozent der Pflegebedürftigen, die Leistungen für ambulante und teilstationäre Pflege bezogen, befanden sich in 2016 in Pflegestufe 1. Zudem befanden sich 25,2 Prozent in Pflegestufe 2. Pflegestufe 0 hatte mit 8,9 Prozent und Pflegestufe 3 hatte mit 7,1 Prozent einen geringeren Anteil.
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Ist ein solcher Befund noch zu erwarten, erstaunt der Vergleich von Pflegegraden und Pflegestufen für den vollstationären Bereich. Denn in 2016 dominierte auch für den vollstationären Bereich die Pflegestufe 1 – 42,9 Prozent der vollstationär Gepflegten waren damals in dieser Pflegestufe eingeteilt. 36,8 Prozent der vollstationären Leistungsempfänger hingegen befanden sich in Pflegestufe 2 und 18,5 Prozent in Pflegestufe 3. Am wenigsten Bedeutung für den vollstationären Bereich hatte Pflegestufe 0 – nur 1,8 Prozent aller Leistungsbezieher befanden sich hier.
Leistungsbezieher: Es werden immer mehr
Grundsätzlich zeigt sich auch an den Statistiken der Pflegeversicherung, dass die Gesamtzahl der Leistungsbezieher stetig zunimmt. Denn bezogen in 2014 noch 2,71 Millionen Menschen Leistungen aus der Pflegeversicherung und in 2016 insgesamt 2,96 Millionen Menschen, ist diese Zahl in 2018 auf 3,69 Millionen Menschen angewachsen.
Demnach drohen durch zunehmende Lücken auch immer höhere Beträge, die als Eigenanteil für die Pflegeversicherung (als so genannte "Teilkasko-Versicherung") zu zahlen sind. Schon in 2018 zum Beispiel kletterte der durchschnittliche Eigenanteil für die Unterbringung im Pflegeheim um knapp 92 Euro auf 1.843,11 Euro im Monat (der Versicherungsbote berichtete): Pflegekosten, die von vielen Deutschen unterschätzt werden (der Versicherungsbote berichtete).
Auch sagte eine Studie des Instituts privater Krankenversicherer stark steigende Beiträge für die Pflegeversicherung voraus (der Versicherungsbote berichtete).
Pflegereformen: Regelt Geld alles?
Das Problem einer alternden Gesellschaft wird sich demnach durch die Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffs und die Einführung neuer Pflegegrade allein kaum auffangen lassen. Aber regelt die Zuteilung einer höheren Summe von Geldern wirklich alles? Auf einen oft übersehenen Kontext weist der Gerontologe Thomas Klie in seinem Buch über die "sorgende Gesellschaft" hin.
Denn Studien zeigen laut Klie, dass die Lebensqualität Pflegebedürftiger wesentlich mehr von der Existenz und Qualität sozialer Netzwerke und dem Lebensumfeld statt von Pflegegrad und Pflegestufe abhängt. Auch sei die Einweisung in Altenheime häufig sozial statt medizinisch bedingt.
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Werden Reformen mit Blick auf solche Erkenntnisse vorgenommen (zum Beispiel durch neue Formen des „sorgenden“ Zusammenlebens und die Schaffung einer neuen Pflege-Infrastruktur), bräuchte auch eine wachsende Zahl Pflegebedürftiger kein Grund zur Zukunfts-Sorge zu sein.
- Pflegestufen und Pflegegrade: Das zweite Pflegestärkungsgesetz in Zahlen
- Umwandlung Pflegestufen in Pflegegrade: Der Vergleich