Der Reiseveranstalter Thomas Cook ist pleite und musste Insolvenz anmelden. Eine bittere Erfahrung ist das vor allem für jene, die ihre Reise bereits vorab gebucht haben. Statt mit dem Flieger in den wohlverdienten Urlaub zu starten, wurden sämtliche Flüge gestrichen — und werden sehr wahrscheinlich zum Teil auf ihren Kosten sitzen bleiben.

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Das betrifft vor allem jene Kunden, die bei den Deutschland-Töchtern des britischen Reiseveranstalters bereits eine Reise bezahlt haben und in Vorleistung gingen. Sie werden nur einen Teil der gebuchten Reise erstattet bekommen. Das bestätigte am Dienstag Bernd Engelien, Sprecher der Zurich, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Der Versicherer hält die Reiseversicherungsscheine der deutschen Cook-Töchter: Sie berechtigen dazu, bei Insolvenz eines Touristik-Veranstalters entschädigt zu werden (der Versicherungsbote berichtete).

Nur ein Teil der Schadenskosten ist versichert

Laut Engelien ist die versicherte Summe viel zu niedrig, um alle betroffenen Kundinnen und Kunden tatsächlich auszuzahlen. Ganz 110 Millionen Euro habe die deutsche Thomas Cook und ihre Töchter für den Fall einer Pleite abgesichert, berichtet er laut dpa. ,„Sie können davon ausgehen, dass dies bei Weitem nicht reicht“, wird der Zurich-Sprecher zitiert.

Zwar sei aktuell nicht klar, wie hoch die Gesamt-Schadenssumme tatsächlich ausfalle, sagte demnach Engelin. Abhängig von dieser Summe werde eine Erstattungsquote berechnet, nach der die Betroffenen ihre Ausgaben ersetzt bekommen. Aber schon die große Zahl der Anspruchsberechtigten deute darauf hin, dass viele Kunden einen Teil des Geldes nicht wiedersehen werden.

So müsste der Versicherer zunächst die Hotelrechnungen und Rückflüge jener Urlauber teilweise zahlen, die beim Insolvenzantrag bereits unterwegs gewesen seien: für erbrachte Leistungen folglich. Allein hiervon seien circa 140.000 Touristen betroffen gewesen. Bis auf 17.000 Urlauber hätten alle nach Deutschland zurückgebracht werden können. Bis Anfang kommender Woche soll die Rückholaktion dann abgeschlossen sein — im Ausland verweilen dann nur noch rund 3.000 Langzeit-Reisende des Anbieters.

Viele Touristen zahlten bereits im Voraus

Darüber hinaus melden laut dpa aber weitere 660.000 deutsche Kundinnen und Kunden Ansprüche an, die noch gar nicht auf ihren Trip gestartet sind, aber bis September 2020 eine Reise planten. Thomas Cook hatte alle Reisen bis 31. Oktober abgesagt, auch wenn sie schon angezahlt oder voll bezahlt waren. Die große Zahl der Betroffenen erklärt sich auch aus den prominenten Firmentöchtern des Touristikveranstalters:

In Deutschland mussten unter anderem Neckermann Reisen, Öger Tours und Bucher Reisen Insolvenz beantragen. Auch der Ferienflieger Condor gehört zu Thomas Cook und ist von der Pleite bedroht. Dank eines 380-Millionen-Staatskredits kann Condor aber auf ein Überleben hoffen. Die EU muss die Bürgschaften des Bundes und des Bundeslandes Hessen allerdings noch genehmigen.

Wer selbst von der Pleite betroffen ist und auf Schadensersatz durch die Zurich hofft, muss sich an den Dienstleister Kaera AG wenden. Das Unternehmen hat eine Webseite "Information zum Insolvenzantrag von Thomas Cook GmbH" freigeschaltet. Der entsprechende Antrag kann wiederum auf der Webseite der Zurich heruntergeladen werden. Darüber hinaus gibt es noch die Hoffnung, dass vakante Reisen, die noch nicht angetreten wurden, von einem anderen Veranstalter durchgeführt werden.

Forderung nach höheren Versicherungssummen

In der Schusslinie ist infolge der Pleite auch der Gesetzgeber geraten. So kritisiert Klaus Müller, Vorstand des verbrauchernahen Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), dass die gesetzlich vorgeschriebene Absicherung hierzulande auf einen sehr niedrigen Betrag gedeckelt ist:

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Paragraph 651r des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sieht vor, dass die Reiseveranstalter aktuell nur 110 Millionen Euro pro Anbieter und Jahr versichern müssen: einschließlich aller Tochtergesellschaften. Die Bundesregierung wollte schon vor drei Jahren ein Gutachten vorlegen, ob die Summe überhaupt angemessen ist - passiert ist bisher nichts.